Fußball (Frauen): Aus den VfL-Frauen werden Ladies

Wenn die Tinte heute trocken ist, atmet das Team hinter den Fußball-Frauen auf. Mit dem Notartermin beginnt ein neues Kapitel Sindelfinger Sportgeschichte – oder besser, es wird gleich ein neues Buch geschrieben. Der VfL bekommt einen Verein im Verein, der sein Schicksal selbst in die Hand nimmt. Unter dem Namen „VfL Sindelfingen Ladies“ wollen die Kickerinnen hohe Ligen angreifen. Etwa vier Wochen braucht das Amtsgericht, um die Unterlagen zu prüfen und grünes Licht zu geben.
Die Lage: Weil die VfL-Frauen viel erfolgreicher als geplant sind, ist rein sportlich auf einmal der Sprung in die Bundesliga möglich. Dabei sollte es ursprünglich erst nächstes Jahr Richtung eingleisige zweite Liga gehen. Nur ein Punkt reiht sich Sindelfingen hinter Wetzlar ein und ist heißer Kandidat für den Aufstieg. Für die Erstliga-Lizenz verlangt der DFB jedoch einiges von einer Abteilung, die derzeit nur kommissarisch geleitet wird. Vor allem stabile Strukturen und regelmäßige Bilanzen.
Diese Aufgaben kann und will der Hauptverein jedoch nicht übernehmen, weil das auch die anderen Abteilungen unter Druck setzen würde. Die Idee vom „Verein im Verein“ sollte diese Probleme lösen, aber die Zeit drängt. Der Lizenzantrag muss am 15. März in der DFB-Zentrale eingegangen sein (die SZ/BZ berichtete).
Nachdem spät der Groschen fiel und die Alarmglocken schrillten, ging es schnell. Die Frauen wirbelten die letzten beiden Wochen auf allen Ebenen. Vom VfL gab es von Vorstandsmitglied und Rechtsanwalt Dr. Oliver Wengert beratende Unterstützung. Frank Thumm, Justiziar beim Württembergischen Fußballverband, half beim Satzungsentwurf. „Und nach dem Artikel in der SZ/BZ haben sich einige Menschen gemeldet, die beim neuen Verein mithelfen wollen“, sagt Sascha Bührer, der seit Herbst die Abteilung kommissarisch leitet.
Am heutigen Donnerstag geht es zum Notar, bis dahin hielten sich die Hauptakteure bedeckt. „Solange nichts unterschrieben ist, haben wir nichts in der Hand“, sagt Heike Hofmann, die seit Jahren im Hintergrund die Strippen zieht. Auch Sascha Bührer weiß, dass man nur mit kleinen Schritten und nicht mit großen Worten vorankommt. „Eins nach dem anderen. Wir bereiten alles vor, was man tun kann. Aber ich gebe zu, es sieht gut aus.“
Im Klartext bedeutet das: Am Montag gab es bereits eine Gründungsversammlung, um den Gang zum Notar so einfach wie möglich zu machen. Die federführenden Namen sind benannt: Neben den üblichen Verdächtigen – Heike Hoffmann, Marc Pflieger, Hans-Georg Felder, Hansdieter Kirchhoff, Sascha Bührer (stellvertretender Vorsitzender), Saban Uzun, Alexander Schick – ist vor allem der Mann gefunden, der künftig den Verein als Vorsitzender leiten soll und der sich auch schon den beiden Frauenteams vorgestellt hat: Josef Klaffschenkel (Bild: z).
Der kurze Draht zu Alexander Schick, der mit Saban Uzun das Trainerteam führt, war der entscheidende Faktor. Josef Klaffschenkel hatte den SZ/BZ-Artikel „Heißer Ritt auf der Rasierklinge“ im Gäuboten gelesen und dann seinen alten Weggefährten angerufen. Zu seiner Zeit als Abteilungsleiter beim SV Owingen hatte er einst Alexander Schick als Trainer verpflichtet. Weil der Umgang immer noch freundschaftlich ist, gratulierte er diesem zum sportlichen Erfolg beim VfL Sindelfingen. Der Stein kam ins Rollen.
Im Fußball- und Funktionärsgeschäft ist Josef Klaffschenkel seit Jahrzehnten aktiv, und das vor allem im Zollernalbkreis. Nachdem es ihn nach Bondorf verschlug – er arbeitet als Seniorbeauftragter und Geschäftsstellenleiter der Ascad GmbH – drehte er hier etliche Steine um. Beim SV Bondorf war er Kassier und Jugendleiter. Er half, die Fußballabteilung neu aufzustellen, hat einen Förderverein gegründet. Dazu zog er 27 Jahre lang beim Schützenkreis Zollernalb Fäden und koordinierte mit dem ehemaligen Böblinger Oberligaspieler Thomas Sinz den DFB-Stützpunkt in Haigerloch.
Mittelfristig will der 59-Jährige die Sindelfinger Fußballfrauen „auf eine breitere Basis stellen. Sponsoring und Öffentlichkeitsarbeit sind große Themen“, sagt Josef Klaffschenkel, „schließlich macht es doch allen mehr Spaß, vor stattlichen Kulissen zu spielen.“ Die aktiven Mannschaften haben ihn schon kurz kennengelernt, „in den nächsten Tagen will ich mich auch noch bei der U17 und der U16 vorstellen.“
Auch das sind wichtige Aufgaben, denn die Spielerinnen müssen den Schritt zum neuen Verein mitgehen. Heike Hofmann hat daran keinen Zweifel: „Wir schaffen die Bedingungen dafür, dass sie möglichst hochklassig spielen können. Darauf kommt es an. Die Diskussionen um Organisationsformen haben wir von ihnen ferngehalten. Sie sollen das tun können, weshalb sie hier sind: In Ruhe und mit Freude Fußball spielen.“ Als „Verein im Verein“ sind die Fußballfrauen eigenständig. Sie erkennen im Grund die Satzung des VfL Sindelfingen an, sind für Sozialabgaben, Finanzplanung Bilanzen jedoch selbst verantwortlich.
Die ersten bürokratischen Hürden sind genommen, die Aufgaben werden aber nicht weniger. Zum einen: Soll es was werden mit den VfL-Ladies, muss noch mehr Personal her. In diesen Tagen soll es Gespräche mit Interessenten geben, die künftig zum Beispiel rund um die Spieltage organisatorischen Druck abnehmen. Darauf freut sich Heike Hofmann besonders. Und sie hat noch eine weitere Hoffnung: „Es wäre so schön, wenn regionale Sponsoren einsteigen. Früher hatten wir die Stadtwerke, die Wohnstätten oder das Breuningerland. Von diesen Zeiten sind wir leider weit entfernt.“
Auch die Gespräche mit der Schwabensport Management GmbH, die rund ums Floschenstadion einiges bewegte, sollen in Bewegung kommen. Dazu ist ein hauptamtlicher Geschäftsführer, den der DFB für die erste Liga verlangt, noch nicht gefunden.
Info
Der VfL Sindelfingen startet am Sonntag um 14 Uhr gegen den TSV Crailsheim aus der Winterpause.
Volle Hütte, starke Gegner – die Fußballfrauen träumen von großen Spielen. So wie vom 14. Oktober 2012, als der VfL im Floschenstadion dem 1. FFC Frankfurt bei der 0:3-Niederlage vieles abverlangte. In dieser Szene lässt sich Michelle Wörner (blaues Trikot) von Gegenspielerin Svenja Huth nicht abschütteln. Als „VfL Sindelfingen Ladies“ setzen sich die Frauen neue Ziele. Bild: fotoknobi/A
Quelle: SZ-BZ Online