Leichtathletik: WM-Bronze soll erst der Anfang sein

Der 19-jährige Tizian Lauria vom VfL Sindelfingen schürfte in Kolumbien Edelmetall. Jetzt wechselt er ins Erwachsenenlager, nimmt die U23-EM ins Visier und startet seine Ausbildung bei der Polizei.

Der große Auftritt von Tizian Lauria wirkt immer noch nach. Kugelstoßfinale in Kolumbien, bei den Jugend-Weltmeisterschaften geht es für den 19-Jährigen ans Eingemachte. Der Sindelfinger legt im Pascual Guerrero Stadion in Cali alles rein einem spannenden Wettkampf mit 20,55 Metern die Bronzemedaille, die erste der Meisterschaften für das deutsche Team. Spannend ist aber auch die Vorgeschichte, denn bis zum Medaillentriumph ist der Weg für den Sindelfinger kein leichter.

Weltspitze reicht fast nicht

Obwohl er sich schon im Juli mit seiner Bestmarke aus Riederich – die als Sindelfinger Vereinsrekord und Rekord des Württembergischen Leichtathletikverbands sicherlich lange unerreichbar bleiben wird – von 21,15 Metern sogar an die Weltspitze der U20 setzt, muss er lange um seine WM-Nominierung zittern. Durch einen Stau verpasst er am Tag des Nominierungswettkampfes eine Formalität, sein souveräner Sieg gegen die nationale Konkurrenz um die Startplätze fällt durchs Raster. Eine kurzfristige Entscheidung des Deutschen Leichtathletikverbands beschert ihm für das Last-Minute WM-Ticket „Das war ziemlich stressig, ich habe erst zwei Tage vor Abreise Bescheid bekommen und war wegen einer Grippe gar nicht mehr im Training“, sagt Lauria.

Nach dem Trainingslager nach Florida hebt der Flieger ab nach Kolumbien. Die lange Reise mit dem Nationalteam ist der Bringer. „Ich war davor noch nie außerhalb Europas, es war schön, das alles erleben zu dürfen. Toll, so etwas vom Sport geboten zu bekommen.“ Besonders die herausragenden Trainingsbedingungen in Florida begeistern den Sindelfinger. „Wir haben jeweils zu fünft in einer kleinen Villa gewohnt, hatten kurze Wege zum Stadion und das Wetter war ein Highlight. Die Luftfeuchtigkeit war extrem hoch“, erzählt er. Doch der Stress setzt ihm zu. „Als wir in Cali angekommen sind, war ich schon sehr aufgeregt. Außerdem hatte ich fast sechs Kilogramm abgenommen.“ Ein Telefonat mit dem ehemaligen VfL-Kugelstoßer Tobias Dahm beruhigt ihn wieder. „Er meinte ich kann, egal was ich wiege, weit stoßen. Der Qualifikationswettkampf lief ja auch gut und dann war meine Nervosität weg und ich wollte im Finale durchziehen.“

Da war sogar noch mehr drin

Mit seinem Auftritt am Finalabend hadert der 19-Jährige aber auch einen Monat später noch. „Technisch hat leider nicht viel geklappt. Ich habe keinen Stoß getroffen, die Kugel ist mir immer über den Finger gewischt. Ich war schon ziemlich sauer auf mich selbst.“ Bronze mit 60 Zentimetern unter Bestleistung ist dem Kugelstoßer auf den ersten Blick zu wenig. „Ich wäre gerne über mich hinausgewachsen, aber natürlich, es waren meine ersten internationalen Meisterschaften und die Erfahrung nimmt mir niemand mehr.“ Auch an die Ehrenrunde vor rund 10.000 begeisterten Zuschauern erinnert sich Lauria mit gemischten Gefühlen, an eine Deutschlandfahne für den Sindelfinger denkt niemand. „Jeder Athlet wurde aber abgefeiert, mich hat sogar das kolumbianische Fernsehen interviewt.“

Nun ist das letzte Jugendjahr Geschichte, Tizian Lauria startet ab jetzt in der U23-Klasse, was auch den Wechsel auf die schwerere 7,26-Kilogramm-Kugel mit sich bringt. „Ich werde noch intensiver trainieren, im Kraftraum muss ich einiges drauflegen und meine Stoßkraft steigern. Dann hoffe ich, dass sich nächstes Jahr die 7-Kilogramm-Kugel wie meine 6er in diesem Jahr anfühlt.“ 19 Meter sollen es mindestens sein. „Mit einem Ausrutscher würde ich gerne die 20-Meter-Marke angreifen. Mein großes Ziel sind die U23-Europameisterschaften“, formuliert der 19-Jährige seine Erwartungen an das kommende Jahr.

Uniform statt Sport-Trikot

Auch beruflich wird es anspruchsvoller für Tizian Lauria, nach einem Jahr Freiwilligendienst hat er im Juli seine Ausbildung bei der Polizei begonnen. Los geht es mit der neunmonatigen Vorausbildung an der Polizeihochschule in Herrenberg, dann folgen ein halbjähriges Praktikum und das Grundstudium. Der 19-Jährige ist Teil der Sportfördergruppe der Polizei, was aber nicht bedeutet, dass der Sindelfinger geschont wird. Für ihn wird es anspruchsvoll, den vollen Stundenplan und die zahlreichen Trainingseinheiten aufeinander abzustimmen.

Zumal jetzt die zeitintensive Saisonvorbereitung ansteht. In der vergangenen Woche hat Lauria sein Training wieder aufgenommen, nach drei Wochen Ruhepause für den Körper hat das erste Krafttraining für reichlich Muskelkater gesorgt. In den nächsten Tagen wird er dennoch bei den Polizeimeisterschaften in Dessau an den Start gehen und im Kugelstoßen und Diskuswerfen antreten. Die Konkurrenz ist groß, schon allein weil Trainingskamerad Eric Maihöfer als Bundespolizist ebenfalls in den Ring tritt.

Bild: Tizian Lauria peilt jetzt die U23-Europameisterschaften an. Der 19-jährige Kugelstoßer des VfL Sindelfingen hat noch lange nicht genug. Bild: Schüttke

Quelle: SZ/BZ-Online