Triathlon: Ein Traumtag voller Premieren

Triathlon: Für 430 Einzelstarter und 20 Staffeln kehrt am Sonntagmorgen im Sindelfinger Freibad ein bisschen Wettkampf-Normalität zurück – und doch ist vieles anders als sonst

Alles anders, das war klar. Aber wie fühlt es sich an, zu Corona-Zeiten einen Triathlon zu eröffnen? „Super“, sagte Daniel Wengenroth, nachdem er am Sonntagmorgen Punkt 9.30 Uhr bei Kaiserwetter den Startschuss gegeben hatte. Für die Kreissparkasse als Sponsor und Namensgeber des Wettkampfs im Sindelfinger Badezentrum war klar, auch in diesem Jahr dabei zu sein, wenn das Hygienekonzept passt und die Rahmenbedingungen stimmen.

Dieses Mal schickte er kein geschlossenes Feld auf die Reise. Immer schön mit Abstand reihten sich die Sportler vor der Schwimmdisziplin am Beckenrand auf, glitten dann einzeln ins Wasser und legten im 30-Sekunden-Abstand los. So etwas gab es noch nie, und für Wibke Degrell von der TSG Balingen war das noch etwas besonderer als für alle anderen. Sie durfte als erste ins Becken. Ein bisschen nervös, aber auch happy darüber? „Teils, teils, wenn einem das ganze Feld im Rücken sitzt.“

Anschließend ging es im Linksverkehr auf die mit 400 Metern verkürzte Strecke. Dort immer wieder auf eine neue Bahn, zwischendurch dabei unter den Trennleinen hindurch. Überholt wurde in der Mitte, coronakonform und mit Abstand. Damit das hinhaut, schaute Anette Winkler vom Baden-Württembergischen Triathlonverband mit ihren fünf weiteren Kampfrichtern genau hin. Aber wie genau? „Es ist ein Jedermann-Triathlon und keine Weltmeisterschaft“, sagte sie.

Die Pfeife hatte sie dennoch dabei, wobei mehr erklärt und ermahnt als bestraft wird. Zur Not aber auch die Gelbe Karte als Verwarnung. Beim nächsten Mal gäbe es dann Rot, was bedeutet, dass der Athlet den Wettkampf zwar fortführen darf, aber aus der Wertung fliegt. Und die Blaue Karte inklusive Zeitstrafe gibt es für diejenigen, die auf dem Rad im Windschatten fahren. Allerdings waren Strafen Mangelware. Ärgerlich nur, wer seinen Start verpasste, denn für Nachzügler gab es bei diesem Zeitplan leider kein Erbarmen. Drei Sportler bissen in diesen sauren Apfel.

Die neun Helfer der Schwimmabteilung des VfL Sindelfingen hatten durch diese Neuerungen ziemlich leichtes Spiel. Sie mussten keine Bahnen zählen und den Sportlern nicht auf die Sprünge helfen. Das Team um Bernhard Kömpf packte trotzdem gerne an, damit dieser Traumtag bei Kaiserwetter auch glatt läuft. Wobei das Urgestein der Abteilung zugab: „Ein normaler Triathlon macht schon etwas mehr Spaß.“

Davon konnte bei Werner Sikorschi in der zweiten Wechselzone vom Rad in die Laufschuhe keine Rede sein: „Hier ist ganz schön was los.“ Dieser Bereich war mehr als doppelt so groß als sonst, damit kein Radständer mehrfach belegt ist. Manche fanden ihre Schuhe nicht und irrten umher. Hier waren die Helfer von den VfL-Triathleten im Dauerstress.

Um die 100 Helfer packten insgesamt mit an. „Wahnsinn, das ist doch klasse. Und fast wie ein Familientreffen“, sagte Karen Stahl, die zusammen mit ihrem Mann Axel für das Event verantwortlich zeichnete. Darunter auch wie immer die Boxer des VfL Sindelfingen. „Ich glaube, die Kontakte dafür hatte einst unser Edelhelfer Bernd Ammer geknüpft, der bei ihnen im Box-Zentrum trainierte. Sie sorgte auf der Strecke ebenso für Ordnung wie die Ehninger Triathleten, die seit jeher mit anpacken. Und zum Glück mussten sich die Helfer vom DRK um keine schlimmen Blessuren kümmern.

