Rasanter kann eine Achterbahnfahrt nicht ausfallen, jetzt droht sogar der Fall ins Bodenlose: Der Sindelfinger Frauen-Fußball steht vor dem Aus, nachdem vor ein paar Wochen sogar Bundesliga-Träume blühten. Bis Freitag muss ein Finanzloch im mittleren, fünfstelligen Bereich gestopft sein, sonst gibt es vom DFB keine Lizenz. Damit wäre der komplette Sindelfinger Frauen- und Mädchenfußball Geschichte.
Am Samstag nach dem Spiel der U17-Juniorinnen in der Bundesliga Süd gegen Bayern München hatte der Vorstand eine Besprechung für Montagabend angekündigt. Wie tief greifend diese werden sollte, ahnte da noch keiner. Klar war nur, dass es um die aktuelle Lage und den Lizenzantrag der neu gegründeten VfL Sindelfingen Ladies gehen würde. Offensichtlich sind die Probleme so groß, dass der komplette Frauenfußball in Sindelfingen auf der Kippe steht.
Die Zeit drängt, bis Freitag muss ein dickes Loch in der Kasse geschlossen werden. Kapituliert haben die Fußballfrauen noch nicht: „Mit dem Rücken zur Wand wollen die Spielerinnen versuchen, gemeinsam mit dem neuen Vorstand, kurzfristig Gelder aufzutreiben“, heißt es in der Pressemitteilung.
Die Fallhöhe ist enorm, denn nach der Winterpause schien es kaum noch Luft nach oben für eines der Sindelfinger Sportaushängeschilder zu geben. Nach der damaligen Tabellenkonstellation war sogar der direkte Aufstieg in die 1 Bundesliga drin. Das wiederum ohne echten Vorstand und mit einer wackeligen Finanzstruktur. Beides wäre dem Deutschen Fußballbund zu wenig gewesen, um eine Lizenz zu erteilen.
Auch der Hauptverein legte sein Veto ein. „Der operative Bereich muss in den Abteilungen bleiben“, sagte VfL-Präsident Dr. Heinrich Reidelbach gegenüber der SZ/BZ. Weil der VfL vermeiden wollte, dass die anderen Abteilungen von Vorgaben des DFB betroffen sind, musste ein neuer, eigenständiger Verein gegründet werden.
Die Sindelfinger Fußball-Frauen gewannen den Wettlauf mit der Zeit, fanden in Josef Klaffschenkel einen Vorsitzenden, der Württembergische Fußball-Verband und der Hauptverein halfen bei der neuen Satzung. Fristgerecht waren die VfL Sindelfingen Ladies im Vereinsregister eingetragen. Seit vergangener Woche gibt es vom Finanzamt auch die Bestätigung der Gemeinnützigkeit. Es sah also alles nicht schlecht aus.
Dann drehte sich die Spirale immer schneller abwärts. „Im Grunde wurde es von Tag zu Tag schlimmer“, sagt Josef Klaffschenkel. Immer neue Nachforderungen kamen hoch. Da ging es um Fahrgelder und Trainergehälter, was unterm Strich die Auflagen des DFB deutlich übersteigt. Der Fußballverband hatte für die Lizenzvergabe eigentlich nur zwei Bedingungen. Zum einen, dass der VfL beim Sicherheitskonzept bis zum heutigen Mittwoch nachbessert und genauer formuliert, was Josef Klaffschenkel als das „kleinere Problem bezeichnet“. Und für ein Finanzierungsdelta von vermeintlich 6000 Euro sei bis Freitag Zeit. „Das könnten wir auftreiben, aber die Probleme sind viel größer“, sagt der Vorsitzende.
Denn mit dem Hauptverein ist die Übergabe zum 1. Juli festgelegt, wofür nicht nur 6000, sondern um die 20 000 Euro fehlen. Und zwischen 30 000 und 40 000 Euro wären wohl für die kommende Saison zu wenig in der Kasse. In der Pressemitteilung ist da unter anderem die Rede davon, dass „mit der Sportmarketinggesellschaft das benötigte Sponsorenvolumen, das für einen geregelten Spielbetrieb notwendig wäre, nicht realisiert werden kann“.
Von den DFB-Zuschüssen alleine kann der VfL Sindelfingen jedenfalls nicht leben. 12 000 Euro gibt es dafür, dass die U17 in der Bundesliga spielt, 16 000 für die Zweitliga-Saison der Frauenmannschaft. Wenn Josef Klaffschenkel da schon von Schiedsrichterkosten für Sindelfingen knapp unter dem fünfstelligen Bereich spricht, wird klar, dass das so nicht funktionieren kann.
Die Sindelfinger Fußballerinnen am Boden. Am Freitag ist es möglicherweise vorbei mit Frauenfußball im Floschenstadion. Bild: Zvizdiç
Quelle: SZ-BZ Online