400 Fans wollen Friedrichshafen sehen
Die Volleyballer des VfL Sindelfingen erfüllen in ihrem Spiel des Lebens gegen den VfB Friedrichshafen die Vorgabe von Trainer Oliver Dostal und zeigen sich mehr als achtbar aus der Affäre.
Volleyball. In einem Wettbewerb bei Instagram, ausgelobt vom Sportbekleidungshersteller „Erima“ aus Pfullingen, hatte sich Volleyball-Regionalligist VfL Sindelfingen das „Spiel des Lebens“ gegen den Erstligisten VfB Friedrichshafen gesichert (die SZ/BZ berichtete). Das Duell war die indirekte Revanche für ein Aufstiegsspiel von vor 38 Jahren, das Friedrichshafens Vorgängerverein, der VSG Bodensee, damals in rekordverdächtigen drei Stunden und 38 Minuten für sich entscheiden konnte und dadurch auch den Sprung in die höchste deutsche Spielklasse schaffte. Am Dienstagabend ging dieses „Spiel des Lebens“ vor den Augen von knapp 400 Zuschauern in der Sporthalle Stadtmitte über die Bühne. In Sindelfingen anwesend war auch der komplette Vorstand des Baden-Württembergischen Volleyballverbandes, der Zeuge wurde, wie die Friedrichshafener gegen tapfer aufspielende Sindelfinger am Ende standesgemäß mit 3:0 triumphierten.
Mit 25:13, 25:18 und 25:14 gingen die einzelnen Sätze wie erwartet an den Erstligisten. Aber vor allem den zweiten Durchgang konnte die Mannschaft von Oliver Dostal lange Zeit offen gestalten. Sehr zur Freude des fachkundigen Publikums, das sein Team frenetisch anfeuerte. Riesiger Jubel brandete auf, als VfL-Akteur Roman Scherer im Block keinen Geringeren als den WM-Vierten Ziga Stern düpierte und auf 14:17 verkürzte. Der slowenische Nationalspieler revanchierte sich aber umgehend und schlug der Sindelfinger Defensive die Bälle nur so um die Ohren. „Es ist immer wieder beeindruckend, wenn man diese Schnelligkeit und Kraft aus nächster Nähe sehen kann“, war der VfL-Trainer begeistert. Aber auch der Auftritt seines Teams gefiel Oliver Dostal: „Phasenweise konnte man erkennen, dass wir gut drauf sind. Wir haben gute Elemente gespielt.“
„Über zehn Punkte in jedem Satz“, so der VfL-Coach weiter, war das Ziel der Gastgeber, welches letztlich auch ohne Probleme erreicht wurde. Trainiert habe man im Vorfeld wie vor jedem Regionalligaduell auch. Lediglich die Sprungaufschläge des Gegners standen etwas mehr im Fokus. „Da kamen teils richtige Geschosse über das Netz“, musste Oliver Dostal grinsen. Die Einsatzzeit verteilte der Sindelfinger Trainer fair unter all seinen Spielern. Mit dabei war auch Alexander Haas, der seine Karriere nach der letzten Saison eigentlich beendet hatte. „Ein Mal die Woche schaue ich noch ins Training vorbei“, sagte der ehemalige Bundesligaspieler des TV Rottenburg. „Aber Oli wollte mich unbedingt hier dabei haben, also konnte ich nicht absagen.“
Mit seinen 40 Jahren war Alexander Haas aber noch nicht einmal der älteste Spieler auf dem Parkett. Teamkollege Martin Tischhäuser ist noch einmal 14 Jahre älter, mischte gegen Friedrichshafen aber munter mit – auch wenn er nur noch im Notfall als Spieler zur Verfügung steht. Als Bundesligaschiedsrichter ist er hingegen regelmäßig auch bei den Spielen der Friedrichshafener mit am Netz. Dass er von Seiten des VfB immer wieder gezielt bei Aufschlägen gesucht wurde, ließ seinen Coach ins Grübeln kommen. „Ich habe beim VfB nachgefragt, ob da vielleicht noch eine Rechnung offen sei“, konnte sich Oliver Dostal ein Lachen nicht verkneifen.
Nicht mir dabei sein konnte hingegen Sven Metzger. Der einstige Bundesligaspieler – ebenfalls beim TV Rottenburg aktiv – hatte sich vergangene Woche im Training die Bänder im Knöchel gerissen. „Na ja, wenn es schon einen von uns erwischt hat, dann zum Glück mich“, zeigte der Hauptangreifer der Sindelfinger, den sein Coach als „mit Abstand besten Spieler der Regionalliga“ bezeichnet. „Ich hatte schon einige Spiele gegen Friedrichshafen, deshalb freut es mich riesig für all die Jungs, dass sie mal in den Genuss kommen, gegen so eine Mannschaft spielen zu können.“ Aufgrund der Verletzung fungierte der 31-Jährige am Dienstagabend als Hallensprecher.
Der imposanteste Akteur des VfB Friedrichshafen war nicht nur aufgrund seiner Körpergröße Marcus Böhme. Der 2,11 Meter große Mittelblocker ist einer der besten deutschen Volleyballer aller Zeiten, hat nicht nur Silber bei der Europameisterschaft 2017 sondern auch Bronze bei der Weltmeisterschaft 2014 gewonnen. In Sindelfingen war er nach dem Spielende einer der gefragtesten VfB-Akteure und erfüllte geduldig jeden Autogramm- und Bildwunsch. „Das ist eine tolle Veranstaltung für den VfL Sindelfingen und seine Fans“, sagte der 37-Jährige. „Mir hat der Abend auch gefallen, auch wenn wir eigentlich nur blöd aussehen konnten. Aber wir sind mit dem nötigen Ernst an das Spiel herangegangen.“
Das war auch die klare Forderung von Mark Lebedew. Mit dem VfB war der Trainer gerade erst von einem Vorbereitungsturnier in Frankreich zurückgekehrt. Vor dem Bundesligastart Mitte Oktober passte das „Spiel des Lebens“ deshalb noch gut in den Terminkalender. „Das ist eine Sponsorenveranstaltung, der wir gerne nachgekommen sind“, so Mark Lebedew. Höhepunkt des Abends war für den australischen Trainer aber, dass in Edward Bok und Nils Fock zwei Sindelfinger Akteure von besagtem Spiel aus dem Jahr 1984 in der Halle waren. „So ein geschichtlicher Hintergrund gefällt mir sehr“, sagte der 55-Jährige, der zwischen 2012 und 2014 drei Mal mit den Berlin Recycling Volleys die Deutsche Meisterschaft gewonnen hat, in dieser Saison nun selbiges auch mit dem VfB vor hat.
Bild: Nach dem ungleichen Spiel vor den 400 begeisterten Zuschauern gab es ein Gruppenbild von beiden Mannschaften. Die Bundesliga-Stars aud Friedrichshafen sind an den weißen Trikots zu erkennen. Bild: Zvizdiç
Quelle: SZ/BZ-Online