Schwimmen: Bei den Schwimmern ist Land unter
Beim VfL Sindelfingen brechen mit den Kursen Einnahmen weg, doch davon finanziert die Abteilung Trainer und Übungsleiter – und die Athleten hängen in der Luft
Alle Bäder machen zu. Vier Wochen lang. Die Schwimmer des VfL Sindelfingen kommen dadurch in große Not, selbst wenn es schon bald für die Spitzen-Athleten Ausnahmen geben sollte. Eine Abteilung hängt am Tropf.
Egal, wie es die Landesregierung am Montag herunterbrechen wird und ob vielleicht die schnellsten Asse doch noch ins Wasser dürfen: Dass die Kurse ausfallen, wirkt sich auch für den Spitzen- und Leistungssport aus. Denn dadurch wird dieser finfanziert.
Bernhard Kömpf nennt als Leiter der Schwimmschule des VfL Sindelfingen die nackten Zahlen. Pro Trimester gibt es im Normalfall um die 500 Teilnehmer. Babykurse boomen, Kinder und Erwachsene lernen schwimmen, Aquajogger trainieren Herz- und Kreislauf, Hobbyathleten feilen am Schwimmstil. Dadurch generiert die Abteilung pro Trimester Einnahmen in Höhe von 35 000 bis 38 000 Euro.
Dieses Geld ist wegen Corona schon im zweiten Trimester dieses Jahres weggebrochen. Und selbst wenn der aktuelle Lockdown tatsächlich nur vier Wochen dauern sollte, hat das Auswirkung nach hinten. Denn das aktuelle Kursjahr verlängert sich durch die Verschiebung schon bis Februar, während eigentlich das nächste schon im Januar beginnen sollte. Mehr noch: Da das Badezentrum ab Mai saniert wird, fällt auch das nächste ins Wasser. Schlussendlich dauern die Sanierungsarbeiten mindestens bis in den Herbst hinein. „Unterm Strich fehlt uns ein sechsstelliger Betrag“, sagt Bernhard Kömpf. Ein paar Reserven hat die Abteilung noch, aber nächstes Jahr wird es richtig eng. Dabei wollen auch der hauptamtliche Trainer Peter Lemesch und die Übungsleiter bezahlt werden.
Die Badschließung hat somit tatsächlich dramatische Auswirkungen im eigentlichen Wortsinn, denn es scheint keinen Ausweg zu geben. Dabei hatte die Abteilung das Schiff eben erst wieder auf Kurs gebracht. Bernhard Kömpf hatte ein Kozept präsentiert, bei dem Schwimmschüler trotz zusätzlich begrenzter Wasserfläche, bürokratischen Hindernissen und hygienisch bedingten Umwegen ins Wasser kamen. Um die 45 Kurse liefen – gereade nur zwar zweimal, jetzt ist Schluss.
Was das für die aktiven Schwimmer bedeutet? Noch ist nicht klar, wie radikal der Lockdown ausfällt, zumal Sindelfingen ein Landesstützpunkt ist und deshalb das Prädikat „besonders wertvoll“ trägt. Und keiner weiß, wo die Grenze gezogen wird, was in Corona-Zeiten schon fast dazu gehört. Denn wo beginnt der Spitzensport? 25 Stunden Training zusätzlich zur Schule sind normal. 100 Schwimmer gehören zu den Leistungsgruppen. Zu den 15 Kaderathleten in Sindelfingen kommen 15 weitere, die deutschlandweit zur Top 30 gehören und etliche schwimmen in ihren Altersklassen im Ländle ganz vorne mit.
„Aber wenn man jetzt nur an die absolute Spitze denkt, vergisst man diejenigen, die auf dem Weg dorthin sind“, sagt Peter Lemesch (Bild: Jahn/A). Gerade zwischen 13 und 17 Jahren sei es extrem wichtig, stabil und langfristig aufzubauen. „Mit dem Auf und Ab geht gar nichts. Ein Schwimmer lebt vom Wasser. Zehn Wochen hatten wir Trainingspause, das kann kein Schwimmer kompensieren. Die Saison war eh schon vermurkst. Einige haben es geschafft, sich wieder ran zu kämpfen. Es ist schon schwierig genug, dass es ohne Wettkämpfe auch keine Ziele gibt“, sagt Peter Lemesch, „jetzt kommen wieder vier Wochen, das ist eine Katastrophe.“
Bild: So sieht es aus, wenn Top-Athleten wie Marc Nüter loslegen. Sie gehören zur Spitze einer Abteilung, in der pro Trimister vom Baby bis zum Seniore 500 Teilnehmer in den Kursen schwimmen lernen oder sich fit halten. Bild: Beune/z
Quelle: SZ/BZ-Online