Alexandra und Annett Kaufmann
So ändern sich die Zeiten: Über lange Jahre war Alexandra Kaufmann nicht nur die große Schwester von Annett, sondern auch deren großes Vorbild in Sachen Tischtennis.
Tischtennis. In den Jugendjahren fuhren die beiden reihenweise Erfolge auf überregionaler Ebene ein, sogar gemeinsam am Tisch wurde man baden-württembergische Meister im Damen-Doppel. Während die inzwischen 16-jährige Annett Kaufmann derzeit auf internationaler Ebene für Furore sorgt, haben sich bei der gut vier Jahre älteren Schwester mittlerweile die Prioritäten etwas verschoben. Nur eines ist geblieben: Alexandra ist immer noch die große Schwester.Und das, obwohl Annett mittlerweile locker die 1,80 Meter-Marke touchiert hat. Da kann Alexandra nicht mehr ganz mithalten. Und auch spielerisch hat Annett, die im vergangenen Jahr gleich fünf Mal Europameisterin wurde (drei Mal bei U 15, im U 21-Einzel und mit dem Damentam), mehr als nur eine Schippe draufgelegt. „Es ist nicht so krass, wie manche Leute denken“, sagt Alexandra, wenn man sie auf die Situation im Schatten des Emporkömmlings aus der eigenen Familie anspricht. „Ich war ja früher im Nachwuchsbereich auch erfolgreich. Zugegeben, ein kleiner Knackpunkt war es schon, als Annett auf die Überholspur überging.“ Alexandra erinnert sich, dass sie in dieser Phase mehr mit sich selbst haderte. „Aber es war natürlich nie so, dass ich ihr den Erfolg nicht gegönnt hätte. Sie ist schließlich meine Schwester. Und so gönne ich ihr von Herzen jeden Einzelsieg, jedes Erfolgserlebnis und ich fiebere regelmäßig bei ihren wichtigen Spielen mit. Wenn es denn meine Zeit zulässt.“ In der Tat, über Langeweile braucht sich die 20-jährige Alexandra Kaufmann aktuell nicht beklagen. Im Frühjahr hat sie ihr Lehramtsstudium (Geschichte, Sport) begonnen, außerdem steht weiterhin der Tischtennissport im Vordergrund. Allerdings weniger beim eigenen Spiel, sondern vielmehr bei ihrer laufenden A-Lizenz-Ausbildung und ihrer Arbeit bei compass, einer Stiftung, die sich zum Ziel gesetzt hat, junge, ambitionierte Tischtennistalente zu beraten, zu fördern und auf ihrem Weg an die Spitze zu begleiten. Bei compass zeigt sich Alexandra Kaufmann für die Pflege der Sozialen Medien verantwortlich. Ein bis zwei Mal pro Woche unterstützt sie Landestrainer Momcilo „Mozza“ Bojic bei den Behindertensportlern.
„Bei all den Aufgaben kommt mein eigenes Tischtennisspiel etwas zu kurz“, sagt Alexandra Kaufmann, die bekanntlich in der kommenden Saison bei Drittligist VfL Sindelfingen an den Tisch geht, „die Woche ist auch ohne eigenes Training ziemlich durchgetaktet. Manchmal bin ich abends einfach nur froh, wenn ich im Bett lieg.“ Freilich, solch ein Trainingspensum wie zuletzt in Reihen des Bundesligateams der SV Böblingen kann und will die 20-jährige Bietigheimerin nicht mehr absolvieren. Und so scheint die dritte Bundesliga recht gut zugeschnitten zu sein auf ihre Fähigkeiten. „Ich freue mich auf die neue Saison, auf etwa gleichstarke Gegner und eine recht junge Sindelfinger Mannschaft“, sagt sie. Angeführt von dem kasachischen Neuzugang Anastassiya Lavrova, dann mit Routinier Jasmin Lorenz-Kovacs, Fatme El Haj Ibrahim und dem zweiten Neuzugang Victoria Merz ist sich Alexandra Kaufmann sicher, dass der VfL „locker im Mittelfeld, vielleicht sogar weiter oben“ landen kann. Apropos Fatme El Haj Ibrahim: Zwischen der 12-jährigen Gäufeldenerin und Alexandra Kaufmann stimmt die Chemie schon seit einiger Zeit. In Trainerfunktion hat Alexandra Kaufmann ihren Schützling schon sehr häufig an der Spielfeldumrandung betreut, auch im Rahmen ihrer Ausbildung zur A-Lizenz-Trainerin spielt „Muma“ eine wichtige Rolle. „Mein Tischtennisfokus gilt in den kommenden Monaten dem Trainerjob. Ich weiß es zu schätzen, dass ich in meinem jungen Alter die Möglichkeit habe, die A-Lizenz zu erwerben.“ Und so könne sie sich durchaus vorstellen, einmal den Beruf als Trainerin auszuüben. „Wer weiß, vielleicht gibt es ja mal die Kombination „Kaufmann betreut Kaufmann“, sagt sie und lächelt, „das ist aber Zukunftsmusik, zuerst gilt es natürlich die nächsten Jahre das Studium durchzuziehen.“ In diesen Tagen fieberte Alexandra im Internet bei den Auftritten ihrer Schwester bei der U 19-Europameisterschaften in Zagreb mit. Die dann nächste Woche mit der einen oder anderen Medaille im Gepäck wieder im heimischen Bietigheim eintrudeln dürfte. „Und dann kann sie zuhause wieder die kleine, nervige Schwester sein. So wie früher. Diesbezüglich unterscheiden wir uns nicht von anderen Familien“, sagt Alexandra Kaufmann.
Bild: Die 20-jährige Alexandra Kaufmann ist in Sachen Tischtennis von ihrer vier Jahre jüngeren Schwester Annett längst überholt worden. Bild: Holzapfel
Quelle: SZ/BZ-Online