Im Aktivenbereich sind die Fußballer des VfL Sindelfingen zumindest im Kreis Böblingen das Maß der Dinge. Was den Jugendfußball anbetrifft, hinkt der VfL jedoch immer noch hinterher. Das wurde am vergangenen Sonntag bei der klaren 2:7-Derbyniederlage der Sindelfinger A-Junioren gegen die SV Böblingen einmal mehr deutlich.
Die SZ/BZ hat mit Thomas Dietsche über die Situation im Nachwuchsbereich des VfL Sindelfingen gesprochen.
Als Sie vor knapp drei Jahren ihr letztes Spiel als Trainer des VfL Sindelfingen beendet hatten, lautete Ihre erste Äußerung: ‘Und jetzt kümmern wir uns um die Junioren’. Was haben Sie damit genau gemeint?
Thomas Dietsche: „Damit hatte ich gemeint, dass ich mit etwas mehr Zeit, als mir das im Trainerjob möglich war, mithelfen will, dass der VfL nicht nur bei den Aktiven, sondern auch bei der Jugend sportlich vorankommt. Wir haben ein riesiges Potenzial an talentierten Kindern und Jugendlichen beim VfL Sindelfingen und diejenigen, die sich als Trainer und Verantwortliche in der Jugend engagieren, tun das mit viel Herzblut und viel Leidenschaft. Aber es sind zu wenige, und in den Mannschaften ab der C-Jugend muss leistungsorientierter gearbeitet werden, um Nachwuchs für den Aktivenbereich zu entwickeln. Es muss ja unter anderem ein Ziel sein, Jugendliche für den Einsatz bei den aktiven Mannschaften, wenn möglich in der 1. Mannschaft vorzubereiten. Dazu braucht es gute Grundausbildung und gut qualifizierte Trainer, und da wollen wir als Verein Schritt für Schritt nach vorn kommen.“
Wie zufrieden sind Sie denn mit dem Stand der Dinge im Juniorenbereich?
Thomas Dietsche: „Ich kann nur meinen Hut ziehen, vor all den vielen Trainern und Verantwortlichen, die sich im Jugendbereich engagieren, und ich finde, dass wir da als Verein gute Fortschritte machen, um das Zug um Zug weiterzuentwickeln. Aber ganz klar ist auch, dass das kein Sprint ist. Das ist eher ein Marathonlauf, der über Jahre gehen wird. Verlorenes Terrain ist in der Jugendarbeit nicht ganz so leicht wettzumachen, insbesondere hier im Kreis. Wir sind umgeben von mehreren Vereinen, die hier gute Arbeit machen. Da gehören sicher die SV Böblingen und der GSV Maichingen dazu, aber auch die Stuttgarter Kickers und der SSV Reutlingen. Aber wenn man es langfristig betrachtet – und das tue ich –, dann sieht man eine gute Entwicklung. Die Anzahl der lizenzierten Trainer steigt und die U19 und U17 haben sich ligamäßig deutlich verbessert in den letzten drei Jahren. Beide Mannschaften spielten vor vier Jahren noch in der Leistungsstaffel.“
Derbyniederlagen sind immer bitter
Wie ordnen Sie dann die jüngste 2:7-Derbyniederlage gegen die SV Böblingen ein?
Thomas Dietsche: „Derbyniederlagen sind immer besonders bitter, und Böblingen ist uns in dem Bereich sicherlich noch einen Schritt voraus, das war am Sonntag zu sehen. Das ändert aber nichts daran, dass wir aufholen. Der Marathonlauf ist noch nicht zu Ende.“
Seit geraumer Zeit haben aktive VfL-Spieler Trainerposten bei Jugendmannschaften übernommen? So unter anderem Alexander Wetsch, der gemeinsam mit Ramon Perez die A-Junioren coacht. Wie fällt Ihr Fazit aus?
Thomas Dietsche: „Das Zwischenfazit fällt sehr positiv aus. Mit Oliver Glotzmann und Roberto Klug haben wir ja in der B-Jugend noch mal zwei aktive Spieler, die sich in der Jugend engagieren. Trainer, die selbst noch aktiv spielen, sind Identifikationsfiguren für die Jugendlichen und lebendiger Ansporn, ihr sportliches Ziel, mal in der 1. Mannschaft des VfL zu spielen, zu erreichen. Außerdem werden die Schnittstellen zu den Aktiven direkter, sodass der Austausch zwischen Aktiven- und Jugendbereich direkter und einfacher ist.“
Wie schwer wiegt der drohende Abstieg der A-Junioren aus der Verbandsstaffel?
Thomas Dietsche: „Spieler und Verantwortliche haben eine Saison lang wichtige Erfahrungen sammeln können. In der neuen Saison gilt es dann einen neuen Anlauf zu nehmen, und aus dieser Runde zu lernen. Ich glaube und hoffe, dass alle Blut geleckt haben. Ich halte die Konstellation mit Aufstiegsspielen und verkürzter Sommerpause für einen systemischen Fehler im Jugendfußball. Man sieht Jahr für Jahr, wie schwer es den Aufsteigern fällt, die Klasse zu halten. Da hat man gerade mal zwei Wochen Zeit sich auf die neue Situation einzustellen. Die Planungen der meisten Vereine sind fix und sich zu verstärken ist schwierig.“
Wird die Rückkehr in die Bezirksstaffel Konsequenzen haben bezüglich der Besetzung des Trainerpostens, oder werden die A-Junioren weiter vom Duo Alexander Wetsch und Ramon Perez gecoacht?
Thomas Dietsche: „Wenn es beruflich möglich ist, werden die beiden auch in der kommenden Saison die A-Jugend trainieren. Da steht bei Alex aber noch eine berufliche Entscheidung aus.“
Muss der VfL Sindelfingen nicht umdenken und einen lizenzierten Trainer für den ältesten Jugendjahrgang verpflichten, um den Nachschub für die erste Mannschaft nicht versiegen zu lassen?
Thomas Dietsche: „Ich habe das oben schon als eines der Kernziele genannt, dass wir unsere Trainer gut ausbilden müssen oder welche dazu gewinnen müssen, die gut ausgebildet sind. Oliver Glotzmann zum Beispiel hat schon die Elite-Jugend-Lizenz und strebt die Ausbildung zum A-Lizenz-Trainer an. Roberto Klug startet seine Trainerausbildung im Mai. Auch weitere Jugendtrainer sind in der Ausbildung beim WFV. So setzt sich das Mosaik dann zusammen. Was die 1. Mannschaft betrifft, ist das Ziel weiterhin gute junge Spieler dazu zu gewinnen. Mit Raphael Molitor haben wir ein gutes aktuelles Beispiel, der hat sich durchgebissen und hat diese Saison schon zwölf Spiele absolviert. Ich freue mich über jeden jungen VfL’er, der den Sprung schafft.“
Will mit der Jugend Schritt für Schritt nach vorne kommen: Thomas Dietsche. Bild: Photo 5/A
Quelle: SZ-BZ Online