Leichtathletik: Simon Bayer und die Drehstoßtechnik

Das zweite Großereignis innerhalb weniger Wochen

Der Sindelfinger Kugelstoßer tritt bei der Europameisterschaft in München in der Qualifikation in den Ring.

Leichtathletik. Gleich drei Sindelfinger Leichtathleten haben es geschafft, sich für die Leichtathletik-Europameisterschaften, die vom 15. bis 21. August im Münchner Olympiastadion stattfinden zu qualifizieren. Für Simon Bayer ist die Heim-EM schon der zweite Einsatz im Nationaltrikot innerhalb kurzer Zeit.

Hinter Simon Bayer liegt ein weiter Weg an die Spitze. Als hochtalentierter Jugendlicher zog er mit 15 Jahren von Oberbayern an den Olympiastützpunkt Stuttgart, damals war der Mehrkampf noch seine Disziplin. Fern der Heimat wohnte er im Internat und trainierte hart. Schnell kristallisierte sich heraus: Das Talent hat im Kugelstoßen das meiste Potential. In der starken Stuttgarter Wurfgruppe um Trainer Peter Salzer fand er seine Heimat, der Wechsel zum VfL Sindelfingen im Jahr 2013 war die Folge.

Anders als die damals schon erfolgreichen Stoßer im VfL-Trikot, Marco Schmid und Tobias Dahm lernte Simon Bayer aber die Drehstoßtechnik, inzwischen im internationalen Umfeld dominierend. Erste Erfolge feierte der Athlet schnell. Die Sechs-Kilo-Kugel stieß er als U20-Athlet auf 19,91 Meter, im Jahr 2017 nahm er erfolgreich an der U23-EM im polnischen Bydgoszcz und belegte mit Bestleistung von 19,30 Metern Platz fünf. Zwei Jahre später fiel die wichtige 20-Meter-Marke und Simon Bayer gewann mit neuer Bestleistung von 20,26 Metern den deutschen Meistertitel.

Internationale Einsätze bei den Erwachsenen blieben dem heute 26-Jährigen lange verwehrt – in diesem Jahr ist es aber so weit. Erst rückte Bayer bei der Weltmeisterschaften in Eugene kurzfristig in die deutsche Mannschaft. Für die EM in München klappte es gleich auf Anhieb mit der Nominierung. „Ich nehme diese Saison als Belohnung wahr. Es lief nicht alles perfekt, aber mir war klar: Wenn ich das Rankingsystem gut nutze, kann ich international dabei sein.“

Und so konnte Simon Bayer bei seiner kurzfristig geplanten Reise in die USA wichtige Erfahrungen sammeln. Mit 19,71 Metern landete er in der Qualifikation auf Rang 23. „Ich konnte die WM für so vieles nutzen. Ich habe die Weltklasse beobachtet, direkt beim Wettkampf und in der Vorbereitung gesehen und mit vielen gesprochen“, sagt Bayer. Ihm sind vor allem die Lockerheit der Athleten und die intensive direkte Wettkampfvorbereitung aufgefallen. Profitiert hat der Sindelfinger von früheren Kontakten, in Phoenix holt er sich bis zum vergangenen Jahr regelmäßig Tipps vom früheren US-Athleten Ryan Whiting und lernte in der internationalen Trainingsgruppe viel dazu.

„Ich habe viel Zeit mit internationalen Freunden verbracht und die Wettkämpfe verfolgt. Besonders emotional war der Sieg von Chase Ealey im Kugelstoßen der Frauen. Ich kenne sie persönlich und weiß wie hart sie arbeitet, das war Gänsehaut pur.“

Wieder zurück in Deutschland hatte der Sindelfinger nicht viel Zeit zum Verschnaufen, schon in dieser Woche befindet er sich wieder im EM-Vorbereitungstrainingslager der Nationalmannschaft in Erding. Für Simon Bayer ist es eine Reise zurück in die Heimat, hier hat er seine Kindheit verbracht und die Grundlagen des Kugelstoßens erlernt. „In Erding kann ich mich komplett fokussieren und habe eine tolle Betreuung. Es ist mein erstes Pre-Camp überhaupt, auch wieder eine gute Erfahrung für meine Karriere.“

Noch wenige Tage hat der Sindelfinger, um an seiner Form zu schleifen. Am Montagmorgen eröffnen nämlich die Kugelstoßer die Europameisterschaften. Um 10 Uhr beginnt der Qualifikationswettkampf für Simon Bayer. Trainer Markus Reichle und Bayers Vater werden auf jeden Fall vor Ort sein, wenn der 26-Jährige im Olympiastadion in den Ring steigt. Drei Versuche hat er, um eine starke Weite zu erzielen „Mein Ziel ist es, im Finale zu stehen. Dafür muss ich aber meine Bestleistung abrufen. Das Finale wird nicht einfach, in Europa ist das Niveau deutlich gestiegen“, sagt der 20.41-Meter-Stoßer, der es für eine Finalqualifikation unter die zwölf besten Kugelstoßer schaffen müsste.

Nicht nur in den USA hat das Kugelstoßen mit der weiter entwickelten Drehstoßtechnik einen Sprung gemacht, auch viele europäische Stoßer haben die 21 Meter deutlich überwunden, die Leistungsdichte ist hoch. „Eine Europameisterschaft ist nicht leichter als eine Weltmeisterschaft, nur die Leistungen in der absoluten Spitze unterscheiden sich, die Breite stößt auf ähnlichem Niveau. Ich bin gespannt auf die Quali und bin vorbereitet. Ich möchte die EM in München genießen“, sagt Simon Bayer.

Bild: Vom Berliner Olympiastadion ins Münchner Olympiastadion: Der Sindelfinger Kugelstoßer Simon Bayer tritt bei der EM am Montag ab 10 Uhr in den Ring. Bild: Schüttke

Quelle: SZ/BZ-Online