Leichtathletik: U23-EM: Ein Sindelfinger Leichtathlet startet für Slowenien
Robin Vrbek tritt bei der U23-Europameisterschaft in der estnischen Hauptstadt Tallinn in den Diskusring / Die Großeltern drücken in Tepanje ganz fest die Daumen
Ein Mal im Nationaltrikot bei internationalen Meisterschaften an den Start gehen – für viele Leichtathleten ein Traum der nur schwer zu erreichen ist. In diesem Jahr haben es gleich mehrere Sindelfinger Juniorensportler geschafft: Sie sind mit dabei, wenn am kommenden Donnerstag die U23-Europameisterschaften in Tallinn beginnen. Unter ihnen ist auch Robin Vrbek, der allerdings anders als seine Vereinskameraden den slowenischen Nationaldress tragen wird.
In Tepanje, nahe der österreichisch-slowenischen Grenze sitzen Vrbeks beiden größten Fans. An den Wänden hängen Zeitungsartikel über die Erfolge des Leichtathleten, der Sindelfinger ist hier mit seinen sportlichen Leistungen Stadtgespräch und die Großeltern fiebern bei jedem Wettkampf aus der Ferne mit. Riesig war deswegen die Freude im Hause Vrbek, als feststand: Robin wird im slowenischen Nationaltrikot bei den Junioren-Europameisterschaften antreten. Erst vor einer guten Woche nutzte er eine der letzten Gelegenheiten. Bei einem kleinen Abendsportfest in Freiburg fiel beim Diskuswerfer die entscheidende Marke von vierundfünfzig Metern. Mit 54,61 Metern übertraf er in seinem ersten Juniorenjahr die vom slowenischen Verband geforderte Norm.
Nachdem er in der Saisonvorbereitung erst mit Rückenproblemen, dann mit einer Weisheitszahn-Operation und einem gebrochenen Zeh zu kämpfen hatte, waren schon die ersten Wettkämpfe vielversprechend aber noch weit weg von der EM-Norm, die sich der Schützling von Trainer Artur Hoppe eigentlich auch erst für 2023 vorgenommen hatte. Dann wird der Sindelfinger noch immer in der U23-Klasse startberechtigt sein. „Ich hatte die Norm eigentlich nicht im Hinterkopf, sondern wollte mich im ersten Juniorenjahr erstmal an den schwereren Diskus gewöhnen.“
Doch dann wurde die Form immer besser und plötzlich war die Qualifikationsweite in greifbarer Nähe. „In Mannheim habe ich zum ersten Mal 53 Meter geworfen, dann sah es sehr machbar aus. Ich habe eine neue Stufe mit meiner Leistung erreicht, gefehlt hat nur der Ausrutscher noch oben, der zum Glück in Freiburg passiert ist“, sagt Vrbek. Den ersten Kontakt mit dem slowenischen Verband hatte der Diskuswerfer, der eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzt, schon in 2020. Enttäuscht vom Deutschen Leichtathletikverband, der ihm nach einer knapp verfehlten Norm die Kaderzugehörigkeit verwehrt hatte, sah sich Vrbek nach Alternativen um. „Ich kannte einige andere Athleten, die auch in Deutschland trainieren und durch ihre zweite Staatsbürgerschaft für ein anderes Land starten können, in dem die Normen oft niedriger sind“, sagt Vrbek.
Um für Deutschland starten zu dürfen, hätte er mit dem Diskus fünf Meter weiter werfen müssen. „Außerdem ist die Konkurrenz in Deutschland relativ stark. So bin ich schon letztes Jahr dort einem Verein beigetreten und bei den slowenischen Meisterschaften angetreten.“ Der Sindelfinger startet in Slowenien für den Verein Kladivar Celje und ist aktuell dabei, für seinen Club Punkte in einer Art Länderpokal zu sammeln. Gestern und heute ist er mit Kugel und Diskus unterwegs, die Großeltern freuen sich über den erfolgreichen Übernachtungsgast. Am Dienstag dann geht es für Robin Vrbek mit der Nationalmannschaft in den Flieger nach Tallinn. „22 Leichtathleten sind nominiert, wir fliegen als Team zur EM. Das geht jetzt sehr schnell, erst am Montag in dieser Woche habe ich die Nominierungsemail bekommen.“ Auch wenn Vrbek nur wenige Brocken slowenisch beherrscht, er freut sich auf das Erlebnis einer internationalen Meisterschaft. „Das wird ein cooles Event und gibt bestimmt ein besonderes Teamfeeling. Ich würde gerne die 54 Meter bestätigen, will aber sonst die Meisterschaft einfach genießen“, sagt der 19-Jährige, der in Estland seinen 20. Geburtstag feiern wird.
„Meine Großeltern sind sehr emotional dabei und sehr stolz und glücklich, dass ich für Slowenien starten kann. Hier kennt wirklich jeder jeden und viele haben schon nach Bildern von mir im Nationaltrikot gefragt.“ Nah dran zu sein bei Wettkämpfen ihre Enkels, wird für die Vrbeks in Zukunft allerdings nicht einfacher. Schließlich hat Robin Vrbek große Pläne. Schon im August geht es für den Werfer über den großen Teich. In Louisiana konnte er ein Sportstipendium an der hiesigen Universität ergattern. Dort findet der Sindelfinger ideale Bedingungen vor um Sport und Studium zu verbinden. „Bald geht es los, am 3. August geht mein Flieger in die USA, dort habe ich einen guten, jungen Trainer und bin gut aufgehoben“, freut sich Robin Vrbek auf neue Herausforderungen. In Amerika, am besten aber schon in Tallinn soll dann so bald wie möglich auch die nächste Marke fallen. Die persönliche Bestleistung von Trainer Artur Hoppe liegt im Diskuswerfen bei 54,86 Metern.
Bild: Robin Vrbek tauscht in der kommenden Woche das blaue Trikot mit dem Dress der Slowenen. Bild: Drechsel
Quelle: SZ/BZ-Online