Der Glaspalast ist sein zweites Zuhause.
Der ehemalige Speerwerfer kümmert sich beim VfL Sindelfingen seit mehreren Jahrzehnten um die Organisation von Wettkämpfen.
Ein Verein lebt von Menschen, wie Dieter Locher einer ist. Einer, der buchstäblich seit einem halben Jahrhundert bei den Leichtathleten aktiv ist und ohne dessen jahrzehntelanges Engagement keine Wettkämpfe im Glaspalast oder Floschenstadion denkbar, ja umsetzbar wären. Am Wochenende feierte der Sindelfinger seinen 70. Geburtstag. Bei Dieter Locher ist wie so oft eine Sportlerkarriere der Einstieg.
In seiner Jugend greift er zu Speer oder Diskus und kann mit dem damaligen Männerspeer mit einer Bestleistung von 61 Metern glänzen. Das reicht damals, um in Kreis und Land eine Rolle zu spielen. Bis in die 80er-Jahre kämpft er für den VfL Sindelfingen in der damals stattfindenden Bundesliga. Als Sportstudent wird er bald auch als Trainer eingesetzt und bringt es bis zum Landestrainer Weitsprung. Gemeinsam mit Ehefrau Angelika Locher, als Weitspringerin ebenfalls in der Leichtathletik aktiv, gründet er eine Familie.
In die Wettkampforganisation ist er „damals einfach reingewachsen“, so Locher. Er engagiert sich, ist fit mit Computern und spielt im Wettkampfbüro bald eine wichtige Rolle. Trotz Job als Lehrer wird so der Glaspalast in den Wintermonaten das zweite Zuhause von Dieter Locher. Über die Jahre sammeln sich viele einprägsame Erlebnisse zu Erinnerungen. Das herausragende Event bleibt bislang die Senioren-Weltmeisterschaft 2004 im Glaspalast. „Schon die Tatsache, dass so etwas in Sindelfingen stattfindet, war eine Sensation. Die fünf Tage waren aufregend und ich konnte an vorderster Front mitgestalten“, erinnert sich Locher gerne 20 Jahre zurück. Auch weil nach der Veranstaltung alle von Sindelfingen schwärmten. „Wir haben tolle Leute kennengelernt und es war schön zu sehen, wie viele mitgeholfen haben. Unser Aufbauteam hat sich bei dieser Veranstaltung gebildet“, so der Sindelfinger.
Jahrzehntelang sorgte das Aufbauteam, später Ü70- irgendwann Ü80-Team genannt, für einen reibungslosen Ablauf der Veranstaltungen. Inzwischen ist altersbedingt aber der Nachwuchs am Werk. Den Schwung der Senioren-WM hat sich Dieter Locher bewahrt. Heute sind es pro Saison sieben bis acht Veranstaltungstage, die der stellvertretende Sindelfinger Abteilungsleiter als Wettkampfkoordinator federführend in seinem Glaspalast verbringt. Die Arbeit beginnt schon Monate davor mit der Terminfestlegung, der Draht in den Württembergischen Leichtathletikverband ist für den ehemaligen WLV-Wettkampfwart immer noch gut, der VfL Sindelfingen ein etablierter Veranstalter. „Allerdings sind wir im Vergleich zu anderen Hallen zu teuer. Es tut weh, dass sich die Gesamtsituation in Sindelfingen so verhält“, weiß Locher. Die hohe Hallenmiete wirkt sich auf die Meldegelder aus, andere Hallen können dank Landesförderung geringere Preise aufrufen. „Mir geht es darum, die Leichtathletik für Jugendliche möglich zu machen und unsere Halle zu nutzen und die sind dankbar und glücklich starten zu dürfen“, so der Sindelfinger, der bei aller Verbundenheit seinen 70. Geburtstag dennoch weit weg von Sindelfingen, im warmen Barcelona verbrachte. Auch Ausschreibung, Zeitplan und die Erfassung der Meldungen stammen aus Lochers Feder.
Bei der Einteilung der Helfer und zur Unterstützung vor Ort ist inzwischen Olaf Labrenz eine wichtige Säule geworden. Gemeinsam wird dann am Wettkampftag an allen Ecken geholfen, der Zeitplan überwacht und am Ende aufgeräumt. Helfer lassen sich, anders als früher, schwerer finden. „Die Leute sind nur noch bereit, zwei bis drei Stunden zu opfern. Da müssen wir flexibel sein. Den ganzen Tag schaffen nur noch die, die es nicht anders gewohnt sind.“ Auch bei den Kampfrichtern gibt es einen deutlichen Rückgang. „Vor 20 Jahren gab es im Kreis noch genügend, jetzt muss man für einen Wettkampf Kampfrichter aus dem ganzen Land motivieren.“
Nach Abschluss der Hallensaison blickt der Jubilar nun voller Vorfreude nach draußen. Vor wenigen Wochen konnte er sich bei einer Baustellenbesichtigung selbst davon überzeugen, dass das Floschenstadion auf einem guten Weg ist. „Die Anlage wird sensationell. Wir hoffen, dass es ab dem Spätsommer nutzbar ist, eine Einweihung im Rahmen des Kreisvergleichskampfes Anfang Oktober wäre super. Bis das Stadion bezogen ist, stehen aber noch viele Schweißtropfen auf dem Programm“, so Locher. Für 2025 wünscht er sich die große Leichtathletik-Bühne ins Floschenstadion und liebäugelt sogar mit den Deutschen Juniorenmeisterschaften. Auch die Deutschen U16-Meisterschaften wären denkbar, damit würde sich ein Kreis schließen, im Jahr 1972 fanden nämlich im frisch renovierten Floschenstadion die Deutschen Schülermeisterschaften statt. Für seine nächsten Jahrzehnte hat Dieter Locher also noch viele Pläne mit der Sindelfinger Leichtathletik. „Ich sehe mich mit dem Rollator im Floschenstadion meine Runden drehen und werde mich so lange engagieren, bis sie mich mit den Füßen voraus aus dem Stadion tragen.“
Bild: Dieter Locher ist bei der Sindelfinger Leichtathletik-Abteilung fast unersetzbar. Bild: Schüttke.
Quelle: Sindelfinger Zeitung/Böblinger Zeitung Online