Judo: Sindelfingen: Judo-Comeback mit 1500 Kämpfern

Der VfL meldet sich mit Mammut-Turnier zurück

Der VfL Sindelfingen bringt am Samstag und Sonntag das internationale Turnier zurück in den Glaspalast. Und: Die Abteilung stellt sich neu auf und stemmt sich mit aller Macht gegen den Mitgliederschwund der letzten beiden von der Pandemie geprägten Jahre.

Sindelfingen. Es liegt noch keine Matte, und trotzdem ist der Rekord geschrieben. Längst stehen über 1500 Namen auf der Liste, mehr geht nicht, und trotzdem schiebt der VfL in der einen oder anderen Klasse noch einen Kämpfer rein. Das internationale Judoturnier feiert sein Comeback im Glaspalast und damit auch endlich das 20-jährige Jubiläum, das wegen der Corona-Pandemie zweimal verschoben wurde.

Die ganze Abteilung hängt sich rein. Zum einen, weil sie heiß ist auf großen Sport. Zum anderen, weil es nötig ist. In den letzten beiden Jahren sind die Mitgliederzahlen um etwa ein Viertel auf 300 gesunken. Das liegt wie bei allen anderen Sportarten daran, dass während des sportlichen Lockdowns die Angebote ausfielen. Diese wiederum richten sich beim VfL Sindelfingen zu einem großen Teil an den Nachwuchs – der den Weg eben nicht mehr ins Dojo fand.

„Von analog zu digital“

Auf der einen Seite führte das dazu, dass sich die Abteilung gezwungenermaßen neu erfand. Dass diese jetzt auch einen komplett neuen Vorstand hat, ist eine Konsequenz daraus. „Wir haben im Prinzip den Wandel von analog zu digital vollzogen“, sagt der stellvertretende Vorsitzende Christ Behr. Der neue Abteilungsleiter René Schneider ergänzt: „Im Prinzip haben wir ein neues Zeitalter eingeläutet.“

Beide hatten zuletzt schon an der Spitze mitgearbeitet. Andreas Wegner war weit über zehn Jahre lang der Chef. Der Sindelfinger hatte mit seinem Team um Schatzmeister Christian Hempel und Schriftführer Harald Widlroither Strukturen geschaffen, die für ein bombenfestes Fundament sorgten. Mit Thomas Wild und Frixos Raidos gab es zwei hauptamtliche Trainer, die unter anderem in Sindelfinger Kindertagesstätten den Verein vertraten und sichtbar machten, dazu aber auch im Dojo auf der Matte standen.

Das war während der Pandemie nicht mehr möglich. Die logische Folge: Thomas Wild wechselte zu seinem Vollzeitjob ins Krankenhaus. Frixos Raidos kehrte in seine Heimat nach Griechenland zurück. Hauptamt im Judo war nicht mehr möglich. Ob es zu diesem Muster zurück kommt, ist unklar. René Schneider: „Wir haben das wie bei einem Controlling bewertet. Der Aufwand stand in keinem guten Verhältnis zum Ertrag.“

Einen hauptamtlichen Trainer gibt es aber mittlerweile wieder, wenn dieser auch nicht mehr in die Kitas geht, sondern sich speziell um den Nachwuchs und die Junior-Coaches bemüht. Die Vorbereitung auf die Paralympischen Spiele hatte Gadiel Miranda-Acevedo aus Puerto Rico nach Sindelfingen gelockt, wo er einen sehbehinderten Athleten auf Tokio vorbereitete. Bei dessen zweitem Aufschlag im Glaspalast kurz vor den Spielen waren die Bande geknüpft, jetzt steht er beim VfL in Lohn und Brot.

Ohne die Judofreunde geht nichts

René Schneider beschreibt den 34-jährigen als „jungen, bestimmten Kerl und großes Sprachtalent, der den B1-Sprachtest schnell bestanden hat, super Englisch und natürlich Spanisch spricht, dazu auch ein paar Brocken Russisch“. Finanziert wird er über Mitgliederbeiträge und auch über die Mittel der Sindelfinger Judofreunde. Ohne die Förderung durch vor allem ehemaliger Kämpfer und Mitglieder, „geht bei uns nichts“, sagt Chris Behr.

