Aikido jetzt auch für das ältere Semester

Jetzt einsteigen in Sindelfingen.

Der Schnupperkurs für Interessierte ab 55 Jahre im Kampfsport ohne Wettkampf startet am Freitag in der Sporthalle der Sindelfinger Klostergartenschule.

Es geht ruhig zu in der Sporthalle der Realschule Klostergarten an diesem Freitagabend. Eine große Matte liegt in der Mitte. Jeder Sportler, der die Halle betritt, verbeugt sich kurz, zieht seine Schuhe aus und kniet sich dann auf den Rand der Matte. Dann gehen die Frauen und Männer in unterschiedlichem Alter ihrem Sport, dem Aikido nach. Es gibt keine lauten Gespräche, keine Rufe und selbst bei den Fallübungen geht dies im Unterschied zu anderen asiatischen Kampfsportarten sehr leise zu.

Aikido ist eine Kampfkunst der besonderen Art– ohne Wettkämpfe, ohne Kräftemessen, ohne Aggression. Das hört sich vielleicht widersprüchlich an, aber wer einmal bei der Aikido-Abteilung des VfL Sindelfingen mit dabei war, kann diese Grundhaltung bestätigen. Denn die Grundidee ist, die Angriffsenergie gegen den Aggressor umzuleiten und ihn von seinem bösen Tun abzubringen – je stärker der Angriff, desto effektiver das Return.

„Müssen keine Rekorde brechen“

Es gibt keine Wettkampfregeln und -zwänge. Und wer nach Meisterschaften im Aikido sucht, sucht vergeblich. „Wir müssen keine Rekorde brechen und gute Noten erarbeiten. Wir dürfen einfach nur Spaß an der Bewegung haben,“ sagt Andreas Bartel, der seit knapp 20 Jahren Abteilungsleiter des Aikido-Clubs und selbst Träger des zweiten Dan ist. Aikido verteidigt, dazu muss man natürlich auch angegriffen werden. Aus unterschiedlichen Angriffsmöglichkeiten wie Fassangriff, Schlag-/ oder Stoßangriff, werden die Techniken geübt.

Der sportliche Abend endet, wie er begonnen hat: Alle reihen sich auf der Matte auf, knien nieder und verneigen sich vor ihrem Trainer. Erst beim gemeinsamen Aufräumen kommt es zu Gesprächen und Lachen, die etwas lauter sind.

Wie sieht ein Training aus?

Trainiert wird barfuß auf Matten. Das ist auch der Grund, warum sich die Sportler vor dem Training die Füße waschen und mit sauberen Socken und Schlappen zur Matte kommen. Die eigentliche Kleidung ähnelt der anderer Kampfsportarten und besteht aus einer weißen Jacke und einer weißen Hose. „Aber natürlich kann jeder auch in Jogginghose und langärmeligem Shirt zunächst zum Schnuppern kommen. Aus Sicherheitsgründen sollte auf Schmuck und offene, lange Haare verzichtet werden,“ sagt Abteilungsleiter Andreas Bartel.

Begrüßung

Zu Beginn des Trainings gibt es eine rituelle Begrüßung vor dem Bild des Meisters Osensei Morihei Ueshiba. Das hat nichts mit Anbetung zu tun – eher mit Respekt und Anerkennung der Budo-Regeln. Die sind zum Beispiel, den Partner, Angreifer oder Verteidiger zu respektieren, nicht zu verletzen, zu achten.

Sich spielerisch aufwärmen und dehnen gehört zu jedem Training dazu. Anschließend wird das Fallen alleine und später bestimmte Abwehrstrategien als Paar geübt. Bevor es nach dem Training nach Hause geht, reihen sich die Sportler wieder auf, verabschieden sich vor dem Trainer und vom Bild des Meisters mit einer Verbeugung.

