Als sich Urs Bonhage im Sommer 2015 dazu entschloss, der 3. Liga vorerst den Rücken zu kehren und zu seinem Heimatverein HSG Böblingen/Sindelfingen zurückzukehren, gab es nicht wenige im Umfeld der SG H2Ku Herrenberg, die diesen Schritt nicht verstanden haben. Der 23-Jährige steht aber auch knapp drei Jahre danach noch zu seinem Entschluss. Am Samstag kehrt er mit der HSG an die alte Wirkungsstätte zurück und will mit einem Sieg bei der Herrenberger Reserve die Tabellenspitze der Landesliga verteidigen.
Zwei Jahre 3. Liga waren dann doch genug. Nicht, dass es ihm bei der SG H2Ku Herrenberg nicht gefallen hätte, im Gegenteil. „Aber der Aufwand in der 3. Liga war damals schon enorm und alles eben eine ganze Nummer professioneller“, nennt Urs Bonhage die Gründe, die ihn letztlich dazu bewogen hatten, der SG den Rücken zu kehren. Dass sich damals viele Beobachter im Umfeld der SG H2Ku Herrenberg über seinen freiwilligen Rückzug wunderten, daran erinnert sich der wurfgewaltige Linkshänder noch gut. „Ich war unter Trainer Nico Kiener ein vollwertiges Mitglied der Mannschaft, deswegen haben einige nicht verstanden, dass ich aus freien Stücken drei Ligen runter bin“, erklärt Urs Bonhage.
Der Hauptgrund war aber, dass sein Heimatverein rief und der Rückraumspieler schlicht mit seinen Jugendfreunden Markus Schwab und Frederick Todt zusammenspielen wollte. Seinen Entschluss hat Urs Bonhage bis heute nicht bereut, gibt aber im selben Atemzug auch zu, „dass mir ein weiteres Jahr in Herrenberg spielerisch bestimmt noch ganz gut getan hätte.“ Rein sportlich fällt sein Fazit über die zwei Jahre Drittliga-Handball in Herrenberg aber durchweg positiv aus: „Wir haben zwei Mal die Klasse gehalten und ich habe mich bei meiner ersten Station im Aktivenbereich gut entwickelt.“
Bonhage gefällt die Perspektive
Die HSG Böblingen/Sindelfingen, zur Saison 2013/2014 gegründet, bot aber genau die sportliche Perspektive, die den 23-jährigen Studenten gereizt hat. „Ich habe gesehen, dass hier bei der HSG ein Prozess angestoßen wurde, der mir voll zugesagt hat.“ Die Strukturen wurden im Hintergrund geschaffen, die Weichen für eine positive sportliche Zukunft gestellt. „Und ich wollte ein Zeichen setzen und ein Teil dieser Bewegung, dieses Aufbruchs sein.“ Diese führt ihn nun – fünf Spieltage vor dem Saisonende in der Landesliga – an die alte Wirkungsstätte zurück. Als Tabellenführer gastiert die HSG Böblingen/Sindelfingen morgen bei der Reserve der SG H2Ku Herrenberg. Und das Spiel in der voraussichtlich gut gefüllten Markweghalle birgt nicht nur aufgrund der Nachbarschaft eine Menge Brisanz.
Denn während die HSG trotz zuletzt drei Niederlagen hintereinander von der Tabellenspitze grüßt, fristen die Herrenberger nach ebenfalls drei Niederlagen in Serie im Tabellenkeller ihr tristes Dasein. „Das wird ein absolutes Kampfspiel“, stellt sich Urs Bonhage auf viel Gegenwehr ein. „Beide Mannschaften müssen gewinnen, um ihr Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, ich erwarte eine ganz enge Kiste.“ Dass die Herrenberger Zweite nach dem neulich erfolgten Trainerwechsel von Markus Ilitsch hin zu Nico Kiener, der sich nun bis zum Saisonende als Spielertrainer um die SG-Geschicke kümmert, in einer turbulenten Phase steckt, erhöht das Konfliktpotenzial zusätzlich. „Die SG wird uns ganz sicher gar nichts schenken“, weiß Urs Bonhage um den speziellen Derby-Charakter.
Dennoch fahren er und seine Mitspieler zuversichtlich in die Herrenberger Markweghalle. Der Niederlagenserie zum Trotz zeigt die Formkurve wieder nach oben. Die 22:23-Heimniederlage gegen das Team Esslingen war zwar so unnötig wie auch bitter. Dadurch lässt sich Urs Bonhage aber nicht vom Weg abbringen. „Wir sind immer noch in der glücklichen Lage, Tabellenführer zu sein. Nun hatten wir eben unsere schlechte Phase in dieser Runde. In den verbleibenden fünf Spielen wollen wir aber wieder zu alter Stärke und in die Erfolgsspur zurückfinden. Wir haben alles noch selbst in der Hand.“
Wiedersehen mit Ex-Teamkollegen
Dass am letzten Saisonspieltag beim derzeit punktgleichen Tabellenzweiten SG Ober-/Unterhausen der Showdown um den Titel anstehen könnte, damit beschäftigt sich der 23-Jährige noch nicht. „Wir tun gut daran, uns immer nur auf das nächste Spiel zu konzentrieren. Etwas anderes macht auch überhaupt keinen Sinn.“ So gilt das aktuelle Augenmerk der Truppe um Urs Bonhage einzig und allein dem Derby bei der SG H2Ku Herrenberg II. Die sportliche Herausforderung ist gegeben, ein Wiedersehen mit vielen ehemaligen Weggefährten, die danach mit der SG-Ersten den TSV Blaustein empfangen, ebenfalls. „Ich freue mich, mal wieder in der Markweghalle zu sein, das ist immer noch ein besonderes Spiel.“ Kontakt hält er vor allem mit seinen Freunden Alexander Zürn und Dominic Rose, „die auch regelmäßig bei unseren Spielen vorbeischauen“.
Vorher gilt es aber, die Hürde gegen die SG-Zweite zu meistern. Wie schwer das ist, durfte das Team von Volker Blumenschein im Vorjahr erfahren, als es sich in der Markweghalle mit 22:26 geschlagen geben musste. „Das hat uns vor rund einem Jahr schon nicht gefallen, deshalb muss es sich nicht wiederholen. Wir wollen gewinnen“, lautet die klare Ansage von Urs Bonhage, der trotzdem vor einem Schub beim Gegner, den der Trainerwechsel ausgelöst haben könnte, warnt. „Nico Kiener kann gut mit jüngeren Spielern und wird ihnen das passende Rüstzeug mitgeben. Es gibt wirklich keinen Grund, dass wir die SG morgen auf die leichte Schulter nehmen.“
SZ/BZ-Mitarbeiter Edip Zvizdiç muss aus journalistischer Sicht zwar Neutralität wahren, drückt der HSG Böblingen/Sindelfingen in Sachen Aufstieg in die Württemberg-Liga aber trotzdem ganz fest die Daumen.
Quelle: SZ-BZ Online