Tischtennis: Die Weltenbummlerin lässt ein Hintertürchen offen

Nathalie Richter verlässt den VfL

Ein Faible für die große, weite Welt hatte Nathalie Richter wohl schon immer. Erst recht, seitdem sie ab Sommer 2016 ein Freiwilligenjahr an einer Grundschule in Ghana absolvierte. Damals hatte sie für ein paar Monate den Tischtennisschläger beiseitegelegt, nun hat sie sich aus beruflichen Gründen abermals dazu entschieden. Als Flugbegleiterin ist große Flexibilität in puncto Arbeitszeiten gefragt.

Tischtennis. „Ich komme einfach kaum mehr zum Trainieren“, sagt die 29-jährige, die sportlich erst einmal kürzertreten will. Aber ein Hintertürchen bleibt offen.Über Nathalie Richter lässt Sindelfingens Damencoach Oliver Appelt nichts kommen. „Nathalie war immer eine wertvolle Leistungsträgerin, stets zuverlässig und fokussiert“, sagt er. Ein Arbeitszeugnis könnte fraglos schlechter aussehen. Kein Wunder, Tischtennis spielte seit jeher eine besondere Rolle in ihrem Leben. Im Alter von sechs Jahren stand Nathalie Richter bereits erstmals am Tisch, trainierte bald regelmäßig am Bundesstützpunkt in Wendlingen und in Böblingen unter den Fittichen der damaligen Verbandstrainer Volker Ziegler, Sönke Geil und Martin Keller. Unvergessen bleiben für Richter die Deutschen U 15-Meisterschaften 2005, die der Heimatverein TSV Grafenau ausrichtete und bei denen es die damals 12-jährige schon bis in die KO-Endrunde schaffte. Ein halbes Jahr später spielte Richter mit dem TSV schon in der Oberliga.

Irgendwann kam es dann, wie es kommen musste. Namhafte Vereine im hiesigen Verband wurden auf das große Talent aufmerksam. Das Küken in der Grafenauer Tischtennisabteilung wurde flügge, zur Saison 2009/2010 wechselte Nathalie Richter zum Regionalligisten TSV Herrlingen. Ein Wechsel, der dem aufstrebenden Talent zu diesem Zeitpunkt nicht leichtfiel. Gleich im ersten Jahr erspielte sich die 17-jährige Schülerin des Maichinger Unterrieden-Gymnasiums eine starke 24:16-Bilanz am hinteren Paarkreuz, gewann dabei unter anderem gegen ihre Schwester Jennifer Richter, die damals in Rechberghausen spielte oder Melanie Strese (heute Rheinbay, ebenfalls Rechberghausen), mit der sie später noch einige Jahre gemeinsam in Sindelfingen in einer Mannschaft spielte.

Nach vier erfolgreichen Spielzeiten erfolgte 2013 der Wechsel nach Sindelfingen, dem sie sich seitdem in besonderem Maße verbunden zeigt. Und in dem Nathalie Richter alljährlich durch konstante Leistungen in der Regionalliga und der dritten Bundesliga überzeugte. Was auch ein Blick auf ihr persönliches Ranking zeigt: Seit einem knappen Jahrzehnt variiert ihr TTR-Wert immer zwischen 1700 und 1800 Punkten, richtige Ausreißer nach unten gab es nie.

Seit einigen Monaten als Flugbegleiterin für eine namhafte Airline unterwegs, haben sich inzwischen die Prioritäten verschoben. „Ich wohne mittlerweile in Frankfurt, um näher am Flughafen zu sein. Zu den Tischtennisspielen musste ich zuletzt immer pendeln und ich bin ohnehin schon sehr viel unterwegs“, sagt Nathalie Richter, bei der Ziele wie Anchorage, Cancun, Punta Cana oder Mombasa auf dem Sommerflugplan stehen. „Wir fliegen sowohl Mittel- als auch Langstrecke. Der Job als Flugbegleiterin kann schon stressig sein, sei es wegen Jetlag oder anstrengender Fluggäste“, erzählt Nathalie Richter, „am Ende werden wir auch für unsere Arbeit belohnt, da man im Anschluss an einen Langstreckenflug auch mal ein paar Tage frei bekommt. Ich liebe meinen Job, weil irgendwie kein Arbeitstag dem anderen gleicht und man viele Leute und Urlaubsziele kennenlernt.“

Getreu dem Motto „Niemals geht man so ganz“ will Nathalie Richter den Tischtennisschläger aber nicht endgültig an den Nagel hängen. Zu sehr ist sie mit dem Sport und dem Verein verbunden. „Mir haben die letzten Jahre mit meiner Mannschaft unheimlich viel Spaß gemacht und die Kameradinnen und Trainer sind zu Freunden geworden. Aktuell ist einfach das Trainingspensum, das für diese Liga notwendig ist, nicht leistbar“, sagt die 29-jährige. In den umliegenden Vereinen in Frankfurt kann sich Nathalie Richter durchaus vorstellen, ein paar Trainingseinheiten zu absolvieren. „Wenn ich dann mal in Sindelfingen bin, werde ich definitiv in der Halle vorbeischauen. Und vielleicht herrscht ja mal eine Notlage und ich habe etwas Zeit, dann spring ich gerne ein. Jedenfalls verschwinde ich nicht ganz von der Bildfläche.“

Bild: Seit 2013 spielt Nathalie Richter für den VfL Sindelfingen in der Dritten Bundesliga und der Regionalliga. Bild: Holzapfel

Quelle: SZ/BZ-Online