Aikido für Interessierte ab 55 Jahre

Die Idee, einen Schnupperkurs für Ältere anzubieten, stammt aus den Reihen der Sportler selbst. „Einige aus unserer Abteilung wollen etwas für ihre eigene Fitness tun und Spaß haben. Sie wollen diesen Sport gerne mit Gleichaltrigen ausüben“, sagt Trainerin Christina Bartel, die selbst seit vielen Jahren aktiv in der Abteilung ist. Gemeinsam mit ihrem Mann Andreas Bartel und weiteren Trainern bietet sie ab Freitag, 17. Januar, immer freitags von 17 bis 18 Uhr das Schnuppertraining an acht Abenden an.

„Wir haben bereits einige Interessenten. Die Altersspanne geht aktuell von 63 bis 82 Jahre,“ sagt Christina Bartel. Die Beweggründe seien unterschiedlich, mit dazu gehören die Neugierde auf die Sportart, die Freude an der Bewegung und der Wunsch, etwas für sich und den eigenen Körper zu tun. „Aikido ist unserer Meinung nach die Chance für Menschen, die die „Sturm-und-Drang-Phase“ erfolgreich gemeistert haben und nun eine andere Form der Bewegung, der Meditation, des Sports suchen,“ sagt sie und ist schon gespannt auf den ersten Kursabend. „Bewusst zu fallen, wenn ich mich das traue und weniger Angst davor habe, dann habe ich unter Umständen auch weniger Angst, wenn es überraschend passiert“, sagt Andreas Bartel und sieht in Aikido auch als Sturz-Prophylaxe.

Aikido-Club im VfL Sindelfingen

Die Aikido-Abteilung wurde 1997 gegründet und seit 1999 mit auf das Training von Kindern und Jugendlichen. Derzeit hat die Abteilung knapp 80 Mitglieder, von denen fast 70 Prozent unter 18 Jahren sind. Seit 2005 gibt es die vereinsübergreifenden „Drei-Königs-Lehrgänge“ für Kinder und Jugendliche. Zum Austausch und Training ist die Abteilung regelmäßig auch im Leistungszentrum Herzogenhorn/Feldberg zu Gast. Dort steht der Austausch mit anderen Vereinen und untereinander im Mittelpunkt Abteilungsleiter ist Andreas Bartel (Träger des 2. Dan). Weitere Infos gibt es hier auf der Homepage der Abteilung.

Die Sportart

Aikido wurde als moderne japanische Kampfkunst in der Mitte des 20. Jahrhunderts von Ueshiba Morihei (1883–1969) aus verschiedenen japanischen Kampfsportdisziplinen entwickelt. Aikido ist betont defensiv und zielt nicht auf die Zerstörung des Angreifers ab, sondern darauf, ihn von der Sinnlosigkeit seines Angriffs zu überzeugen.

Dabei steht die Selbstverteidigung nicht unbedingt im Vordergrund, kann aber auch mit gewissen Kenntnissen dafür eingesetzt werden. Die Art der Verteidigungstechniken kann auch mit Holzschwert, Stock und Messer trainiert werden. Dabei geht es darum, das Gefühl für Distanz, Timing und Initiative zu schärfen. Zu Beginn steht zunächst die wichtigsten Grundbewegungen und die spezielle Fallschule zu erlernen.

Im Aikido gibt es, wie in vielen anderen Kampfsportarten, ein Graduierungssystem. Dieses definiert verschiedene Stufen, welche den Fortschritt auf dem Weg des Aikido beschreiben und mit unterschiedlichen Gürtelfarben nach außen sichtbar sind. Begonnen wird mit einem weißen Gürtel, als Anfänger, während ein Meister einen schwarzen Gürtel trägt. Die Gürtel werden im wettkampflosen Sport nach der Durchführung gewisser Prüfungen verliehen.

 

Bild: Dominik Miller (links) und Petar Dyankov machen vor, wie man dem Aggressor den Wind aus den Segeln nimmt.

Bild: Nüßle

Quelle: Sindelfinger Zeitung/ Böblinger Zeitung online