Leichtathletik: Nach ihrem überraschenden Sieg über die 400 Meter-Hürden und die Aussicht auf einen WM-Start muss die Sindelfingerin Carolina Krafzik ihren Urlaub verschieben
Ein schneller Beginn, ein packender Schlussspurt und am Ende die Sensations-Zeit: Carolina Krafzik ist die Überraschungssiegerin der Deutschen Leichtathletikmeisterschaften von Berlin. Die Sindelfingerin ließ über die 400-Meter-Hürden in 55,64 Sekunden die gesamte deutsche Konkurrenz hinter sich und knackte mit ihrem schnellen Rennen die Norm für die Weltmeisterschaften in Doha, die vom 28. September bis zum 6. Oktober in der Hauptstadt von Katar stattfinden.
Die SZ/BZ hat mit der 24-Jährigen über den Moment nach dem Zieleinlauf, den erfolgreichen Distanzen-Wechsel und ihre ursprünglichen Urlaubspläne gesprochen.
Sie haben sich am Sonntagmittag in einem furiosen Hürdenrennen nicht nur den Meistertitel geschnappt, sondern auch Ihre bisherige Bestleistung um mehr als zwei Sekunden getoppt . Jetzt haben Sie mit der erfüllten A-Norm Chance auf die Teilnahme an den Leichtathletikweltmeisterschaften im Herbst, ist das schon alles bei Ihnen angekommen?
Carolina Krafzik: „So langsam kann ich es ein bisschen glauben, aber ich bin immer noch überwältigt. Ich habe jetzt eine halbe Woche Pause um runterzukommen und Ende der Woche setze ich mich mit meinem Trainer Werner Späth zusammen und wir planen, wie es weiter geht.“
Erst im vergangenen Jahr sind Sie auf die 400-Meter-Hürdenstrecke umgestiegen und haben in Nürnberg bei den Deutschen Meisterschaften überraschend die Bronzemedaille gewonnen. Sie haben alles richtig gemacht, oder?
Carolina Krafzik: “ Ja, ich habe schon im letzten Jahr erkannt, die 400-Meter-Hürden sind meine Disziplin. Ich komme ja von der 100-Meter-Hürdenstrecke aber da braucht man einen perfekten Start und die erste Hürde muss passen, das war immer mein Problem. Im Aufbautraining vor zwei Jahren habe ich mich dann bei den Tempoläufen ganz gut angestellt und mich dann an die ganze Stadionrunde rangetastet. Das Training ist schon sehr unterschiedlich, man muss an seine Grenzen ran, muss sich quälen wollen. Gerade wenn man von der Sprintstrecke kommt ist das erst mal unglaublich anstrengend.“
Nach Berlin sind Sie mit der viertschnellsten Zeit der Konkurrenz gereist Wie sind Sie das das Rennen angegangen?
Carolina Krafzik. „Ich habe mir nicht einmal vorgestellt Dritte zu werden, nein, ich wollte mich auf mich fokussieren. Das Finale war mein Ziel und in einem guten Rennen hätte ich mir höchstens eine Zeit knapp unter 57 Sekunden zugetraut. Direkt vor dem Rennen habe ich dann noch gedacht, dass ich von Beginn an Gas geben muss. Auf den ersten 200 Metern bin ich immer gut dabei, einfach weil ich eine hohe Grundschnelligkeit habe. Und dann wollte ich ohne Rhythmusfehler durchlaufen.“
Am Samstag hatten Sie das Halbfinale über die Hürdenstrecke souverän gewonnen, am Sonntagvormittag sind Sie mit der Staffel gelaufen, dann stand das Finale an. Wie haben Sie das erlebt?
Carolina Krafzik “ Ich war total im Tunnel, habe nicht viel gedacht und kann mich an nicht wirklich viel erinnern. Ich konnte die Hürden gut attackieren und auch in der Kurve habe ich gemerkt, dass es passt. Zum Kurvenausgang war ich vorne mit dabei und wollte dann auf keinen Fall vor der Hürdenüberquerung tribbeln, um nicht aus dem Rhythmus zu kommen und meinen Schwung zu verlieren. Auf den letzten paar Metern habe ich dann gemerkt, ich bin vorne und habe durchgezogen. Als ich die Zeit gesehen habe, konnte ich das nicht glauben. Ich musste erst mal durchschnaufen, habe mich hingekniet und dann kam schon Nadine Hildebrand auf mich zu gerannt.“
Die A-Norm für die Weltmeisterschaften in Doha haben Sie mit 55,64 Sekunden deutlich unterboten, was fehlt nun noch zu einer Nominierung für Ihren ersten Einsatz im Nationaltrikot?
Carolina Krafzik: „Bis Anfang September muss ich jetzt noch die B-Norm von 56,50 Sekunden laufen. Da müssen wir schauen, was es jetzt überhaupt noch für Wettkämpfe gibt. Ich hoffe einfach, dass ich das nächste Rennen noch mal so durchziehen kann. Wenn ich die B-Norm nicht schaffe wäre die andere Möglichkeit zur Nominierung, dass ich mit meiner Zeit aus Berlin unter den Top 40 des weltweiten Rankings lande. Zurzeit liege ich auf Rang 28, aber weltweit kommen ja auch noch einige Wettkämpfe.“
Und eigentlich hatten Sie ja einen ausgiebigen Urlaub geplant?
Carolina Krafzik: Genau, ich wollte nach den Deutschen Meisterschaften meine Saison beenden. Vor zwei Wochen habe ich mein Lehramtsstudium abgeschlossen und fange im Februar mit dem Referendariat an. Geplant waren jetzt im Sommer Urlaube in Österreich, Barcelona, Griechenland und dem Allgäu. Aber das ist jetzt alles zweitrangig. Ich habe eine Chance, die man vielleicht nur einmal in seinem Leben bekommt, da kann ich auch mal den Urlaub verschieben.“
Quelle: SZ/BZ-Online Foto: Ralf Görlitz