Nadine Hildebrand kam im 100-Meter-Hürdenrennen in Dessau gut aus dem Startblock, setzte sich an die Spitze des internationalen Feldes und überquerte die ersten Hürden in Front liegend. Nach dem vierten Hindernis brach sie das Rennen ab. Grund: plötzliche Schmerzen im linken, hinteren Oberschenkel. Jetzt bestätigte ein MRT den Verdacht: Muskelfaserriss.
„Es ist unglaublich ärgerlich“, sagt Trainer Werner Späth, wenige Tage nach der Verletzung. Schon in der Hallensaison wurde Hildebrand von einem Muskelfaserriss gestoppt, ebenfalls im hinteren Oberschenkel an derselben Stelle, diesmal allerdings auf der linken Seite.
Wenige Wochen vor den deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig musste die Hürdensprinterin die Hallensaison beenden und auch die Europameisterschaften in Belgrad aus dem Terminkalender streichen. Viele Wochen hat sie seitdem in die Vorbereitung für einen erfolgreichen Sommer investiert. Mit den Weltmeisterschaften in London im Blick steigerte sich Hildebrand in vielen Bereichen. „Sie war so fit wie noch nie in ihrer Karriere“, sagt Werner Späth. In Weinheim knackte Hildebrand auf Anhieb die WM-Norm, lief im Finale 12,81 Sekunden. Perfekte Aussichten, bis zu diesem einen Lauf in Dessau. Der zweite Wettkampf in zwei Tagen, schon bei Diamond League Meeting in Oslo war die Sindelfingerin an den Start gegangen und hatte einen soliden Lauf knapp über der 13-Sekunden-Marke gezeigt.
„Wir wollten neue Reize setzen, in London wären es schließlich auch zwei Tage Wettkampf von Vor- bis Endlauf“, sagt Späth, der sich selbst Vorwürfe macht, die hohe Wettkampfbelastung getestet zu haben. „Ich habe mich noch mit dem Bundestrainer Rüdiger Harksen unterhalten. Die Muskeln und Sehnen werden mit den Jahren eben immer weniger elastisch und regenerieren sich langsamer und Nadine ist eben auch schon fast 30. Er hatte mit Carolin Nytra damals dasselbe Problem“, sucht Späth eine Erklärung für die Verletzungsanfälligkeit.
In dieser Woche war dann geplant, die Trainingsbelastung zurückzuschrauben und Hildebrand fit für das entscheidende Duell bei den deutschen Meisterschaften in Erfurt zu machen. Nun haben sich die Pläne geändert. Es sieht nicht gut aus für die Ziele und Träume der 29-Jährigen.
Zwar ist der Muskelfaserriss nicht ganz so schlimm, wie der im Winter und auch das linke Bein, das Nachziehbein der Hürdensprinterin, ergibt weniger Einschränkungen. „Aber es ist ein Riss. Der Arzt will sich noch nicht äußern, sondern erst mal behandeln. Es bleibt ein Funken Hoffnung“, sagt Werner Späth. Spätestens bei den deutschen Meisterschaften im Erfurt muss Hildebrand an den Start gehen, um ihre Chance auf einen Start in London zu bewahren. Und schon das Rennen dort wird gegen die nationale Konkurrenz kein Zuckerschlecken. Die deutschen Hürdensprinterinnen sind stark aufgestellt, man muss schon auf das Podium laufen, um sicher in London dabei zu sein und hinter Pamela Dutciewic und Cindy Roleder liegen eine Menge Talente auf der Lauer.
Es bleibt also abzuwarten und zu hoffen, dass die Sindelfinger Hürdensprinterin bis in gut zwei Wochen wieder fit ist und in Erfurt um einen Platz im Team der deutschen Nationalmannschaft für die Weltmeisterschaften in London kämpfen kann.
Nadine Hildebrand droht nach dem zweiten Muskelfaserriss in diesem Jahr das WM-Aus. Bild: Drechsel
Quelle: SZ-BZ