In erster Linie soll sich Gadiel Miranda-Acevedo um das Junior-Trainerteam kümmern, wobei immer mehr 13- bis und 17-jährige in neue Rollen schlüpfen oder auch 18- oder 19-jährige Studierende auf 450 Euro-Basis arbeiten. René Schneider: „Der Fokus liegt auf dem Breitensport, von dort holen wir Leistungsträger raus“, sagt René Schneider, wobei Chris Behr speziell zum Bundesligateam sagt: „Diese Athleten sind von der Abteilung abgegrenzt und laufen weitgehend autark.“ Dabei gilt aber auch für den Unterbau: Grundsätzlich geht es in zwei Richtungen: Auf der einen Seite mit Schwung in die sportlichen Wettkämpfe, die andere beschreitet den Weg der traditionellen Judo-Philosophie und folgt den Farben der Gürtel.

Neue Spitze, starkes Turnier

Grundsätzlich soll die Judo-Abteilung wieder zusammenwachsen, nachdem sie zuletzt wie viele andere auf Abstand gehen musste. Daran arbeitet der neue und junge Vorstand René Schneider, Chris Behr, Denis Olemberg, Simon Kristen, Stavros Giogiakas, Mike Maes und Harald Widlroither. Dass das schon funktioniert, wird dieser Tage deutlich. Das internationale Turnier im Glaspalast wird wieder so groß, dass es sogar die Schweizer Nationalmannschaft zum Ranglistenturnier ausschreibt. Es gehen nach Geschlecht getrennt Sportler in den Altersklassen U11, U13, U15, U18 und U21 auf die Matte, dazu die Erwachsenen.

Sportlich wird es das Weltklasseniveau eines Grand Prix in voller Breite nicht erreichen, aber doch vereinzelt geben. Es reisen Athleten aus Aserbaidschan, Großbritannien, Frankreich und vielen anderen Ländern an, vor allem die Holländer machen aus dem Glaspalast-Umfeld am Wochenende eine Camping-Landschaft. René Schneider: „Das Turnier hat seit jeher eine unglaubliche Strahlkraft. Es gibt einfach nichts Vergleichbares.“ Und dafür bauen die Jugendtrainer mit ihren Zöglingen ab Freitag alle mögliche Matten auf.

Wenn es dann am Samstag und Sonntag rund geht, braucht es alleine für den Betrieb an den Matten über 60 Helfer. Susanne Häßner organisiert das Catering, bei dem es Frühstück gibt und den Grillstand, Waffeln und Brötchen, Pizza, Kuchen oder Obstcups. Weit über 100 Händepaare packen an. Wer kann und nicht im Urlaub ist, ist auf den Beinen. Hinterher gibt es dann sogar noch ein Trainingslager, das natürlich in Windeseile ausgebucht war. Zwischendurch lockt der Bundesligakampf des VfL Sindelfingen gegen Heidelberg/Mannheim. Ein Derby am Samstagabend zur besten Zeit um 19.30 Uhr auf höchstem Niveau, dabei Eintritt frei, mehr geht nicht.

Info:

Das Internationale Judoturnier im Glaspalast läuft am Samstag und Sonntag ab morgens.

Am Samstag um 19.30 Uhr gibt es dazu den Bundesligakampf des VfL Sindelfingen gegen Heidelberg/Mannheim. Der Eintritt ist frei.

Über die Seite www.vfl-sindelfingen.de und die Instagram-Seite der Judokas kommt man zu weiteren Informationen und kann sich auch die Trainingszeiten anschauen. Unter anderem gibt es wieder einen Anfängerkurs für Kinder ab sechs Jahren. Dieser läuft dienstags von 16 bis 17 Uhr.

Kontakt: info@judosindelfingen.de

Bild: Am Wochenende kehrt mit dem internationalen Turnier der ganz große Judo-Sport in den Sindelfinger Glaspalast zurück. Bild: z

Quelle: SZ/BZ-Online