Leichathletik: Die Karriere von Para-Kugelstoßer Niko Kappel begann vor zehn Jahren mit einer Mail
Im April 2010 schreib der WBRS Geschäftsführer Thomas Nuss an den früheren Landestrainer Speerwurf Frauen, Thomas Strohm, eine Mail und fragte: „Kannst du einen kleinwüchsigen Schüler aus Welzheim, der sehr gute Ansätze im Wurfbereich hat, trainieren?“ Sein Wurftalent hatte Niko Kappel zufällig bei einem Treffen des Verbands Kleinwüchsiger Menschen entdeckt.
„Der Verband hat Bundesjugendspiele gemacht, und Niko war allen haushoch überlegen“, erzählt Nikos Mutter Heike Kappel. Darauf fragte er beim Württembergischer Behinderten- und Rehabilitationssportverband nach Trainingsmöglichkeiten in der Behindertenleichtathletik nach. Er begann die ersten Wettkämpfe und sicherte sich bei Deutschen Meisterschaften in Bottrop 2010 mit einem Kugelstoß über 6,99 Meter die Fahrkarte in den Nationalkader der Behindertensportler.
„Und da stand plötzlich ein Neuer am Kugelstoßring“, erinnert sich Niko und meinte damit seinen damaligen Trainer Strohm. Der Waiblinger ist Spezialist für Wurfdisziplinen und sagt über Niko: „Er ist unheimlich talentiert und motiviert und weiß, wo er hinwill. “Bis ich 19 bin ist es mein Ziel einen Juniorenweltrekord zu ergattern und danach will ich in Rio eine Medaille.“ So nannte Kappel seine Ziele
Sein erster Internationaler Start war im August 2010 in Olomouc / Tschechien. Leider musste der Fünfzehnjährige in allen Disziplinen in der Altersklasse U23 starten und hatte somit mit Abstand das schwerste Los. Er wurde im Speer fünfter und im Diskus und Kugel Sechster.
Ein Jahr später gab es für ihn die ersten internationalen Medaillen bei den IWAS Junior World Games in Dubai. Nach Bronze im Diskus und Speer kam die Überraschung: Am 20.04.2011 flog die 3 kg Kugel mit 9,10 Meter zur Goldmedaille (1,15 Meter weiter als im Vorjahr). Dies wurde zu Hause mit einem großen Empfang gefeiert. Zu der Zeit war Niko Kappel der einzige Jugendliche aus Württemberg der auch international startete und in den folgenden Jahren immer auf dem Treppchen landete. Seine Leistungen hatten zur Folge, dass sein Trainer Thomas Strohm zum WBRS Landestrainer Para-Leichtathletik ernannt wurde. Es kamen nach und nach weitere Jugendliche zur Leichtathletik dazu und Strohm führte diese mit Lehrgängen an die intentionale Spitze heran. Sein wichtigstes Ziel war, dass es keine Parallelwelt in der Leichtathletik gibt. Er hatte aus seiner Zeit als Landestrainer beim Leichtathletikverband noch viele Kontakte. Diese waren hilfreich beim Vermitteln der jungen Nachwuchssportler in die Trainingsgruppen der Nichtbehinderten Vereine.
Ende 2014 trennten sich die Wege von Niko Kappel und Thomas Strohm. Der Landestrainer Wurf beim WLV Peter Salzer übernahm den Kleinwüchsigen in seine Gruppe. Eine neue Zeit begann für Niko. Er trainierte jetzt mit gleichartigen Top-Werfer*innen und stellt seine Technik auf Drehstoß um. Der Paukenschlag in seiner Karriere, der alles auf den Kopf stellen sollte war 2016 in Rio de Janeiro der paralympische Sieg im Kugelstoßen der Klasse F41, den er mit einem Zentimeter Vorsprung gegen den polnischen Weltrekordler Bartosz Tyszkowski gewann.
Dieses Jahr verhinderte Corona seine Titelverteidigung, aber das Ziel ist im Focus. Kappel ist inzwischen Berufssportler und mit seinem neuen Trainer Salzer auch schon 5 Jahre zusammen.
Sein früherer Trainer hat inzwischen mehrere weitere Württemberger zu Juniorenweltmeisterschaften gebracht, die ebenfalls einige Medaillen gewannen. So wuchs die Zahl der Jugendlichen Athleten in den zehn Jahren von einem einzigen auf rund dreißig Starter und Starterinnen.
Mit ein Grund waren die von Strohm 2015 gegründeten Para-Leichtathletik Landeshallenmeisterschaften, bei denen der Nachwuchs erste Erfahrungen sammeln kann. Viele sind in den letzten Jahren auch schon bei der ebenfalls von Strohm gegründeten SG Baden-Württemberg Mannschaft bei „Jugend trainiert für Paralympics“ in Berlin gestartet.
Quelle: SZ/BZ-Online