Sportwelt: Die heimliche Pandemie

Fit fürs Leben: Diabetes und Übergewicht sollte man nicht auf die leichter Schulter nehmen, denn die Folgen können tödlich sein / SZ/BZ-Serie (Teil 18)

Laut Diabetes-Atlas der International Diabetes Federation aus dem Jahr 2017 liegt Deutschland mit einer Anzahl von 7,5 Millionen Diabetikern an zweiter Stelle in Europa und im internationalen Vergleich an neunter Stelle. 95 Prozent davon sind an einem Typ-2-Diabetes erkrankt, der in der Regel vor allem im höheren Lebensalter auftritt und mit Übergewicht und mangelnder Bewegung assoziiert ist. Die Folgen können tödlich sein.

Im Jahr 2010 sind ca. 175000 Menschen an Diabetes oder daraus entstehenden Folgeerkrankungen verstorben. Da stellt sich die Frage: Wie bekommen wir diese Pandemie in den Griff? Was sind die Gründe für das häufige Auftreten – vor allem des Diabetes Typ 2, dem sogenannten „Altersdiabetes“?
Der Begriff „Altersdiabetes“ ist heutzutage eigentlich längst überholt, da inzwischen sogar Kinder an diesem Krankheitsbild leiden. Gründe sind falsche Ernährung und zu wenig Bewegung. Wie letzte Woche bereits erklärt wurde, sind wir vom Körperbau her auf Bewegung ausgelegt, nicht auf das Sitzen vor einem PC oder Fernseher. Allerdings kann auch Bewegung nur bedingt ausgleichen, was heutzutage bei der Ernährung falsch gemacht wird.
Lange Zeit allein gelassen
Lange Zeit wurden Diabetikern überhaupt keine Ernährungstipps gegeben. Oft war und ist leider immer noch die Lösung, sich bei Bedarf einfach ein wenig mehr Insulin zu spritzen oder die Tablettendosis zu erhöhen. Wenn man sich aber vor Augen führt, dass Diabetes durch eine Insulinresistenz der Zellen und eine immer mehr ermüdende Bauchspeicheldrüse gekennzeichnet ist, sollte einem schnell klar werden, dass es viel effektivere und nachhaltigere Ansatzpunkte gibt.
Bekommt der Körper einfachen Zucker in Form von Süßigkeiten, Kuchen oder, Desserts, steigt der Blutzuckerspiegel relativ schnell an. Rezeptoren im Körper erkennen dies und veranlassen die Bauchspeicheldrüse, Insulin ins Blut auszuschütten. Insulin – ein anaboles (aufbauendes) „Speicherhormon“ – sorgt dafür, dass der Zucker schnell in den Zellen gespeichert wird und sich somit der Blutzuckerspiegel schnell wieder auf Normalniveau befindet. Hierfür hat jede Zelle Insulinrezeptoren: Registrieren diese Zellen Insulin, werden die Zellwände für Nährstoffe durchlässig. Somit wird Zucker schnell in die Zellen geschleust. Zu viel Zucker in der Blutbahn schädigt die Gefäße. Deswegen macht dieser körperliche Regelungsprozess Sinn.
Befindet sich in der Nahrung häufig viel Zucker, werden die Zellen „insulinresistent“. Das bedeutet, sie reagieren immer weniger auf das Insulin. Folge: Der Zucker verbleibt verstärkt in der Blutbahn. Gefäßschäden und Folgeerkrankungen wie Herzinfarkten, Arteriosklerose etc. sind Tür und Tor geöffnet.
Verlockende Falle
Vorsicht: Dieser Prozess wird im Grunde durch alle Kohlenhydrate gefördert, da diese im Körper immer in sogenannte „Einfachzucker“ aufgespalten werden. Der Insulinausstoß ist zwar bei hochwertigeren Kohlenhydraten geringer, aber auch hier wird die Insulinresistenz gefördert. Blöder Nebeneffekt: Wird im Körper Insulin ausgeschüttet, ist die Fettverbrennung gehemmt und der Körper auf „Speicherung“ programmiert. Fazit: Vor allem Kohlenhydrate machen wirklich fett. Somit führt auch der übermäßige Verzehr von Nudeln, Weißmehlprodukten, Reis zu Insulinresistenz, Übergewicht und Diabetes – insbesondere dann, wenn die Ernährung arm an Ballaststoffen ist und der Mensch sich zu wenig bewegt.
Was schließen wir daraus?
Um Diabetes zu verhindern oder auch bei einer bestehenden Diabetes-Erkrankung den Weg zurück zum „Nicht-Diabetiker“ zu finden, ist eine kohlenhydratarme Ernährung das A und O. Es gibt inzwischen genügend Fälle von ehemaligen Diabetikern, die durch eine Umstellung der Ernährung die Krankheit losgeworden sind. Dieser Weg ist natürlich bedeutend schwieriger als eine Tablette zu schlucken oder „einfach mehr Insulin“ zu spritzen – aber auch bedeutend nachhaltiger und gesünder.
Übergewicht kann mit einer Ernährung, die reich an Gemüse, Hülsenfrüchten, Nüssen, Samen, Kernen, Ölen, hochwertigen Proteinen aus Fisch und Fleisch und zuckerarmen Früchten ist, verhindert werden. Gleichzeitig vermeidet diese Ernährung eine Insulinresistenz und das Entstehen von Diabetes. Wer dann noch für viel Bewegung sorgt, der kann sich wiederum ab und zu einen „Ausrutscher“ in Form von Süßigkeiten, eines Kuchens oder auch mal einfach zu viel Essen erlauben. Die Betonung liegt auf „ab und zu“.
Warum ähnliche Regeln auch für den Blutdruck gelten, erfahren sie in der nächsten Serie.​
Bild: Zucker – manchmal offensichtlich, manchmal versteckt. Bild: Beats – Adobe Stock
Quelle: SZ/BZ-Online