Gewichtheben: Sindelfingen: Eine starke Frau – nicht nur an der Hantel

Die Sportgeschichte zum Weltfrauentag am 8. März

Sarah Dosdall ist Gewichtheberin beim VfL Sindelfingen und lässt sich weder von Klischees, noch von schiefen Blicken beeindrucken.

Gewichtheben. Diese Frau hat echte Muckies. Sarah Dosdall ist leidenschaftliche Gewichtheberin und damit beim VfL Sindelfingen in der Landesliga ganz schön erfolgreich. Von Klischees und Vorurteilen hat sie sich noch nie aus der Ruhe bringen lassen. Im Gegenteil. Schon zu Schulzeiten macht sie ihr Ding. Beginnt, angesteckt vom Film „Die wilden Kerle“ und einer Schulfreundin, Fußball zu spielen – wenn auch nicht besonders gut, wie sie sagt. Später fängt sie an, fünf- bis sechsmal in der Woche im Fitnessstudio zu trainieren, entdeckt dann ihre Leidenschaft fürs Langhantel- stemmen und Reißen. Heute studiert sie Medieninformatik.

Sportlich waren sie und ihre ältere Schwester Fiona schon immer, sagt sie. Seit einigen Jahren teilen sie sich ihre Leidenschaft für das Gewichtheben als aktive Sportlerinnen beim VfL Sindelfingen. „Meiner Mama war es wichtig, dass wir irgendein Hobby machen, wo wir uns bewegen“, sagt die 24-jährige Sindelfingerin. Dazu geht sie gerne an die frische Luft, eine Runde spazieren. „Ich finde es ganz schrecklich, wenn ich den ganzen Tag nur rumsitze. Der Sport und die Bewegung waren und sind ein super Ausgleich zum Lernen“, sagt sie.

Kniebeugen machen Spaß

Über ihr Interesse zum Cross-Fit kommt sie Anfang 20 aufs Gewichtheben als Sportart. „Meine Schwester hat das zu dem Zeitpunkt schon einige Zeit gemacht. Ich habe sie erst einmal gefragt, ob das okay wäre, wenn ich den gleichen Sport mache und in den gleichen Verein gehe“, erinnert sie sich. Dass dieser Sport eher männerdominiert sein könnte, daran verschwendet sie keinen Gedanken. „Meine Schwester hat das ja auch gemacht und mir haben Kniebeugen und ähnliche Übungen im Fitness immer schon Spaß gemacht“, sagt sie.

Bei den Gewichthebern des VfL Sindelfingen ist sie herzlich willkommen. Von Skepsis oder schiefen Blicken keine Spur. Im Gegenteil. „Ich habe am ersten Tag im Training mehr Punkte gerissen als Jungs, die fünf Jahre da waren.“ Dafür gibt es Anerkennung und Respekt. „Wir Frauen haben aber auch einen anderen Berechnungskoeffizienten. Da kann man schneller Punkte machen“, sagt sie.

Sie fühlt sich von der ersten Minute an gut aufgehoben. „Man ist wie eine kleine Familie und motiviert sich gegenseitig. Da merkt man nicht, dass man eine Frau ist“, sagt sie. Dennoch sind Frauen im Gewichtheben oft unterrepräsentiert. So gibt es häufig gemischte Mannschaften, da eine reine Frauenmannschaft nicht realisierbar ist. „Die Vereine freuen sich aber immer, wenn Frauen mit Gewichtheben anfangen“, sagt Sarah Dosdall. Wie gut es um die Nachwuchsförderung im Bereich Mädchen und junge Frauen bestellt ist, hänge auch damit zusammen, wie viel Öffentlichkeitsarbeit ein Verein mache.

Adrenalinkick im Wettkampf

Was ihr an der Sportart so viel Spaß macht? So ganz genau kann sie das nicht sagen. „Eigentlich ist es recht trocken, weil wir zu 90 Prozent der Zeit die gleichen Übungen machen. Aber es macht mir Spaß, meine Technik zu verbessern und mich auf meine Ziele zu fokussieren. Das Tolle an dem Sport ist auch, dass man auch als Späteinsteiger wie ich ziemlich erfolgreich sein kann“, sagt Sarah Dosdall und ergänzt: „Es ist echt erstaunlich, was für einen Adrenalinkick man bei Wettkämpfen hat. Da kann man noch mal richtig Bestleistungen bringen, das ist cool.“

Auch in ihrem sozialen Umfeld macht sie keine negativen Erfahrungen. „Die meisten finden es eher cool und fragen, was man so schafft“, sagt Sarah Dosdall. Apropos: Ihre persönliche Bestleistung liegt derzeit bei 52 Kilogramm im Reißen, also die Stange vom Boden direkt über den Kopf heben, und bei 67 Kilogramm im Stoßen. Dabei setzt man die Langhantelstange zuerst auf die Schultern auf und stößt sie dann in einem zweiten Schritt über den Kopf. Kombiniert ergibt das eine Bestleistung von 119 Kilogramm.

Das nächste Ziel vor Augen

Doch das reicht der ambitionierten Sportlerin nicht. „Derzeit versuche ich, die Norm für die deutsche Meisterschaft in der „55 Kilogramm“-Gewichtsklasse zu schaffen. Da müsste ich 120 Kilogramm hinbekommen“, sagt sie.

Um das zu schaffen, ist nicht nur regelmäßiges Training angesagt – aktuell dreimal in der Woche. Dazu kommt noch zwei- bis dreimal in der Woche zusätzliches Training im Fitnessstudio für Oberkörper, Cardio und Zirkeltraining. Neben täglichem Dehnen ist dazu ausgewogene Ernährung angesagt. „Wenn ich Dinge mache, dann ganz oder gar nicht“, sagt Sarah Dosdall.

In ihrem Informatikstudium dagegen habe sie es von Mentoren oder Kommilitonen schon ab und zu zu spüren bekommen, dass sie eine Frau ist und man ihr die Materie nicht direkt zutraut. „Das sind aber trotzdem immer noch Ausnahmen, und im Endeffekt ist es mir auch eigentlich recht egal“, sagt die starke Sindelfingerin.

Bild: Diese Frau hat richtig Kraft: Sarah Dosdall beim Gewichtheben. Bild: Markus Mayer
Quelle: SZ/BZ-Online