Schluss mit 37 Jahren, nach über einer Dekade. Die Spikes hat Jörg Niethammer schon lange ausgezogen, jetzt schließt der Finanzchef der Sindelfinger Leichtathleten auch seine Excel-Tabellen. Es ist eine besondere Geschichte.
„Manchmal hieß es, der Jörg ist geizig. Aber es ist doch nicht mein Geld, mit dem wir hier arbeiten, sondern das der Abteilung“, stellt er eines gleich mal klar. Zwölf Jahre lang überschlug er Zahlen, sammelte Belege, plante er Ausgaben und hatte die schwierige Aufgabe, als Markus Graßmanns Rechenschieber die Sindelfinger Leichtathleten stark zu halten. Beziehungsweise, wieder in Fahrt zu bringen. Denn als er anfing, spielte der VfL eher Nebenrollen auf den ganz großen Bühnen.
Eigentlich war es mit Stephanie Kampf nur eine Athletin, die für dickere Schlagzeilen sorgte und 2004 sogar den olympischen Traum von Athen träumte. Ein Jahr später, als Jörg Niethammer beim VfL die Doppelrolle übernahm und sich dann nicht nur auf Spitzensport konzentrierte, war auch sie verletzt. Nur eine Medaille bei deutschen Meisterschaften, für den stolzen VfL Sindelfingen war das nichts. Gleichzeitig war die Prämisse: bloß keine Schulden. „Wir können nur das ausgeben, was wir haben“, war immer seine Prämisse.
Heute sind es rund 200 000 Euro, die in die Abteilung fließen und wieder rausgehen. Auch das sind nicht unbedingt Umsatzzahlen, mit denen sich Berge versetzen lassen – aber trotzdem Titel gewonnen und Nachwuchsgruppen eingekleidet werden. „Er hat die Arbeit in einer Weise professionalisiert, für die uns andere beneiden. Dabei ist nie klar, was tatsächlich kommt und geht“, sagt Markus Graßmann und meint Übungsleiterzuschüsse und Honorare, Sponsorengelder und Spenden.
900 Transaktionen sind es, die Jörg Niethammer pro Jahr auf den Weg brachte. Im Schnitt sind das drei am Tag, „und in diesem Rhythmus kommen die Rechnungen und Rückfragen auch rein“, sagt er. Und genau deshalb ist jetzt Schluss. Als Direktor Filialkunden bei der Volksbank mit Generalvollmacht bleibt schon wenig Zeit übrig. Dazu ist die Tochter jetzt drei Jahre alt und verdient auch Aufmerksamkeit.
Jörg Niethammer weiß noch genau, wie Dieter Gauger damals mitten in der Trainingseinheit des Rundensprinters in der kleinen Pause eine große Frage stellte: „Wir brauchen einen Kassier, du schaffsch doch bei der Bank“, hat er gesagt, „da ist das für dich was Oifachs.“
So war das, und verbunden mit einem Job auf Zeit, begrenzt zunächst auf zwei Jahre, sah der Sohn der Trainergröße Hans-Joachim Niethammer wenig Hürden im Weg. „Außerdem war das für mich die Chance, dem Sport und dem Verein auch etwas zurückzugeben.“ Dabei stand der Sprint-Stylist mit dem ausgeprägten Kniehub sportlich selbst noch voll im Saft und war durchaus erfolgreich. Seine 47,53 Sekunden über die Stadionrunde stehen für sich, mit den A-Junioren sprintete er 1997 bei der Junioren-EM in Ljubljana in der deutschen Nationalstaffel, mit dem VfL sammelte er mehrfach deutsches Staffelsilber und zahlreiche Landesmeistertitel.
Trotzdem will der Böblinger – auch bei der SVB ist er noch Mitglied – zumindest freizeitsportlich dem VfL die Treue halten. Einmal die Woche trifft sich die alte Trainingsgruppe im Floschenstadion, dann schwitzt und schwätzt er mit Andreas Dengler, Markus Neubauer, Timo Stark und manchmal auch Tim Assenheimer, falls der Lehrer auch einmal den Weg von Baden-Baden ins Ländle findet.
Die Kalkulationen hat er dagegen jetzt an Birgit Lenz übergeben. „Ein wahres Excel-Gebirge, bis ins letzte Detail so fein und schlau ausgearbeitet, dass man es auch ohne Informatikstudium versteht“, lobt Markus Graßmann auch diese Übergabe.
Quelle: SZ-BZ Online