Handball: „Ich muss auf meinen Körper hören“

Urs Bonhage.

Der langjährige Kapitän und Leistungsträger Urs Bonhage beendet seine Karriere bei der HSG Böblingen/Sindelfingen.

Jetzt aber endgültig! Urs Bonhage, Kapitän der Verbandsliga-Handballer der HSG Böblingen/Sindelfingen, hat den Entschluss gefasst, seine Karriere zu beenden. Vor genau drei Jahren hatte der Rückraumspieler schon einmal seine Handballschuhe an den berühmten Nagel gehängt. Nach einem halben Jahr Pause, auch aufgrund von Verletzungsproblemen in der Verbandsligatruppe, war Urs Bonhage damals aber wieder zurückgekehrt. „Das halbe Jahr Pause hatte gut getan, danach war die Lust auf Handball wieder groß“, blickt der 30-Jährige zurück.

Einen neuerlichen Rücktritt vom Rücktritt werde es dieses Mal aber nicht geben. „Ich lasse diese Türe keinen Spalt mehr offen“, betont Urs Bonhage. „Diese Tür habe ich jetzt geschlossen, hin und wieder werde ich vielleicht reinspickeln. Mehr wird es aber nicht geben.“ Und doch ist da noch ein wenig Hoffnung auf ein Comeback des scheidenden Teamkapitäns. Denn sollte die personelle Not irgendwann so groß sein und er helfen könnte, würde er die Türe selbst wieder öffnen. „Ich habe ja den Schlüssel dazu.“

Schmerzen als regelmäßiger Begleiter

Nach 13 Jahren Aktiven-Handball hat Urs Bonhage aber erst einmal genug. Zwar ist er von großen Verletzungen während seiner Karriere verschont geblieben, die Schmerzen nach den Spielen sind aber ein regelmäßiger Begleiter geworden. „Der Verschleiß ist da, die Spiele spüre ich noch Tage danach. Deshalb muss und will ich jetzt auf meinen Körper hören.“ Generell will er auch den Aufwand nicht mehr aufbringen, nicht mehr die Verpflichtung haben, alles rund um den Sport planen zu müssen. „Ich will nach Lust und Laune meine Freizeit gestalten, Golf oder Tennis spielen, wenn ich Bock drauf habe.“

Der HSG Böblingen/Sindelfingen wird Urs Bonhage dennoch nicht den Rücken kehren. Als Sportlicher Leiter der Männer wird er weiterhin ganz nahe an der Mannschaft sein. „Ich will dazu beitragen, den Verein weiterhin stabil zu halten“, interpretiert der 30-Jährige seine Rolle ganz bescheiden. Für ihn gehe es aber nicht nur darum, die erste Mannschaft konkurrenzfähig zu machen. Viel mehr gelte es Nachwuchs für die Junioren zu generieren und die Vereinskultur aufrecht zu erhalten.

Verlängerter Arm des Trainers

Das Sportliche soll dennoch nicht zu kurz kommen, schließlich ist die erste Männermannschaft nicht nur das Aushängeschild der Abteilung, sondern auch der Zuschauermagnet. Dass Urs Bonhage selbst einer der Hauptgründe dafür war, das hebt Marco Cece hervor. „Wir alle sind traurig, dass Urs aufhört“, macht der HSG-Chefcoach deutlich. „Nicht nur der tolle Sportler wird uns fehlen, denn Urs ist viel mehr noch ein überragender Mensch. Bei ihm passen einfach alle Faktoren.“ Wie Marco Cece die Lücke füllen wird, weiß er selbst noch nicht genau. Denn immerhin gelte es einen „Führungsspieler auf und abseits des Feldes“ zu ersetzen. „Urs war stets ein Vorbild, das Sprachrohr des Teams. So einen Spieler kann man nicht einfach so einkaufen.“

Was der 30-Jährige noch zu leisten imstande ist, bewies er in seinem allerletzten Spiel im HSG-Trikot bei den TSF Ditzingen. Am vergangenen Sonntag steuerte Urs Bonhage neun Tore sowie den entscheidenden Ballgewinn in den Schlusssekunden zum 31:30-Erfolg der Bösis bei. „So kann man dann auch abtreten“, meinte das Rückraum-Ass mit einem Grinsen. Noch ein letztes Mal deutete er an, wieso er es einst bei der SG H2Ku Herrenberg sogar bis in die 3. Liga geschafft hatte. Ob auch noch mehr möglich gewesen wäre, darüber will Urs Bonhage gar nicht groß nachdenken. „Dafür hätte ich schon zu Juniorenzeiten einen anderen Weg einschlagen müssen. Ich bin zufrieden, wie meine Karriere verlaufen ist.“

Mit seinen Jugendfreunden zusammenzuspielen hatte bei Urs Bonhage immer einen großen Stellenwert. Entsprechend zog es ihn auf dem Höhepunkt seines Schaffens auch zur HSG Böblingen/Sindelfingen zurück, wo die Erfolge dann ebenfalls nicht ausblieben. So der Aufstieg in die Württemberg-Liga (heute Oberliga) in der Saison 2017/2018. „Super schöne Momente waren das“, erinnert sich Urs Bonhage gerne zurück. Auch an den Klassenerhalt in der Folgesaison. Leider bereiteten dann die Corona-Pandemie sowie die Einführung der Verbandsliga dem Treiben der HSG in der fünfthöchsten Spielklasse ein jähes Ende.

„Alles in allem bin ich mit mir im Reinen“, sagt der beim Landratsamt Böblingen als Sozialpädagoge angestellte Urs Bonhage. Die HSG werde ihn nur als Spieler verlieren, im Hintergrund wird er anpacken, wo immer es auch nötig sein wird. Und darüber hinaus auch Mitstreiter suchen – vor allem aus dem Kreis seiner ehemaligen Mitspieler. „Es gibt so viele Bereiche, in denen wir noch Unterstützung brauchen, so zum Beispiel in der Sponsorenbetreuung, der Bewirtung oder bei den Finanzen.“ Auch an das Thema „Jugendtrainer“ will Urs Bonhage offensiv herangehen. „Ich wünsche mir, dass aktive Spieler sich auch um den Nachwuchs kümmern. So schafft man Bindung zu den Zuschauern und fördert auch das Gemeinschaftsgefühl im Verein.“

 

 

Bild: Urs Bonhage beim Sprungwurf. In seinem letzten Spiel für die HSG Böblingen/Sindelfingen bei den TSF Ditzingen erzielte der 30-Jährige neun Tore.

Bild: photostampe/A

Quelle: Sindelfinger Zeitung/ Böblinger Zeitung online