Tennis: Von Hundert auf Null

Tennis: Trainer Viktor Kuljkin aus Sindelfingen hat während der Corona-Krise deutlich mehr Freizeit als ihm lieb ist

Normalerweise steht Viktor Kuljkin fast täglich auf den Tennisplätzen der Region. Doch im Zuge der Corona-Pandemie kann der Trainer aus Sindelfingen seinem Beruf nicht wie gewohnt nachkommen. Sämtliche Tennishallen sind derzeit gesperrt.

Ein Leben ohne Tennis kann sich Viktor Kuljkin eigentlich nicht vorstellen. Doch genau durch dieses Szenario muss er derzeit durch. Einfach ist das nicht, gibt Kuljkin unumwunden zu. „Alle Tennishallen sind wegen des Corona-Virus zu. Ich kann meinem Beruf als Trainer derzeit nicht mehr nachkommen. Das ist schrecklich“, macht der 57-jährige gebürtige Serbe deutlich.
Neben seinem Hauptengagement als Cheftrainer des TC Weilheim, das er seit 2018 innehat, steht Kuljkin zudem normalerweise auch auf vielen Anlagen im Kreis Böblingen auf dem Platz. „Zu den Sindelfinger Plätzen kann ich von meinem Wohnort in der Vorderen Halde sogar hinüberlaufen“, berichtet er. Doch derzeit muss er das nicht, sämtliche Trainingseinheiten sind abgesagt. „Das bedeutet für mich, dass ich momentan keinerlei Einnahmen habe“, sagt Viktor Kuljkin und bezeichnet die Maßnahmen von Bund und Land zur Eindämmung des Corona-Virus als „durchaus drastisch“.
Wann er wieder auf dem Platz stehen kann, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, vermag er nicht genau zu sagen. „Ich hoffe, dass sich die Lage im Laufe des Mai wieder normalisiert“. Um bis dahin halbwegs über die Runden zu kommen, hat Viktor Kuljkin beim Land Baden-Württemberg wie viele andere Selbstständige auch, einen Antrag auf Soforthilfe gestellt.
Training mit Goran Ivanisevic
Tenniszeiten wie diese hat der zweifache Familienvater jedenfalls noch nicht erlebt. Und das heißt durchaus etwas. Denn rund um die gelbe Filzkugel hat Viktor Kuljkin schon so einiges mitgemacht. Als serbischer Jungprofi hatte sich Kuljkin in der jugoslawischen Tennisszene einst durchaus einen Namen gemacht. „Ich habe damals auch mit den späteren Weltstars Goran Ivanisevic und Monica Seles einige Bälle geschlagen“, blickt der 57-Jährige zurück.
Vor allem an die Begegnungen mit dem jungen Ivanisevic, der sich 2001 zum Wimbledon-Sieger kürte, hat Viktor Kuljkin viele Erinnerungen. „Wegen seiner markanten Schneidezähne wurde Goran damals in der Szene oft Hase genannt“, erzählt er mit einem Lächeln.
Kuljkin selbst kehrte der Heimat 1989 den Rücken und landet zunächst in Nagold. Seit 2000 wohnt er mittlerweile in Sindelfingen. Längst ist der kommunikative Serbe in der hiesigen Tenniswelt kein Unbekannter mehr. In zahlreichen Vereinen von Magstadt über Ehningen nach Böblingen hat er in den letzten Jahren sein Wissen weitergegeben. An Kinder, Tennisanfänger, Hausfrauen und Turnierspieler. Dabei hat Viktor Kuljkin immer versucht, sein persönliches Verständnis von Tennis bestmöglich zu vermitteln. „Über die Verbesserung der Technik zum Erfolg. So lautet mein Motto. Dass nebenbei Faktoren wie Fitness oder die mentale Komponente auch eine Rolle spielen, ist klar“, sagt er.
Gassi gehen statt Bälle schlagen
Wann genau der ehemalige serbische Erstliga-Profi, der bis Mitte vierzig auch viele Jahre für die Aktiven-Mannschaft des VfL Sindelfingen auf Punktejagd ging, sein Wissen zu Technik und Co. wieder an seine Schützlingen bringen darf, lässt sich derzeit noch schwer abschätzen. Deshalb ist Viktor Kuljkin froh, dass er in den letzten Wochen eine gute Bewegungsalternative zum Tennissport gefunden hat. „Ich bin jetzt drei Mal am Tag mit unserem Hund Louis draußen an der frischen Luft. Das hält mich fit und sorgt zudem auch für einen gewissen Rhythmus im Tagesablauf“, erzählt er.
Ganz ersetzen kann der Gassi-Gang das gewohnte Leben auf den Hallen- und Sandplätzen der Region dann aber doch nicht. „Tennis ist seit Jahrzehnten ein großer Teil meines Lebens. Ich bin als Trainer jetzt seit 25 Jahren gut gebucht. Das ist manchmal anstrengend, aber ich kenne es nicht mehr anders“, stellt Viktor Kuljkin klar und hofft, dass das tennislose Dasein in absehbarer Zeit ein Ende haben wird.
Bild: Statt auf den Tennisplätzen der Region zu stehen führt Trainer Viktor Kuljkin derzeit für ein bisschen Bewegung dreimal am Tag seinen Hund Louis Gassi. Bild: Bilaniuk
Quelle: SZ/BZ-Online