Leichtathletik: Krafziks fünfter Titel in Folge ist die Kirsche auf der Sindelfinger Sahnetorte

Die VfL-Leichtathleten gewinnen fünf Medaillen

Constantin Preis holt bei den Deutschen Meisterschaften in einem Wahnsinnsrennen Silber.

Leichtathletik. Medaillenüberraschungen und Enttäuschungen: Bei den Deutschen Meisterschaften der Leichtathleten in Kassel boten die Sindelfinger dramatische Wettkämpfe. Mit fünf Medaillen erzielten sie ein gutes Ergebnis, besonders hervor stachen wieder die Sindelfinger 400-Meter-Hürden-Asse. Zuerst kam der Triumph von Carolina Krafzik. Zum fünften Mal in Folge gewann sie den Deutschen Meistertitel über die 400-Meter-Hürdenstrecke und unterbot die Olympianorm von Paris. Es folgte wenig später der knappe Vizemeistertitel von Constantin Preis, ebenfalls mit Olympia- und WM-Norm.

Am späten Sonntagnachmittag stand fest, woran schon nach dem Halbfinallauf am Samstag keiner gezweifelt hatte: Carolina Krafzik kürte sich zum fünften Mal in Folge zur Deutschen Meisterin. Schon im Vorlauf hatte sie mit 54,47 Sekunden ihre starke Saisonbestleistung eingestellt und einen neuen Meetingrekord erzielt. Noch nie war eine Athletin bei Deutschen Meisterschaften schneller gelaufen. Im Finale folgten mit 54,87 Sekunden die nächste starke Zeit und der überlegene Sieg. „Die Olympianorm war mein Ziel an diesem Wochenende. Die Taktik war einfach nur: Vorneweg und hinten durchziehen“, so Krafzik.

Dass schlagkräftiger Nachwuchs nachkommt, bewies direkt auf der Nebenbahn auch Melanie Böhm. Die 22-Jährige zeigte auf der Zielgeraden, was sie am besten kann: Kämpfen bis zum Schluss – und holte sich die Bronzemedaille in starker neuer Bestzeit von 56,17 Sekunden.

Mitreißend: Constantin Preis

Ein lachendes und ein weinendes Auge blieb Constantin Preis nach einem denkwürdigen Finale über die 400 Meter Hürden. Mitfavorit Joshua Abuaku ging sein Rennen rasend schnell an, bald sah es so aus, als hätte der langsamere Starter Preis keine Chance mehr. Wie immer auf der Zielgeraden nährte sich der Sindelfinger aber Meter um Meter, genau zeitgleich schmissen sich die Athleten ins Ziel. Ein Fotofinis, bei dem Abuaku am Ende der Sieg zugesprochen wurde. Für Preis blieb zwar nur der Vizemeistertitel, dafür aber endlich eine grandiose neue Bestleistung. Die 48,45 Sekunden waren die zweitschnellste je gelaufene Zeit eines deutschen Athleten und zur Krönung die direkte Qualifikationsnorm für die Weltmeisterschaften in Budapest und die Olympischen Spiele in Paris.

Auf den letzten Metern der Zielgeraden entschied sich der Medaillenkampf der 4-x-100-Meter-Staffeln. Die Sindelfingerinnen waren mit Jasmin PansaCarolina Krafzik und Lisa-Sophie Hartmann aussichtsreich in ihren Zeitendlauf gestartet, lagen leicht hinter den Vorjahressiegerinnen aus München. Dann schnappte sich Jessica-Bianca Wessolly den Staffelstab und flog vorbei. Die schnellen 44,37 Sekunden reichten hinter dem SCC Berlin mit Sprint-Start Gina Lückenkemper für die Silbermedaille.

