Großer Bahnhof beim VfL Sindelfingen
35 Jahre beim VfL Sindelfingen kommen noch einmal hoch, als der ehemalige Geschäftsführer Roland Medinger drei Monate nach Eintritt in den Ruhestand einen großen Abend geschenkt bekommt.
Sport und Gesellschaft. 98 Namen stehen auf der Gästeliste. Wegbegleiter, Freunde, Partner. „Das alleine zeigt die ganze Wertschätzung für die Person Roland Medinger und auch seine Arbeit“, sagt die neue Geschäftsführerin beim VfL Sindelfingen, Anne Köhler. Im Ruhestand ist ihr Vorgänger seit drei Monaten, jetzt bekommt er auch seinen gebührenden Abschied. Natürlich samt Filmchen, in das Claudia Stretz viel Liebe steckt, weil die Buchhalterin so lange mit dem Roland zusammen arbeitete.
Ein Yeti zieht ein
VfL-Präsident Dr. Heinrich Reidelbach bemüht in seiner Laudatio unter anderem das gute Händchen in Sachen Wirtschaftlichkeit, was den Verein jetzt sehr gut dastehen lässt. Oberbürgermeister Dr. Bernd Vöhringer ist sich sicher, dass der VfL ohne Medinger nicht so dastehen würde wie heute. Als der „Yeti“, wie der 65-Jährige wegen seiner Haarpracht genannt wurde, als er vom Jugendhaus Leinfelden/Echterdingen kam, sein Büro bezieht, gibt es hier dreieinhalb Stellen. Heute stehen um die 50 Mitarbeiter auf der Lohnrolle.
Er verändert die Blau-Weißen auf vielen Ebenen. Am 1. April 1986 beginnt er als Jugendreferent, den sehr traditionsbehafteten Verein in einen flotten Klub umzubauen. Fast mit seinem Amtsantritt am 1. Januar 1991 startet er als neuer Geschäftsführer mit der Planung des Sportparks in der Innenstadt. Spätestens die heutige Sportwelt als Cash-Kuh führt sogar zu Dividenden, die in die Abteilungen abfließen, gleichzeitig kämpft Medinger immer um die Stellung und Wertschätzung des Sports.
Aus Kroatien und der Schweiz
Und er bleibt ein glänzender Stratege. Die Ehrenpräsidentin Anke Lončarić, früher Maruschka, bringt es auf den Punkt: „Bei Sitzungen war er der bestvorbereitete Teilnehmer. Und wenn irgendein engagierter Vorstand mit einer wahnwitzigen Idee um die Ecke kam, nahm er diese interessiert und aufmerksam entgegen. Dann hielt er eine Gegenrede, die so lange und ausdauernd war, dass die Idee irgendwie im Sande verlief.“
Apropos Präsidentin. Anke Lončarić reist aus Kroatien an, wo sie ihre einstige Jugendliebe Emir heiratete. Annette Bronder kommt aus ihrem Büro in der Schweiz, in der sie ihr Büro hat. Zuletzt war Dr. Heinrich Reidelbach der sportpolitische Partner von Roland Medinger. Und mit dem verstorbenen Karl-Heinz Reinheimer, der den jungen Roland Medinger ins kalte Wasser warf, sind es stolze vier Präsidenten, die der Tailfinger erlebt.
Lederhose? Nein, Danke
Es ist ein schöner Abend in der Sportwelt. Bei Fingerfood des Sindelfinger Metzgers Werner Mornhinweg und aus dem Hotel Erikson, dazu Getränken von Tobias Faude und Joachim Breitmayer, die die neue Gastronomie beim VfL übernehmen, wird es sehr persönlich. Auch in der Talkrunde, die SZ/BZ-Verlagsleiter Hans-Jörg Zürn moderiert. Horst Thome bedauert als Dienstältester im VfL-Vorstand, dass es ihm nie gelungen sei, Roland Medinger für den Wasenbesuch in eine Lederhose zu quatschen.
Harald Link wird als Kollege auf Augenhöhe bei der SV Böblingen Weggefährte und Freund, Roland Medinger nimmt ihn gleich mit in den Kreis der Geschäftsführer der regionalen Sportvereine. Dort wird gefragt, ob er der Neue auf dem SVB-Schleudersitz sei. Da wiederum sitzt Harald Link seit 20 Jahren drauf, das größte gemeinsame Projekt ist wohl die Handball-Liaison zwischen Sindelfingen und Böblingen.
„Gekämpft wie ein Löwe“
Hans-Jörg Zürn lernt Roland Medinger dagegen in seiner Zeit als Sportredakteur intensiv kennen und schätzen. So pflichtet er bei, als die Gäste wiederholt dessen Akribie und Hartnäckigkeit aufs Tableau bringen: „Er hat für den Sport gekämpft wie ein Löwe, aber immer auf Basis von Fakten und nie mit Emotionen. Und er wollte immer die Bedeutung des Sports in der Gesellschaft verankern. Es ging ihm um das Selbstbewusstsein des Sports.“
Selbstbewusstsein, das Roland Medinger so manches Mal auch zeigt, wenn er bei Festen und Empfängen der erste am Büffet ist. Zweimal kommt diese Anspielung, der Protagonist entgegnet nüchtern: „Da musst du ein starker Charakter sein.“ Das war er in der Tat im Job, das bleibt er auch nach Dienstende als Mensch.
Bild: Der ehemalige Geschäftsführer und drei seiner Präsidenten. Links Dr. Heinrich Reidelbach (seit 2016 im Amt), dazu Anke Lončarić (1994 bis 2010) und Annette Bronder (2010 bis 2016). Der erste Präsident, mit dem der Tailfinger arbeitete, war Karl-Heinz Reinheimer (verstorben im Jahr 2013).Bild: Dettenmeyer
Quelle: SZ/BZ-Online