Aus Vereinen: Diskussion der Sindelfinger IG Sport unter dem Motto: „Wie viel Bürokratie erträgt das Ehrenamt?“ in der VfL-Sportwelt / Präsentation der Vereinsumfrage
„Wie viel Bürokratie erträgt das Ehrenamt?“ Unter diesem Motto stand die Diskussionsrunde der Sindelfinger IG Sport in der VfL-Sportwelt. Zudem wurden die Ergebnisse der Vereinsumfrage unter die Lupe genommen.
Christian Gangl, Erster Bürgermeister der Stadt Sindelfingen, muss erst einmal schlucken, als ihn SZ/BZ-Verlagsleiter und Moderator Hans-Jörg Zürn auf die eher durchschnittlichen Ergebnisse der Vereinsumfrage anspricht. Insgesamt 31 Rückmeldungen von VfL, GSV, TVD und weiteren ortsansässigen Vereinen erhielt die IG Sport auf ihre Fragen.
Eine Durchschnittsnote von 3,0 für die kommunale Sportförderung kam unter anderem heraus. „Ich muss zugeben, dass ich dieses Ergebnis nicht ganz nachvollziehen kann. Wir haben in der Vergangenheit große Investitionen in die Sindelfinger Sport-Infrastruktur getätigt und werden dies auch in den kommenden Jahren tun“, sagte Christian Gangl. Vielleicht müsse man in diesem Bereich noch etwas an der Kommunikation arbeiten, ließ Gangl gelten.
Bürokratische Hindernisse
Heike Schneider, Geschäftsstellenleiterin beim TV Darmsheim, sind die vielen Vorschriften ein Dorn im Auge. „Die schlechte Durchschnittsnote von 3,8 bei den verwaltungstechnischen Anforderungen wundert mich nicht. Die vielen Vorschriften und bürokratischen Hindernisse, die einem als Verein auferlegt werden, machen teilweise schon mürbe. Und es kommen jedes Jahr weitere Anforderungen hinzu.“
Heike Schneider benannte Vorgaben zum Datenschutz, Bundeskinderschutz, Kennzeichnungspflicht bei Lebensmitteln, Gema und Künstlersozialabgaben. „Das sind alles wichtige Themen. Wenn dadurch aber die eigentliche Aufgabe eines Sportvereins, die Durchführung des Sports, immer mehr in den Hintergrund gerät, dann fragt man sich schon, ob man wirklich so ins Detail gehen muss“, hat Heike Schneider wenig Verständnis.
Steffen Heckele, Ju-Jutsu-Bundesstützpunkt-Trainer von Arashi Sindelfingen, springt Heike Schneider zur Seite. „Da überlegt man sich schon ganz genau, ob man häufiger eine Vereins-Hocketse oder Feste ausrichtet, wenn man jedes Mal eine Allergen-Kennzeichnung bei Lebensmitteln oder umfangreiche Schulungen für die Vereinsmitglieder braucht.“
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Marc Biadacz zeigte Verständnis für die Sorgen der Vereinsvertreter: „Für mich ist klar, wir müssen das Ehrenamt stärken, die bürokratischen Hürden abbauen und ein Maßnahmenpaket zur Unterstützung der Ehrenamtlichen auf den Weg bringen. Dies haben wir bereits im Koalitionsvertrag festgehalten und in einem Fachgespräch innerhalb der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vertieft. Das Ehrenamt ist Basis eines lebendigen und funktionierenden Gemeinwesens, das es zu erhalten gilt.“ Auch die Grünen-Landtagsabgeordnete Thekla Walker sagte ihre Unterstützung zu: „Man muss ganz klar zwischen Ehrenamt und kommerziellem Betrieb unterscheiden.“
Es werde von Jahr zu Jahr schwieriger, Ehrenamtliche für die Vereinsarbeit zu gewinnen, machte Heike Schneider deutlich. Das bestätigt auch die Umfrage, die Roland Medinger, Geschäftsstellenleiter beim VfL Sindelfingen, präsentierte. So wurde die Perspektive für Ehrenamtliche in den nächsten 5 Jahren mit der Note 3,7 bewertet.
Steffen Heckele sieht für seine 80 Mitglieder zählende Ju-Jutsu Abteilung Arashi Sindelfingen nicht ganz so schwarz. „Ich denke, dass wir auch in fünf Jahren gut dastehen werden. Ich würde mich natürlich darüber freuen, wenn wir unsere jüngeren Mitglieder noch stärker in die Vereinsarbeit einbinden könnten.“
Christian Gangl brach am Ende der Diskussion eine Lanze für das Ehrenamt: „Wir sind den vielen Ehrenamtlichen in unserer Stadt sehr dankbar für ihre herausragende Arbeit.“ Dennoch gebe es keine Garantie, dass nicht auch in schlechteren Zeiten wieder der Sparstrumpf regiere, ohne wirklich an die Strukturen heranzugehen. „Das war in der Vergangenheit Konsens. Wir pflegen einen partnerschaftlichen Austausch mit den Vereinsverantwortlichen. Daran ist uns sehr gelegen“, so Christian Gangl.
Bild: Quelle: Diskussion in der VfL-Sportwelt (von links): Christian Gangl, Steffen Heckele, Heike Schneider, Moderator Hans-Jörg Zürn, Marc Biadacz und Thekla Walker. Bild: automotorart
Quelle: SZ/BZ-Online