Leichtathletik: Der Sindelfinger Stabhochspringer hat seine Karriere langsam ausklingen lassen / 5,77 Meter war die Bestleistung des 28-Jährigen
Hohe Sprünge, packende Wettkämpfe und sportliche Höhenflüge, all das hat Florian Gaul nun hinter sich gelassen. Der beste Stabhochspringer der Sindelfinger Vereinsgeschichte hat im Sommer die Spikes an den Nagel gehängt und wendet sich beruflichen Herausforderungen zu.
Am Ende war es ein langsamen Auslaufen nach mehr als einem Jahrzehnt Leistungssport. Wie viele Stabhochspringer hat auch Florian Gaul von Kindesbeinen an leistungsorientiert trainiert. Der ersten Karriere im Turnen folgte schnell die zweite in der Leichtathletik. Schon im Alter von 15 Jahren zeigte sich das Talent des Athleten im Stabhochsprung, schnell kam der Erfolg. „Das mit dem Leistungssport hat sich so entwickelt. Anfangs habe ich viel trainiert, weil es Spaß gemacht hat, dann kommt der Erfolg und es macht noch mehr Spaß, man entwickelt Ehrgeiz und will immer besser werden“.
Mit dem Stabhochsprung hatte Gaul seine Sportart gefunden. Am hochkomplexen Bewegungsablauf, zuerst der schnelle Anlauf mit dem langen Stab, dann das Einstechen und in kurzer Abfolge das Abspringen und Aufrollen in luftige Höhen tüftelte er fortan herum. „Ich feile gerne an Details bis alles perfekt ist. Dass man im Stabhochsprung den perfekten Sprung erwischt, ist schon ziemlich schwer“, sagt der inzwischen 28-Jährige. Dazu kommt: Nicht nur der Bewegungsablauf ist entscheidend. „Viele Zubringerleistungen sind wichtig, etwa Schnelligkeit, Kraft oder Sprungkraft. Das macht das Training sehr abwechslungsreich“, weiß Gaul. Aber eben auch immens zeitaufwendig.
Zu Spitzenzeiten trainierte der Athlet des VfL Sindelfingen oft auch mehrmals am Tag, zuletzt waren es noch sechs Einheiten a drei Stunden pro Woche, dazu viele Termine beim Physiotherapeuten und natürlich die Wettkämpfe. „Ich bin immer gerne und viel bei Wettkämpfen gesprungen. Mich zu messen wenn ich fit bin macht einfach Spaß. Deswegen waren es auch oft rund 15 Wettkämpfe im Sommer, teilweise bin ich mehrmals in der Woche angetreten“, erzählt der Sindelfinger. Die viele Zeit hat Florian Gaul gerne investiert. Mit Begeisterung erzählt er von Trainingslager in Südafrika oder dem amerikanischen San Diego. „Das war ein schönes Leben während dem Studium, aber natürlich musste ich deswegen was meine frei gestaltbare Freizeit angeht zurückstecken. Dennoch bin ich einfach froh, dass ich es gemacht habe. Durch den Sport habe ich sehr viele gute Freundschaften gewonnen“.
Am liebsten denkt er an das Jahr 2016 zurück. Im Olympia-Jahr war der Sindelfinger in Topform und stellte mit 5,60 Metern schnell eine neue Bestleistung auf. Dann begann die Jagd nach der Norm für die olympischen Spiele in Rio de Janeiro von 5,70 Metern, doch leider gelang dem Athleten erst der beste Sprung seines Lebens als der Qualifikationszeitraum schon vorbei war. Die Spiele in Brasilien fanden ohne Florian Gaul statt, aber beim Internationalen Stabhochsprung-Meeting am Tegernsee drehte er voll auf. Erst die Überquerung von 5,70 Metern, dann flog der Stabhochspringer auch noch im ersten Versuch über 5,77 Meter und beendete den Wettkampf ohne einen Fehlversuch. „Das war der technisch beste Sprung, der Wettkampf wird mir immer in Erinnerung bleiben“, sagt Gaul. Doch mit den hohen Höhen wuchsen auch die Erwartungen. „Ich war der Meinung, dass es noch höher gehen muss und wollte mich im nächsten Jahr im Bereich über 5,70 Metern stabilisieren“, sagt der 28-Jährige. Die folgende Hallensaison verlief durchwachsen, dennoch qualifizierte er sich für seine erste internationale Meisterschaft bei den Aktiven. Bei den Hallen-Europameisterschaften in Belgrad war für den Sindelfinger allerdings kein Wettkampfsprung möglich. Im Einspringen brauch sein Stab spektakulär kurz nach dem Einstich, Florian Gaul zog sich eine schwere Handverletzung zu. Weil die Ärzte einen Riss des Daumeninnenbandes allerdings zu spät erkannten, ging wertvolle Zeit in Vorbereitung auf die Freiluftsaison verloren. „Ich konnte erst spät wieder springen, habe mich zu sehr unter Druck gesetzt und die WM-Norm verpasst, seitdem bin ich eigentlich meiner Leistung hinterhergesprungen und das macht wirklich wenig Spaß.“
2018 begann der Sportler zu grübeln, entschloss sich dann aber seine Karriere fortzusetzen, auch weil der Traum, es zu den Olympischen Spielen zu schaffen weiter ein großer Antrieb war. Als Florian Gaul sein Studium der Luft- und Raumfahrttechnik trotz zeitaufwendigem Leistungssport im Sommer mit einem guten Ergebnis abschließen konnte, reifte der Entschluss die sportliche Karriere zu beenden und ins Berufsleben einzusteigen. So hängte er im Sommer die Spikes an den Nagel und beginnt ab dem kommenden Jahr in Zürich zu arbeiten. „Ich bin froh jetzt nur noch Sport machen zu können, wenn ich Lust dazu habe und war in letzter Zeit öfters Golfen oder Joggen. Natürlich ist meine Karriere nicht so zu Ende gegangen wie erträumt, aber ich bin froh es versucht zu haben.“
Quelle: SZ/BZ-Online