Für großen Jubel und viel Überraschung bei den Sindelfinger Fans sorgte das Kugelstoßen der Männer. Gold-Favorit Simon Bayer musste nach drei ungültigen Versuchen die Segel streichen, es schlug die Stunde des Tizian Lauria. Der 20-Jährige stößt als U23-Athlet das erste Jahr mit dem Männergewicht und zeigte sich in Kassel auf den Punkt fit. In einem engen Wettkampf steigerte er im dritten Durchgang seine persönliche Bestleistung deutlich und schob sich mit 19,65 Metern in Front und feierte seinen Stoß mit wilden Sprüngen durchs Stadion. „Ich habe mich so gefreut wie noch nie. Ich habe den Stoß super getroffen. Die Stimmung im Stadion war aber auch unglaublich, die Ränge waren voll, es war unglaublich laut. Wie in einem Kessel“, sagt Lauria.

Nur Dennis Schober konnte das Sindelfinger Nachwuchstalent noch abfangen, das am Ende weitengleich, aber mit dem besseren zweitbesten Versuch vor Trainingskollege Silas Ristl aus Essingen den Vizemeistertitel gewann. „Damit habe ich nicht gerechnet, ein super Gefühl. Mein Trainer Artur (Hoppe) hat aber schon im Training gesagt, dass ich um die Medaillen stoßen kann, und der Coach hat wohl immer recht.“ Eric Maihöfer stellte mit 19,42 Metern eine gute neue Saisonbestleistung mit seiner zweitbesten Weite überhaupt auf und wurde dahinter Fünfter. Mit viel Rückenwind fliegen die beiden nun in der kommenden Woche zu den U23-Europameisterschaften nach Espoo.

Velten Scheider gibt sein letztes Hemd

Die 3000 Meter Hindernis waren ein Rekordrennen und das trotz der hohen Temperaturen im Auestadion. Lange Runden kämpfte ein Sextett um die zu vergebenden Medaillen, mittendrin: Velten Schneider. Der Sindelfinger gab sein letztes Hemd, um um die Medaillen mitlaufen zu können und lag eingangs der letzten Runde auf einer guten Position. Favorit Karl Bebendorf zog zwar von dannen, Silber und Bronze waren aber noch zu vergeben. Am letzten Wassergraben sah es kurz so aus, als könnte Schneider mit letzter Kraft noch vorbeiziehen, am Ende blieb ihm aber der undankbare vierte Platz nach hartem Kampf. Immerhin mit starker neuer Bestzeit von 8:27,72 Minuten, eine Verbesserung um fast fünf Sekunden. „Ich habe mein bestes Rennen bisher gezeigt und habe mich nicht versteckt, sondern attackiert. Es ist zwar eine Holzmedaille, sie glänzt aber golden“, so Schneider. Das derzeitige Niveau über die Hindernisse ist so hoch wie schon lange nicht mehr. „Wir haben trotz der Temperaturen ein schnelles Rennen geplant, weil wir gut trainiert haben. Damit haben wir die Lücke zur deutschen Spitze geschlossen“, weiß der Sindelfinger.

Viel Pech hatte Hürdensprinter Stefan Volzer. An der vorletzten Hürde des Finales hatte es ihn „ordentlich zerlegt“, wie in der ZDF-Liveübertragung kommentiert wurde. Auf Medaillenkurs liegend blieb er mit dem Schwungbein an der Hürde hängen und landete schmerzhaft auf der Bahn. „Zum Glück ist außer einem ausgerenkten Handwurzelknochen und ein paar Schürfwunden nichts passiert“, gab er Entwarnung.

Am Sonntag lief Lisa-Sophie Hartmann im 400-Meter-Finale in 53,49 Sekunden auf den siebten Platz. Kim Bödi wurde im 1500-Meter-Finale mit 4:31,97 Minuten Zwölfte. Im Kugelstoßen der Frauen zeigte Lea Riedel eine solide Leistung. Mit 16,92 Metern wurde sie Fünfte.

Bild: Tizian Lauria: Sein Kugelstoßwettbewerb war der Hammer. Bild: Görlitz

Quelle: SZ/BZ-Online