Apropos auf der Strecke: Da war Streckenchef Nils Stahl schon kurz nach 8 Uhr gefordert, als eine kleine Imponderabilie dazwischen kam. Im Freien hinter der Klosterseehalle gab es einen Gottesdienst. Kurz stand im Raum, für deren Besucher einen Korridor einzurichten, damit diese sicher von A nach B kommen. Das wurde dann doch verworfen, Nur zwei Athleten meckerten kurz darüber, dass sie Schwung rausnehmen mussten. Aber das waren leicht hinzunehmende Kollateralschäden.

Prominenz an der Strecke: Die Darmsheimerin Luisa Moroff schaute vorbei. Ihre Triathlonsaison hat sie abgehakt, will aber so schnell wie möglich wieder auf die Insel. Oder besser: Nach Hawaii. In Sindelfingen revanchierte sie sich und drückte Claudia Kohler die Daumen, die tags zuvor bei einer wahren Ochsentour Bestand geleistet hatte. Weil in diesem Jahr der Schwarzwald-Ultra-Radmarathon ausfiel, spulte Luisa Moroff die 240 Kilometer lange Strecke mit 4000 Höhenmetern ganz für sich ab. Denn: „Nächstes Jahr will ich wieder angreifen.“

Leichtes Spiel hatte Olaf Labrenz von den VfL-Leichtathleten, der den vorderen Teil der ersten Wechselzone betreute. Hier schlüpften die Sportler in die Sport- oder Radschuhe und liefen rüber zu ihren Rädern am Südbecken. Manche Spezialisten auch barfuß, weil ihre Schuhe schon am Rad hängen. Alle jedoch mit Helm und geschlossenen Riemen. Und die Athleten spurten, auch wenn sie sich mal bei der Streckenbesichtigung falsch einordneten: „Es ist einfach eine klasse Atmosphäre. Alle ziehen mit, weil sie dankbar sind, dass mal wieder etwas stattfindet. Da helfe ich sehr gerne“, sagte Olaf Labrenz.

Das bestätigten die Teilnehmer. „Bisher war ja überhaupt nichts los in diesem Jahr. Es ist doch klasse, wenn mal wieder ein Wettkampf ist und man nicht immer nur vor sich hin prügelt“, sagte der Magstadter Achim Küschall, als er sein Rad über die Freibadwiese schob. Der Sindelfinger Feuerwehrmann Roman Dürr meinte: „Ich bin total glücklich über diesen Tag. Es ist doch ein Zeichen dafür, dass wieder etwas nach vorne geht. Man hat wieder ein Ziel, das ist doch mega schön“

Nach vorne ging auch Sven Egolf, der zwar nicht als Sieger, aber als erster überhaupt die Ziellinie überquerte. Der Karlsruher mit der Startnummer sechs hatte fünf Athleten überholt und war um kurz nach halb 11 Uhr und 1:02,15 Stunden Wettkampf im Glück. „Sowas habe ich auch noch nie erlebt, das keiner vor mir war. Ein Traumtag, Kompliment an die Organisatoren, die das in diesen Zeiten auf die Beine stellen. Es ist einfach schön hier.“

Das wiederum ohne jeden Zuschauer, was sich doch irgendwie komisch anfühlte. Den Charakter des Familienfestes gab es eher durch die Begegnungen der Sportler untereinander, vor allem, als die Staffeln dran waren. Zum Beispiel die Sindelfinger Frauen-Feuerwehrstaffel mit Alina Kroschwald, Franziska Lang und Sandra Michel oder der Promistaffel mit Sportbürgermeister Christian Gangl, Stadtwerke-Chef Dr. Karl-Peter Hofmann und Schwimm-As Martin Kutscher aus dem Sindelfinger Sportamt.

Quelle: SZ/BZ-Online