Leichtathletik: Werner Späth zündet sieben Sindelfinger Olympia-Turbos

Die Trainerlegende wird 80.

Der Leichtathletik-Coach brachte sieben Sprinterinnen zu sieben Olympischen Spielen. Am morgigen Samstag feiert er den 80. Geburtstag.

Mit 60 Jahren als Trainer ist er der erfahrenste Sindelfinger Leichtathlet. Mit sieben Olympiateilnahmen seiner Schützlinge bei weitem auch der erfolgreichste Trainer. Dass Werner Späth am Samstag tatsächlich 80 Jahre alt wird, erstaunt dennoch.

Das mag sicherlich auch daran liegen, dass Späth nach wie vor voll im Trainer-Geschäft ist und auch in seiner Freizeit den Sport lebt. Als Trainer steuert der Jubilar in diesem Jahr auf einen weiteren Höhepunkt zu. Schützling Carolina Krafzik hat gute Chancen auf einen Start bei den Olympischen Spielen in Paris. Die Norm ist bereits geschafft, nun gilt es sich konzentriert vorzubereiten. Es wären die achten Olympischen Spiele, zu denen Werner Späth eine Athletin schickt, eine unvergleichliche Serie in der internationalen Leichtathletik.

Premiere München 1972

Angefangen hat alles in den sechziger Jahren mit Elfgard Schittenhelm, Späths erster Olympionikin. Als junger Trainer mit gerade einmal achtundzwanzig Jahren führte er Elfgard Schittenhelm erst zur deutschen Meisterschaft, dann zu den Spielen in München. Im Vorlauf der 4×100-Meter-Staffel war sie im Einsatz und führte das deutsche Quartett ins Finale. „Damals war ich in jugendlichem Leichtsinn unterwegs und hatte mir keine Akkreditierung besorgt. Deswegen stand ich am Zaun, um Elfgard beim Warmmachen zu betreuen. An selber Stelle stand ich übrigens 50 Jahre später bei den Europameisterschaften 2022 für Caro.“

Für den zweiten Streich sorgte Heidi Gaugel, bei den olympischen Spielen 1984 in Los Angeles gewann Gaugel Bronze mit der 4×400-Meter-Staffel. „Noch heute ärgere ich mich, dass ich damals nicht mit nach Los Angeles gekommen bin“, blickt Späth zurück. Nach seinen großen Erfolgen in Sindelfingen wurde Späth im Jahr 1987 zum Sprinttrainer des weiblichen deutschen Olympiakaders benannt. 1988 reiste der nächste Späth-Schützling nach Seoul: Ulrike Sárvári. Diesmal war Werner Späth mit von der Partie und betreute die Sprintstaffel.

Acht Jahre später hatte Birgit Hamann, damals unter dem Namen Wolf, ihren großen Moment über die 100-Meter-Hürden bei den Spielen in Atlanta. Im Jahr 2004 machte sich Werner Späth auf den Weg nach Athen. Stephanie Kampf war für die 400-Meter-Hürdenstrecke qualifiziert, verletzte sich aber kurz vor dem Startschuss.

Bei allem Erfolg, das Trainergeschäft war nie Späths finanzielles Standbein. Früh am Morgen begann er im Rahmen seiner Vollzeitstelle bei Hewlett Packard zu arbeiten, um am Abend seine Schützlinge betreuen zu können. Die Urlaube gingen für Trainingslager, Wettkämpfe und internationale Meisterschaften drauf. „Heute als Rentner weiß ich nicht mehr, wie ich das zeitlich geschafft habe, aber es ging. Einmal gab es zwei Wochen Sonderurlaub zu den Olympischen Spielen“, erinnert sich Werner Späth. „Ich wollte mich aber nie abhängig von der Leistung eines Athleten machen und Vollzeit-Trainer werden.“

Von wegen Ruhestand

2011 wollte Späth eigentlich seinen Trainerjob an den Nagel hängen, machte aber für Nadine Hildebrand eine Ausnahme, die zwar die Olympischen Spiele in London verpasste, vier Jahre später aber für ein besonderes Reiseziel sorgte. Sie startete 2016 über die 100-Meter-Hürden in Rio de Janeiro, begleitet von ihrem Trainer. Doch auch nach Hildebrands Karriereende wurde es nichts mit Späths Ruhestand.

Mit Carolina Krafzik befand sich schon das nächste Talent in der Trainingsgruppe, das es zu entwickeln galt. 2018 stieß auch Lisa Sophie Hartmann dazu. Mit ihrem Olympia-Start, der bis ins Halbfinale führte, zeigte Carolina Krafzik 2021 in Tokio, dass Sindelfinger mal wieder den richtigen Riecher hatte.

Nun also Paris 2024: „Die achten Olympischen Spiele gehe ich sicher gelassener an. Wir lassen uns nicht verrückt machen, ich werde in Paris als Zuschauer im Stadion dabei sein. Wir streben eine Finalteilnahme an, aber das wird schwierig“, so Werner Späth. Der Trainer freut sich, dass er auch diese Spiele live verfolgen kann. Kurz hat er auch darüber nachgedacht, sich mit dem Rennrad auf den Weg nach Paris zu machen, wie er es schon bei einigen internationalen Meisterschaften seiner Schützlinge getan hat. „Da gehen aber zu viele Tage drauf, hundert Kilometer pro Tag schaffe ich aber noch“, so der nimmermüde Werner Späth, der in seiner Freizeit regelmäßig aufs Rennrad steigt oder Ski fährt.

„So lange es Spaß macht“

Auch in seine Trainertätigkeit steckt er noch alle Kraft. „Solange es Spaß macht, es mir gesundheitlich gut geht und ich sage, ich kann‘s noch, mache ich weiter. Caro kann ich ja nicht alleine lassen. Aber wir sehen von Jahr zu Jahr.“ Ein weiterer Höhepunkt des aktuellen Jahres werden die Europameisterschaften in Rom, hier soll Carolina Krafzik, wenn alles gut läuft, vorne mitspielen. Auch für Lisa Sophie Hartmann sieht Späth Chancen auf einen Start im Nationaltrikot mit der 4×400-Meter-Staffel. Sie hatte sich in der Hallensaison in Szene gesetzt und empfiehlt sich aktuell im Trainingslager in Südafrika für einen Staffelplatz.

„Zwei Athletinnen gleichzeitig bei olympischen Spielen hatte ich noch nie“, auch im Alter von 80 Jahren möchte Werner Späth also weitere Superlative zu seiner Karriere hinzufügen.

Werner Späths Olympiafrauen im Überblick

München 1972: Elfgard Schittenhelm, Los Angeles 1984: Heidi Gaugel (Staffel-Bronze), Seoul 188: Ulrike Sárvári, Atlanta 1996: Birgit Wolf, Athen 2004: Stephanie Kampf, Rio de Janeiro 2016: Nadine Hildebrand, Tokio 2021: Carolina Krafzik.

Bild: So viel Sindelfinger Olympiageschichte auf nur einem Bild: Elfgard Schittenhelm, Heidi-Elke Hudak, Ulrike Sarvari, Werner Späth, Birgit Hamann, Nadine Hildebrand, Carolina Krafzik (von lins). Auf dem Foto fehlt lediglich Stephanie Kampf als Olympiateilnehmerin 2004. Bild: Schüttke.

Quelle: Sindelfinger Zeitung/Böblinger Zeitung Online