Leichtathletik: Kappel weiter als beim Weltrekord

„Biberach, ihr seid der Hammer“, schreibt Niko Kappel auf seiner Facebook-Seite. Wieder ist „Bonsai“, wie der kleinwüchsige Kugelstoßer genannt wird, über sich hinaus gewachsen. Mit 13,81 Metern hat der Athlet des VfL Sindelfingen seinen Weltrekord überboten – der Verband erkennt diesen aber nicht an.
Schon Anfang Juni hatte sich Niko Kappel an die Spitze aller Kugelstoßer katapultiert. 13,78 Meter beim Ludwig-Jall-Sportfest – eine solche Weite hatte noch niemand erzielt. Den Sturmlauf in die Herzen der deutschen Leichtathletikfans hatte er sogar schon viel früher gewonnen – erst durch seinen Goldstoß bei der Paralympischen Spielen in Rio de Janeiro, später mit seinen zahlreichen öffentlichen Auftritten, bei denen er mit seinen offenen und deutlichen Worten für seine Sportart warb.
Entsprechend begehrt waren seine Autogramme beim Kugelstoßmeeting in Bibe-rach. Dass diese auch noch historischen Wert erfahren sollten, war den Unterschriftenjägern zunächst nicht klar. Später schien es, als würde er sich vor den 2000 Zuschauern auf dem Marktplatz erneut in die Sportgeschichtsbücher eintragen.
Nach einem Flug über 13,81 Meter schlug die Kugel auf – wieder ein Weltrekord. Allerdings besitzt dieser keine Gültigkeit, denn es liegt wohl das Versäumnis vor, dass der Wettkampf nicht international angemeldet war beim Paralympischen Komitee. Als neuer deutscher Rekord gilt die Weite auf jeden Fall, da der Wettkampf beim Deutschen Leichtathletik Verband registriert ist.
An dieser Stelle beginnt das große Rätselraten, wer denn nun aktuell Weltrekordinhaber ist. Niko Kappels Dauerrivale Bartosz Tyszkowski hat vor Kurzem sogar 13,98 Meter gestoßen. Doch auch hier hat der Verband Bedenken und geht in die Berufung. Kurios: Folglich haben beide dominierende Athleten unter den kleinwüchsigen Kugelstoßern Niko Kappels Weltrekordweite von München schon geschlagen.
Trotz aller Rechenspiele ist Niko Kappel von Biberach begeistert. „Das ist hier immer der Hammer. Die Zuschauer sind so nah an einem dran und unterstützen jeden einzelnen Sportler. Hier anzutreten ist einfach klasse. Das Meeting auf dem Marktplatz hat eine besondere Atmosphäre.“
So oder so, und egal, wer gerade die Nase vorn hat: Mit seinen 13,81 Metern Weite zählt der 1,34 Meter große Niko Kappel, der für den VfL Sindelfingen startet, auch bei der Para-Weltmeisterschaft ab dem 14. Juli in London zu den großen Titel-Favoriten. „Wobei man klar sagen muss, dass Bartosz Tyszkowski schon weiter gestoßen hat. So gesehen hat er die Favoritenrolle“, sagt Niko Kappel. Aber das war ja auch in Rio so.
Den Wettkampf der nicht behinderten Athleten gewann der deutsche Kugelstoß-Meister David Storl. Der Leipziger steigerte am Montag seine Saisonbestleistung auf 21,53 Meter. „Mit diesem Ergebnis freut man sich auf die nächsten Wochen“, sagte Storl mit Blick auf die Weltmeisterschaften in London.
Bärenstark – aber nicht sicher, ob er den Weltrekord hat: Niko Kappel. Bild: Drechsel/A
Quelle: SZ-BZ Online