Das Sportgespräch: Josef Klaffschenkel, Vorstand der VfL Sindelfingen Ladies, und Teammanger Marc Pflieger tun sich schwer bei der Suche nach neuen Sponsoren
Im vergangenen Sommer fast die komplette Stammelf verloren, zu Beginn dieses Jahres auch noch den Trainer, und die Qualifikation für die eingleisige 2. Bundesliga ist auch in Gefahr: Die Zweitligafußballerinnen der VfL Sindelfingen Ladies durchleben in dieser Saison turbulente Zeiten. Die Macher im Hintergrund bewahren dennoch Ruhe, wünschen sich aber Unterstützung in der täglichen Vereinsarbeit.
Die SZ/BZ unterhielt sich mit Vorstand Josef Klaffschenkel, der vor fast genau einem Jahr die Vereinsführung übernahm, und Teammanager Marc Pflieger über den Stand der Dinge sowie die Zukunftsaussichten.
Muss man sich Sorgen machen um die VfL Sindelfingen Ladies?
Josef Klaffschenkel: „Nein, überhaupt nicht. Wieso fragen Sie?“
Vor der laufenden Runde verließ ein Großteil der Stammmannschaft den VfL. Zudem verabschiedete sich mit Alexander Schick zu Beginn des Jahres auch noch der Trainer.
Josef Klaffschenkel (Bild: z): „Die finanziellen Probleme, die uns nach der Vereinsgründung am 20. Februar des vergangenen Jahres plagten, haben im Endeffekt dafür gesorgt, dass wir nach der Runde keinen Spielraum mehr hatten und die ambitionierten Spielerinnen nicht mehr halten konnten. Da wir deshalb auch keine Verstärkungen holen konnten, sind wir mit einer sehr jungen Mannschaft in die neue Saison gegangen. Darüber hinaus hat uns auch Cheftrainer Saban Uzun in Richtung VfL Wolfsburg II verlassen, sodass unser Sportlicher Leiter Alexander Schick diesen Posten zusätzlich übernommen hat. Während der Hinrunde hat er dann seine Co-Trainerinnen Nadine Rolser und Eva-Maria Virsinger bereits darauf vorbereitet, dass sie demnächst problemlos übernehmen können. Genau dazu ist es zu Beginn des Jahres gekommen, weil Alex berufsbedingt den Spagat nicht mehr gepackt hat.“
Dennoch wird man das Gefühl nicht los, dass immer mehr mit dem Frauenfußball in Sindelfingen das VfL-Schiff verlassen. Täuscht der Eindruck?
Marc Pflieger: „Dass wir in allen Bereichen Unterstützung brauchen, ist kein Geheimnis. Wenn man bedenkt, dass wir nur zu viert – Josef Klaffschenkel (Vorstand), Sascha Bührer (Buchführung, Kasse), Heike Hofmann (Geschäftsstelle) und ich (Teammanager, Schriftführer) – den Verein führen, dann ist das schon ganz schön happig. Um die Spiele herum haben wir noch einige treue Helfer, ohne die es nicht möglich wäre. Insgesamt gesehen ist das sehr dünn, zumal derzeit die Lizenzierungsarbeit ansteht und der DFB zig Papiere verlangt – und das auch noch doppelt und dreifach, weil für jedes unserer Teams separat. Das ist bisweilen ein Vollzeitjob, deshalb würden uns ein paar ehrenamtliche Helfer sehr gut tun. Ich würde aber nicht so weit gehen und behaupten, dass wir einen Aderlass auf allen Ebenen haben. Im Gegenteil, die, die da sind, zerreißen sich für den Verein, der übrigens keine finanziellen Probleme hat. Alexander Schick bleibt zum Glück beratend tätig. Er ist nicht im Unfrieden gegangen und wir legen immer noch sehr viel Wert auf seinen Rat.“
Sprich, der Lizenz für das kommende Jahr steht nichts im Wege?
Marc Pflieger: „Überhaupt nichts. Die Lizenz ist nicht in Gefahr und wir haben alle Unterlagen fristgerecht eingereicht. Wir haben genug, um den laufenden Betrieb aufrechtzuerhalten und geben nur das aus, was uns auch zur Verfügung steht.“
Mit ein paar potenten Sponsoren könnte es also auch wieder sportlich besser laufen?
