Leichtathletik: Das Trainerdoppel Sebastian Marcard und Werner Späth stellt mit den Schützlingen Constantin Preis und Carolina Krafzik zwei Deutsche Meister, die zur WM wollen
Es ist die neue Paradedisziplin der Sindelfinger-Leichtathletik: Die 400-Meter-Hürdenstrecke. Der Verein stellt seit August beide Deutsche Meister. Das Trainerdopel Werner Späth und Sebastian Marcard schickt die beiden Goldmedaillengewinner Carolina Krafzik und Constantin Preis in die Verlängerung. Carolina Krafzik hat am Wochenende in Brüssel die B-Norm für die Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Doha knapp verpasst, bleibt aber im Rennen. Constantin Preis steigt in Zürich in den Ring.
Hinter den akribisch vorbereiteten Erfolgsgeschichten stecken zwei verschiedene Sindelfinger Trainer: Zum einen Werner Späth, der Krafzik seit rund zwei Jahren betreut und auf der anderen Seite Sebastian Marcard, der Preis Ende 2016 unter seine Fittiche nahm. Beide tauschen zwar Erfahrungen aus, trainiert wird aber unabhängig voneinander auf dem Rund des Sindelfinger Floschenstadions.
Werner Späth ist das Sindelfinger Trainer-Urgestein, einer der immer wieder Talente, entdeckte, weiterentwickelte und oftmals an die deutsche Spitze brachte und das schon seit dem Jahr 1970. Mit seinen 75 Jahren wollte er eigentlich schon längst in Trainer-Rente gehen, dann aber holte ihn ihrer Zeit Hürdensprinterin Nadine Hildebrand 2011 aus dem Ruhestand. Eine weitere Athletin zu den olympischen Spielen zu bringen, das reizte Späth und der Plan ging schließlich auch 2016 auf. Irgendwann stieß auch Carolina Krafzik zur Trainingsgruppe. Mit klar erkennbarem Talent, damals aber noch auf die 100-Meter-Hürdenstrecke festgelegt.
Schnell schlug Späth vor, doch einmal die Langhürden-Distanz zu versuchen, gerade im großen Schritt seiner Athletin sah er Potential. „Erstmal hat sie viel leiden müssen, sie hat in der Vorbereitung viele lange Läufe machen müssen und in ihrer ersten Saison im letzten Jahr waren die Rennen hintenraus oft hart“, erzählt Werner Späth. Spätestens mit der Bronzemedaille bei den Deutschen Meisterschaften 2018 war der Ehrgeiz von Krafzik aber geweckt. „Sie ist eine sehr lockere Athletin, geht nicht verbissen, sondern immer mit einem Lachen ans Training und das sehr diszipliniert“, so Späth.
Für ihn ist Krafzik die zweite erfolgreiche 400-Meter-Hürdenläuferin nach Stefanie Kampf, die im Jahr 2004 für die Olympischen Spiele nominiert worden war. „Die 400-Meter-Hürden sind eine wahnsinnig spannende Disziplin. Da ist viel Taktik dahinter, der Rhythmus ist eine Herausforderung, man arbeitet von Hürde zu Hürde.“ Für den Sindelfinger kam der Goldmedaillengewinn von Berlin überraschend, „ich wusste aber spätestens nach den Vorläufen, dass der Titelgewinn nicht unmöglich ist, allerdings nicht diese Zeit. Sie hat einen fast fehlerfreien Lauf hinbekommen“, freut sich Werner Späth über den Coup seiner Athletin.
Sebastian Marcard, 43 Jahre alt, hat seinerseits auch schon einiges an Erfahrung vorzuweisen, schließlich begann er seine Trainer-Karriere als 19-Jähriger. Nach vielen Jahren als Tübinger Trainer zog es Marcard 2011 nach Sindelfingen, wo er eine umfangreiche und leistungsstarke Trainingsgruppe betreut. Heute ist Preis sein einziger Schützling, er legt Wert darauf seinen Athleten vollumfänglich zu betreuen. „Constantin bekommt von mir eine Rundum-Betreuung. Wir versuchen das Beste rauszuholen. Das beginnt bei der Ernährungsplanung, dem Krafttraining oder dem Mentaltraining.
Ich gehe sehr analytisch vor, da spielt sicherlich auch mein Controlling-Beruf eine Rolle, ich bin Statistiken-geschädigt“, sagt Marcard lachend. So weiß er auch den Goldlauf von Preis detailliert zu analysieren – und zu kritisieren: „An den Hürden acht und neun hat er einen Schnitzer gemacht und dann auf der Zielgeraden die Arme zu früh hochgerissen.“ Deswegen schätzt Sebastian Marcard, dass zumindest für das kommende Jahr eine Steigerung um eine halbe Sekunden möglich ist: „Er ist mit viel Talent ausgestattet, Potenzial sehe ich gerade bei der Anlaufgeschwindigkeit in der ersten Kurve.“
Doch nun steht beiden Trainern erst einmal die nächste Herausforderung bevor. Von den Weltmeisterschaften trennt Krafzik nur noch die Erfüllung der zweiten WM-Norm als Stabilitätsleistung, Preis muss für die Erfüllung der ersten WM-Norm noch zwei Hundertstel-Sekunden schneller laufen und beides geht nur in einem entsprechend schnellen Teilnehmerfeld. In Belgien hat das noch nicht geklappt. „Wir hoffen jetzt, zu einem Rennen in Bellinzona eingeladen zu werden“, sagt Werner Späth. „Constantin ist zum Diamond-League-Meeting in Zürich im Rahmen eines U23-Laufes eingeladen und wird dort versuchen die Norm zu knacken. Das Feld ist eine Revanche für die U23-Europameisterschaften. Das wird ihn entsprechend motivieren“, weiß Sebastian Marcard.
Doch die Planung der beiden Trainer geht längst über dieses Jahr hinaus. In 2020 stehen schließlich die Olympischen Spiele in Tokio an. Und Sebastian Marcard weiß: „Im nächsten Jahr wird es noch anspruchsvoller. Die Platzierung im World Ranking ist entscheidend und da zählt der Fünferschnitt der besten Wettkämpfe. Hier kommt es nicht nur auf die reine Zeit an, sondern auch auf die Hochklassigkeit des Wettkampfes und die Platzierung. Das bedeutet für uns: Constantin wird nur noch internationale Meetings wahrnehmen.“ Auch Werner Späth, der auch nach diesem Jahr eigentlich aufhören wollte, kommt wohl nicht drumherum noch ein Jahr dranzuhängen. Schließlich hält er mit seiner Athletin alles für möglich. Es wäre Späths siebte Athletin, die den Sprung zu den Olympischen Spielen schafft.
Quelle: SZ/BZ Online
Bild: Sebastian Marcard, Werner Späth SZ/BZ Online