Leichtathletik: Der sechste Streich des Werner Späth

Quelle: SZ-BZ Online
Er ist ohne Frage der erfolgreichste Trainer des VfL Sindelfingen: Werner Späth ist seit 1970 durchgehend als ehrenamtlicher Trainer für die Leichtathleten tätig. Seine Sportler gewannen 30 Einzeltitel bei deutschen Meisterschaften und einige internationale Podestplatzierungen. In den letzten Jahren hat er wieder ein Meisterstück vollbracht: Seine sechste Athletin reist zu den Olympischen Spielen – die Hürdensprinterin Nadine Hildebrand.
1972 gelang Werner Späth das Kunststück zum ersten Mal. Als junger Trainer mit gerade einmal 28 Jahren führte er Elfgart Schittenhelm erst zur deutschen Meisterschaft, dann zu den Spielen in München. Im Vorlauf der 4×100-Meter-Staffel war sie im Einsatz und führt das deutsche Quartett ins Finale. Allerdings verletzte sich Schittenhelm und musste sich verletzt die Goldmedaille der Olympiastaffel entgehen lassen.
Mitgereist war selbstverständlich Werner Späth, der auch ohne Akkreditierung versuchte, seine Athletin zu unterstützen. „Das erste Mal war Glücksache. Mit meinem bisschen Trainerwissen hat es mit Elfgart geklappt. Und wenn einmal eine Athletin unter einem Trainer gut geworden ist, ist es deutlich einfacher, dass andere gute Athletinnen kommen“, sagt Werner Späth heute.
Als Jugendliche wechselte Heidi Gaugel zum VfL Sindelfingen und es begann die nächste Erfolgsgeschichte. „Eigentlich wäre sie schon 1980 bei den Spielen in Moskau dabei gewesen, aber die wurden ja vom Westen boykottiert“, sagt Späth. Vier Jahre später klappte es dann. Bei den Olympischen Spielen in Los Angeles gewann Gaugel die Bronzemedaille mit der 4×400-Meter-Staffel. „Heute ärgere ich mich, dass ich damals nicht mit nach Kalifornien geflogen bin.“
Nach seinen großen Erfolgen in Sindelfingen wurde Späth im Jahr 1987 zum Sprinttrainer des weiblichen deutschen Olympiakaders benannt. 1988 reiste der nächste Späth-Schützling in die südkoreanische Hauptstadt Seoul: Ulrike Sárvári. Diesmal war Werner Späth mit von der Partie und betreute die Sprintstaffel.
Acht Jahre später hatte Birgit Hamann, damals unter dem Namen Wolf ihren großen Moment über die 100 Meter Hürden bei den Spielen in Atlanta.
Im Jahr 2004 machte sich Werner Späth dann auf den Weg nach Athen. Stephanie Kampf war für die 400-Meter-Hürdenstrecke qualifiziert. „Ich bin hingereist und war fast da, als sie mich angerufen hat. Sie hatte sich auf dem Einlaufplatz verletzt“, erzählt Späth.
Nun also wieder Olympia, wieder eine Athletin aus Sindelfingen und wieder wird der inzwischen 72-jährige Späth vor Ort sein. Sein Flugticket hat er schon im Winter gebucht, da hatte Nadine Hildebrand noch keinen Lauf über die 100-Meter-Hürdenstrecke nach ihrer Knieoperation absolviert. Doch Trainer Späth war sich sicher: „Nach der Hallensaison war mir klar, dass sie es packt und meine Frau Rose wollte schon immer Mal in der Ecke Urlaub machen. Deswegen nutzen wir die Gelegenheit, fliegen nach Rio und dann geht es weiter nach Peru“, sagt der Erfolgstrainer.
Viel Kontakt zwischen Trainer und Athletin wird in Rio de Janeiro nicht möglich sein, Nadine Hildebrand wird vom Bundestrainer betreut, Werner Späth hat allerdings Eintrittskarten und wird bei allen Hürdenrennen im Stadion sein.
Seit gut vier Jahren trainiert er die Hürdensprinterin, damals waren die Olympischen Spiele in London das große Ziel. „Eigentlich wollte ich nicht mehr als Trainer arbeiten, aber als Nadine angefragt hat, hat es mich schon gereizt. Wir haben nur bis 2012 geplant, als London knapp nicht geklappt hat, war klar, wir müssen es auf das nächste Mal machen“, sagt Späth.
Es war die richtige Entscheidung, wie er nun rückblickend sagen kann: „Es hat viel Spaß gemacht, Nadine hat sich verbessert und man erlebt viele tolle Momente. Vor dem Wettkampf, wenn die Nerven blank liegen, dann dieser Erfolg, diese Freude am Sport, das hat mir viel gegeben.“
Auch weil Nadine Hildebrand eine Athletin ist, die in Werner Späths Augen alles mitbringt, um es zum großen Sportlertraum zu schaffen.
„Sie hat mir gleich zu am Anfang gesagt: ‚Bei mir fällt kein Training aus.‘ Nadine hat den Ehrgeiz das durchzuziehen, ich habe bei ihr in jeder Phase gespürt, dass sie unbedingt will. In allem, was sie gemacht hat, stand Olympia im Vordergrund“, sagt der erfahrene Coach.
Info
Nadine Hildebrand startet am Dienstag, 16. August, ab 16.05 Uhr in den Vorlauf bei den Olympischen Spielen.
Trainer Werner Späth und sein Schützling Nadine Hildebrand bei einer Übungseinheit im Sindelfinger Floschenstadion. Die 28-Jährige tritt am kommenden Dienstag über 100 Meter Hürden bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro in den Startblock. Bild: Drechsel