Josef Klaffschenkel: „Mit mehr Geld könnten wir einen ähnlichen Aderlass wie vor der laufenden Runde vermeiden und im Umkehrschluss auch einige gute neue Spielerinnen zu uns holen. Als einer der vier Ausbildungsvereine des WFV sind wir immer noch eine attraktive Adresse. Wir sind im WFV-Verbandsgebiet der Verein, der mit der 2. Bundesliga am höchsten spielt und wir können unseren jüngeren Spielerinnen aus der U17-Bundesliga eine klasse Durchgängigkeit in die 1. Mannschaft bieten – dies ist bei anderen Bundesligamannschaften wie Freiburg und Hoffenheim nicht so gegeben. Natürlich würden wir den Spielerinnen gerne auch etwas mehr bieten können, leider sind uns diesbezüglich die Hände gebunden. Eigentlich schade, wenn man bedenkt, in was für einer wirtschaftsstarken Region wir hier leben. Der Daimler könnte uns zum Beispiel einen kleinen Bus hinstellen und würde das gar nicht mal merken. Leider interessiert der Amateurfußball die Big Player aber gar nicht. Und für den Mittelstand ist Frauenfußball schlichtweg immer noch Randsport.“
Wie kommt es dann, dass Sie trotzdem eine durchaus konkurrenzfähige Mannschaft in den Kampf um die eingleisige 2. Bundesliga geschickt haben? Was sind Ihre Pfründe?
Josef Klaffschenkel: „Unsere Argumente sind hier Heimatverbundenheit, Arbeitsplätze, mögliche Ausbildungsstellen, Unterstützung bei der Suche nach Studienplätzen. Dazu kommen eine gute Ausstattung, ein sehr gutes Funktionsteam mit Athletiktrainer und Physiotherapeuten sowie Übernachtung und Verpflegung bei den weiteren Auswärtsfahrten – mit mehr können wir derzeit nicht dienen.“
Ist es unter diesen Umständen dann nicht utopisch, von der eingleisigen 2. Bundesliga zu träumen?
Marc Pflieger (Bild: z): „Wie man’s nimmt. Zum einen wissen wir, dass die Mannschaft viel an Qualität verloren hat. Andererseits hat uns die Vorrunde gezeigt, dass wir durchaus mithalten können. Erst in den vergangenen Spielen sind wir, auch aufgrund von Verletzungen von wichtigen Stammspielerinnen, im Klassement abgerutscht. Wir sind aber zumindest noch auf Tuchfühlung zu Tabellenplatz sieben, der am Saisonende zur Relegation berechtigen würde.“
Hätte man dann nicht etwas Geld in die Hand nehmen sollen, um die Mannschaft zu verstärken und die eingleisige 2. Bundesliga zu sichern?
Josef Klaffschenkel: „Ja, das hätten wir können. Das wollten wir aber nicht, weil es unfair gegenüber dem aktuellen Kader gewesen wäre und nur Unruhe reingebracht hätte. Außerdem müssen wir auch unsere weiteren Mannschaften berücksichtigen. Wir spielen mit den Frauen II immerhin in der Oberliga – auch ein ganz tolles Niveau. Mit den B-Juniorinnen spielen wir sogar in der Bundesliga Süd, stellen hier einen Großteil der württembergischen Verbandsauswahl.“
Ein Abstieg in die Regionalliga bei den Frauen I wird demnach in Kauf genommen?
Marc Pflieger: „Ja. Sollte es nichts werden mit der Qualifikation für die 2. Bundesliga, dann nehmen wir eben einen neuen Anlauf in der Regionalliga. Was die Gegner anbetrifft, wäre der Schritt in die Drittklassigkeit gar nicht so schlimm. Da würden einige interessante Duelle auf uns warten. Dennoch wollen wir alles versuchen, um dem Abstieg zu entgehen. Denn für unsere B-Juniorinnen, die in der Bundesliga am Ball sind, ist es natürlich ein toller Anreiz, wenn die 2. Bundesliga auf sie warten würde.“
Fragen Sie lieber nicht meine Frau
Ein gutes Jahr stehen Sie dem VfL Sindelfingen Ladies nun vor. Haben Sie den damaligen Schritt bereut?
Josef Klaffschenkel: „Ich hatte ja schon Erfahrung mit Vereinsarbeit, war von 1978 bis 1982 Schriftführer der Sportfreunde Sickingen und von 1987 bis 2006 Abteilungsleiter des SV Owingen. In den vergangenen sieben Jahren habe ich diverse Posten in der Fußballabteilung des SV Bondorf bekleidet. Was ich aber hier in einem Jahr erlebt habe, ist mit meinen bisherigen Stationen nicht vergleichbar. Ein Lizenzverein tickt einfach anders, auch die Kommunikation mit DFB und WFV verläuft auf einer ganz anderen Ebene. Wir standen ja im vergangenen Sommer kurz vor der Abmeldung, haben diese mit einer fast schon legendären Geldsammelaktion in und um Sindelfingen herum abwenden können und halten den Betrieb trotz vieler Bedenken von außerhalb am Laufen. Deshalb ein klares Nein, ich habe den Schritt überhaupt nicht bereut, denn ich durfte bei den VfL Sindelfingen Ladies viel Neues und, wenn auch wenige, aber dann sehr hoch motivierte Vereinsmitarbeiter kennenlernen. Natürlich ist diese ehrenamtliche Aufgabe aber eher fast ein Vollzeitjob und verschlingt so ziemlich die gesamte Freizeit – fragen Sie diesbezüglich lieber nicht meine Frau.“