Leichtathletik: Der Zug ist weg, der Knoten platzt

Quelle: SZ/BZ-Online
Die beste Leistung seiner Karriere kam genau eine Woche zu spät. In Ingolstadt ist Stabhochspringer Florian Gaul über 5,65 Meter geflogen. Eine neue Bestleistung für den Athleten des VfL Sindelfingen, außerdem aber noch viel mehr. Schließlich hat der deutsche Leichtathletikverband auch die Norm für die Europameisterschaften in Amsterdam auf 5,65 Meter festgelegt. Dass Florian Gaul nun trotzdem nicht mit nach Amsterdam fährt, hat nur einen Grund: Die Leichtathletikmannschaft, die Deutschland bei der EM präsentiert, steht schon fest.
Nominiert wurden im Stabhochsprung Tobias Scherbarth, Karsten Dilla Raphael Holzdeppe, der die Höhe in diesem Jahr noch gar nicht überwunden hat. Bis zu seinem Wettkampf bei den deutschen Meisterschaften in Kassel vor gut einer Woche hätte der Student der Luft- und Raumfahrttechnik die Norm erfüllen müssen.
Doch in Kassel wollte es bei Florian Gaul nicht so recht klappen. Nach einem erfolgreichen Sprung über 5,15 Meter folgten drei ungültige Versuche über die 5,30 Meter. „Ich habe die falschen Stäbe genommen, das ist dumm gelaufen und dann sind drei Versuche verdammt schnell um“, sagt Gaul. Ein Tiefpunkt nach einer schwierigen Vorbereitung auf die Freiluftsaison.
Aufgrund des schlechten Wetters mussten die Athleten überwiegend in der Halle trainieren, unter freiem Himmel zu springen war lange nicht möglich, entsprechend schwer war die Umstellung. In den ersten Wettkämpfen ließ sich der 24-Jährige noch stark vom Wind verunsichern. Dann entzündete sich auch noch die Bizepssehne des Sindelfinger Stabhochspringers. Eine zweiwöchige Sprung-Pause war nötig. „Es hat alles gedauert, bis ich meine Sicherheit wiederbekommen habe.“ Doch Florian Gaul ließ sich von einem schlechten Ergebnis nicht beeindrucken und meldete sich eindrucksvoll zurück.
In Ingolstadt war alles anders. Gaul stieg bei 5,10 Metern in den Wettkampf ein, hatte aber durchaus auch mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Mit der am Anfang abfallenden Anlaufbahn freundete er sich bald an, die 5,50 Meter fielen trotzdem erst im dritten Anlauf. „Ich habe fünfzehn Wettkampfsprünge gemacht und das bei vierunddreißig Grad. Das war sehr anstrengend.“
Doch bei 5,65 Metern passte dann alles: Gaul schwang sich über die Latte und konnte jubeln. „Die Mühe hat sich auf jeden Fall gelohnt. Die Höhe habe ich sicher, auch wenn es nicht zur EM gereicht hat.“ Doch der 24-Jährige trauert der Gelegenheit nicht lange hinterher, zumal er sich mit seiner Leistung nach Jahren wieder für den Bundeskader empfohlen hat. Florian Gaul schaut nach vorne. Denn er hat das ganz große Ziel vor Augen: „Die 5,70 Meter habe ich auf jeden Fall im Blick. Mir hat der Wettkampf in Ingolstadt gezeigt, dass ich so hoch springen kann, es muss aber eben alles zusammenpassen für diese Höhe“, sagt Florian Gaul.
5,70 Meter, es ist die Norm für die olympischen Spiele in Rio de Janeiro, die der Sindelfinger Stabhochspringer da anpeilt. Bislang konnten nur zwei Deutscher Springer diese Marke überwinden, sollte Raphael Holzdeppe verletzungsfrei springen können, wäre er der zweite Olympiakandidat im Stabhochsprung. Dahinter haben zahlreiche Athleten Ambitionen sich ein Ticket zu sichern.
Gaul hat in Ingolstadt schon gezeigt, dass auch er zu den heißen Kandidaten gehört. „Ich habe mich in Ingolstadt schon an den 5,70 Metern versucht und bei einem Sprung war es ziemlich knapp, da hätte die Latte schon liegen bleiben können“, sagt der Student. „Das heißt für mich: Ich habe es drin, jetzt brauche ich noch ein, zwei gute Wettkämpfe und dann klappt es hoffentlich bis zum 10. Juli.“
Die nächste Gelegenheit kommt am Wochenende in Waiblingen. „Ich hoffe auf gutes Wetter und einen guten Wettkampf. Ich bin froh, dass es gerade so gut klappt und wieder vorwärts geht, das ist mir am Wichtigsten.“
Info
Die Leichtathletik-Europameisterschaften finden vom 6. bis 10. Juli in Amsterdam statt. Vom VfL Sindelfingen sind Hürdenläuferin Nadine Hildebrand und Kugelstoßer Tobias Dahm nominiert. Mehr zu den VfL-Leichtathleten unter der Adresse www.sifi-athletik.de im Netz.
Für die EM kamen die 5,65 Meter zu spät. Jetzt peilt Florian Gaul die 6,70 Meter für die Olympia-Qualifikation an. Bild: Drechsel