Judo: Sindelfinger Judofreunde fürs Leben und für ihren Sport

Großes Hallo im Glaspalast

Das Netzwerk der Sindelfinger Judokas hält seit 35 Jahren und spülte für die Nachwuchsarbeit schon über 282.000 Euro in die Kasse der VfL-Abteilung.

Judo. Was für eine Anreise. Eigentlich liegt Sindelfingen nicht gerade auf direktem Weg von Abu Dhabi nach Kanada. In der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate ging Dr. Michael Morgenroth bei den Senioren-Weltmeisterschaften auf die Matte. Nach Nordamerika muss er, da ist er zuhause. Eine alte Liebe ist und bleibt aber die Judoabteilung des VfL Sindelfingen. Deshalb ist es Ehrensache, dass er seinen Judofreunden fürs Jubiläumstreffen zum 35-Jährigen keinen Korb gibt und eine Schleife fliegt.

Genau genommen heißen die Judofreunde „Perspektive Judo – Sindelfinger Judofreunde“. Weil ein Verein das braucht, gibt es mit Harald Widlroither einen Vorsitzenden und in Arnd Franz einen Stellvertreter, Dr. Stephan Fischer ist Finanzvorstand und Dr. Oliver Wengert Schriftführer. So muss das sein und so kam seit der Gründung im Jahr 1988 eine Menge ins Rollen. Zum Beispiel, dass Freundschaften erhalten bleiben, auch quer über Kontinente. Aber auch, dass Geld in der Kasse landet.

„Wollen etwas zurückgeben“

Überschlagen sind es 282.000 Euro, vor allem auf die letzten 25 Jahre verteilt. Dieses Jahr waren es bereits 25.000 Euro. Wozu? Harald Widlroither: „Es geht darum, den Sport und dessen Werte zu ehren. Wir alle hatten eine gute Zeit in Sindelfingen und wollen etwas zurückgeben, etwas für den Sport tun.“ Dabei seien einige Judofreunde auch Mitglieder in anderen Vereinen und hängen deshalb nicht an die große Glocke, wenn sie für den VfL das Portemonnaie öffnen.

Das Geld fließt in die Basis und nicht in die Sindelfinger Spitzenteams. „Das Credo ist, die Trainingsqualität hoch zu halten. Dafür braucht es hoch qualifizierte Trainer und auch eine Breite in der Ausbildung“, sagt Harald Widlroither. In Gadiel Miranda und Frixos Raidos gibt es beim VfL Sindelfingen gleich zwei hauptamtliche Trainer. Harald Widlroither: „Die Qualität merken dann auch die Eltern. Das Training, die Ansprache, das Feedback, das Miteinander – das alles sind ganz wichtige Themen.“ Seit der Pandemie, in der Judo als Kontaktsportart besonders gelitten hat, steigen die Mitgliederzahlen wieder. Und die Abteilung geht auch wieder in die Sindelfinger Kindertagesstätten, um die Kleinsten abzuholen. Finanziert werden neben den Trainern auch trainingsbegleitende Maßnahmen wie Trainingslager oder Japanreisen, „das alles immer in Absprache mit dem Vorstand“, sagt Harald Widlroither.

Das klappt auch nach dem Generationswechsel immer noch hervorragend, weshalb die Judofreunde beim jüngsten Treffen symbolisch mit Andreas Wegner den ehemaligen und René Schneider den neuen VfL-Abteilungsleiter auszeichnen. Harald Widlroither: „Der komplette alte Vorstand hat ohne Grollen René Schneider Chris Behr oder Simon Kristen das Feld überlassen. Die Jungen machen es anders, sie machen es super. Wir sind froh, dass der Wechsel so gut gelungen ist. Das ist nicht selbstverständlich.“

Erstmal zum Wiegen

Natürlich ist es ein großes Hallo, als sich die alten Kämpen im Dojo im Glaspalast treffen. Erst geht es auf die Waage, so wie früher, wobei die Wiegeliste seit Jahren ein streng gehütetes Geheimnis bleibt. Dann ziehen die Männer ihre die Judoanzüge an, um erst ein bisschen Gymnastik zu machen und auch ein wenig zu kämpfen. Weil Judo ein sehr ehrlicher Sport ist, tut sich der ein oder andere morsche Knochen besonders schwer. Unter der Dusche sind die Striemen der Kämpfe dann schon recht deutlich zu sehen. Aber es macht eben saumäßig Laune.

Die Verlängerung im Portugiesischen Vereinsheim am Wettbachplatz ist genauso wichtig. Etwa 35 Sportler und nochmal 15 Frauen füllen das Lokal fast schon alleine. Es gibt Rückblicke auf die ganz großen Bundesligazeiten ab Mitte der 80er Jahre. Coach Heinz Helbing wird kurz vor seinem 84. Geburtstag als ältestes Mitglied ausgezeichnet, Niko Giannagopoulos und Andreas Wegner für Profilbilder, die von besonders großer Verbundenheit zum Judo zeugen.

Und dann eben auch Dr. Michael Morgenroth, dessen Besuch alleine schon eine Hammergeschichte ist, der aber zusätzlich als der am längsten im Wettkampfgeschehen aktive Sindelfinger geehrt wird. Zwischen seinem ersten Kampf beim Kappelbergturnier 1977 in Heubach und der Senioren-WM in Abu Dhabi liegen satte 46 Jahre.

So viel Einsatz, so viel Geschichte, so viele Geschichten. Deshalb schickt der Vorstand seine Judofreunde in die Keller zu den alten Fotoalben, um möglichst viel altes Bildmaterial herauszukramen, zu sichern und auf der Homepage hochzuladen. Das Ergebnis wird beim nächsten Treffen präsentiert. Dann gibt es wieder eine ganze Menge zu erzählen.

Bild: Stark: Horst Peiffer, Dirk Lukaschewski, Holger Meiling, Axel Altvater, Dirk Dosenbach, Stephan Fischer, Marc Meiling, Arnd Franz, Uwe Fendler, Michael Morgenroth, Joachim Schäpe, Dieter Fahrländer, Dieter Völler, Gunter Bischof (hinten von links), Uli Fessmann, René Schneider, Christof Aeugle, Steffen Rommel, Oleg Becher, Oliver Wengert, Harald Widlroither, Rüdiger Johner, Harald Neidel, Norbert Schöllhorn (vorne von links). Bild: Dettenmeyer

Quelle: SZ/BZ-Online