2:1 der Sindelfinger Verbandliga-Kicker gegen Echterdingen
Fußball. Wie viel Rückschläge kann eine Mannschaft verkraften, bis sie irgendwann völlig in alle Einzelteile zerbricht? Zieht man dafür den VfL Sindelfingen als Beispiel heran, dann anscheinend eine ganze Menge. Denn, was die Mannschaft von Roberto Klug in dieser Saison unter teils widrigsten Umständen zustande bringt, ist kaum mehr in Worte zu fassen. Auch am Samstagnachmittag im Heimspiel gegen Calcio Leinfelden-Echterdingen gelang dem VfL ein Husarenstück. Erneut mit dem allerletzten Aufgebot ins Spiel gegangen, haben die Sindelfinger den ersten Dreier nach der Winterpause eingefahren.
Das ist umso erstaunlicher, da die Klug-Elf nach zuletzt nur einem Zähler aus vier Partien einen Gegner empfing, der nach acht Punkten im selben Zeitraum vor Selbstbewusstsein strotzte. Als Valon Dodaj nach einem Eckball in der 13. Minute Calcio Leinfelden-Echterdingen in Führung köpfte, schien sich die Sindelfinger Pleitenserie fortzusetzen. Zumal sich nur zwei Minuten später der erst wiedergenesene Raphael Molitor an die Wade griff und von Betreuer Wolfgang „Mecki“ Sturm vom Feld gestützt wurde. Bittere Diagnose: Muskelfaserriss und voraussichtlich vier Wochen Pause.
Das wiederum wäre kein Problem, wäre die VfL-Bank dieser Tage gut besetzt. Das ist sie aber schon seit Wochen nicht. Yannick Sagert war der einzige aus dem Kader des ersten Teams, der dort zu finden war. Mit Bauchgrimmen entschied sich Roberto Klug, seinen Innenverteidiger ins Getümmel zu werfen. „Dass Yannick nach seinen muskulären Problemen überhaupt zur Verfügung steht, gleicht einem Wunder“, überlegte der Sindelfinger Trainer ganze fünf Minuten, ob er das Wagnis eingehen sollte. „Er hat aber am Freitagabend signalisiert, dass er heiß war auf das Spiel.“
Und wie heiß Yannick Sagert war. Der 21-jährige Innenverteidiger war genau die Motivationsspritze, die der VfL in diesem Moment benötigte. Gegen verhalten auftretende Leinfeldener bissen sich die Sindelfinger in die Partie zurück, verlagerten das Spiel immer weiter in Richtung des gegnerischen Tores und glichen nach 29 Minuten aus. Yannick Sagert erkämpfte sich den Ball, schüttelte noch einen Gegenspieler ab und erzielte aus 13 Metern das 1:1. Der VfL-Coach war nicht nur wegen dieses Treffers zufrieden mit dem Auftritt seiner Elf: „Wir haben gefühlt 70 Prozent Ballbesitz und haben klasse auf unseren einzigen Fehler, der zum frühen Gegentor geführt hat, reagiert.“
Auch nach Wiederanpfiff änderte sich nichts an der Spielausrichtung der beiden Teams. Während die Gäste das Remis verwalteten und augenscheinlich über die Zeit retten wollten, blieben die Hausherren im Nachbarschaftsduell das aktivere Team. Eine Bogenlampe von Endrit Syla aus knapp 40 Metern klatschte in der 52. Minute an die Latte. Sechs Minuten danach ereignete sich aber der nächste personelle Rückschlag, der den VfL auch in den kommenden Wochen noch begleiten wird. Im Anschluss an einen Zweikampf zwischen Florian Feigl und Calcio-Akteur Andre Sirianni schickte Schiedsrichter Benedikt Fleig (FC 08 Villingen) kurzerhand beide Spieler mit direkt Rot vom Feld. „Flo ist in dieser Szene das Opfer“, konnte Roberto Klug die Entscheidung des Unparteiischen nicht nachvollziehen.
Auf das Spiel seiner Mannschaft wirkte sich das Fehlen des Kapitäns aber nicht negativ aus. Das Mehr an Platz wussten die Sindelfinger nämlich gut zu nutzen. Probleme bereitete den Gästen vor allem der quirlige André Simao, der im Verbund mit Alban Dodoli hinter ihm immer wieder das VfL-Spiel ankurbelte und auch einige Male in aussichtsreicher Position auftauchte. Zunächst blieb Calcio-Torwart Bleron Berisha im direkten Duell Sieger, nicht aber in der 89. Minute: Jürgen Schechinger setzte André Simao ins Szene, der schließlich das 2:1 erzielte. „Die Vorlage von Schechi war schon klasse, der Laufweg von André ebenso, und der Abschluss war dann die Krönung“, jubelte Roberto Klug.
Als kurz darauf Benedikt Fleig das Spiel abpfiff, war die kollektive Erleichterung bei Verantwortlichen, Spielern und Fans förmlich zu greifen. „Dieses Spiel heute zeigt, was diese Gruppe – Trainer und Spieler – ausmacht“, schwärmte der Sportliche Leiter Thomas Dietsche. „Nach zuvor drei Niederlagen und den frühen Nackenschlägen heute, nehmen sie das Herz in die Hand und tragen hier einen völlig verdienten Sieg nach Hause.“ Roberto Klug blies in das gleiche Horn: „Das haben wir gebraucht. So sehen Kampf, Willen und Leidenschaft aus.“
VfL Sindelfingen: Bachmann, Dodoli (90.+3 Kilinc), Molitor (21. Sagert), Sautter, Horny, Krauß, Feigl, Schechinger, Simao, Syla, Häcker
Bild: Trainer Roberto Klug und Marijo Milcic
Quelle: SZ/BZ-Online