Fußball (Männer): Der Aufsteiger ist einfach cleverer

Das hat man sich beim VfL Sindelfingen definitiv anders vorgestellt. Der Saisonauftakt gegen Verbandsliga-Aufsteiger VfL Nagold ging 2:3 verloren. Zwar schafften die Sindelfinger nach 0:2-Rückstand den zwischenzeitlichen Ausgleich, fingen sich aber postwendend den entscheidenden Gegentreffer. Die Nagolder waren am Samstag schlicht cleverer.

Nagolds Trainer Armin Redzepagic brachte es nach dem Schlusspfiff auf den Punkt: „Wir haben vorne viel Qualität. Man darf uns keinen Platz lassen, Sindelfingen hat uns den Gefallen aber getan.“ Es war beileibe nicht alles schlecht beim VfL Sindelfingen. Die Moral hat gestimmt, die 2. Hälfte war ordentlich, doch unter dem Strich stehen 0 Punkte zum Auftakt.
Vor allem in den ersten 30 Minuten waren einige Sindelfinger Akteure gar nicht richtig auf dem Platz. VfL-Coach Maik Schütt drückte es so aus: „Das war eine Art Blockade. Die Mannschaft war zu angespannt.“ Ganz anders die Nagolder. Vor allem über die rechte Sindelfinger Abwehrseite rollte ein gefährlicher Angriff nach dem anderen. Das lag nicht nur an Außenverteidiger Timo Krauß, sondern daran, dass dieser von seinen Mitspielern sträflich im Stich gelassen wurde.
Luka Kravoscanec hatte viel zu viel Platz – und den wusste der Nagolder zu nutzen. Er bereitete eine gefährliche Chance nach der anderen vor. Nach 5 Minuten musste VfL-Torhüter Alexander Bachmann, der den Vorzug vor David Kocyba erhalten hatte, zum ersten Mal hinter sich greifen. Kravoscanec setzte sich über links durch, bediente Torjäger Pascal Reinhardt, der für Chris Wolfer ablegte. Letzterer bedankte sich mit dem 1:0 für den Aufsteiger.

Überhastete Aktionen

Die Sindelfinger ließen ihre Gegner schalten und walten, und wenn sie selbst mal die Chance auf einen Angriff hatten, folgten überhastete Aktionen und Fehlpässe. Nagold blieb am Drücker und ging in der 28. Minute per Strafstoß 2:0 in Führung: Im Mittelfeld konnten die Gäste einmal mehr nach Belieben schalten und walten, suchten im Strafraum Pascal Reinhardt, den Frederik Mohr nur per Foul stoppen konnte. Schiedsrichter Michael Zeiher (Ludwigsburg) zeigte auf den Punkt, Reinhardt verwandelte eiskalt (28. Minute). Die Mienen auf der Sindelfinger Bank wurden immer düsterer, doch der 2. Nackenschlag hatte immerhin eine Reaktion zur Folge. Zum ersten Mal baute die Schütt-Elf so etwas wie Druck auf. Der erste Warnschuss kam von Florian Feigl. Nach seinem platzierten Freistoß musste sich Nagolds Torwart Bubacarr Sanyang mächtig strecken.
In der 41. Minute dann der Anschlusstreffer. Neuzugang Ivo Colic setzte sich über links gut durch, legte ab für Lars Jäger, der zunächst noch an Sanyang scheiterte. Der konnte den Ball nur abklatschen und Oliver Glotzmann war zur Stelle: 1:2. Jetzt blieb der VfL dran und hätte mit dem Halbzeitpfiff fast noch den Ausgleich erzielt. Nach einer Colic-Ecke war Roberto Klug per Kopf zur Stelle. Bubacarr Sanyang und ein Nagolder Abwehrbein bugsierten den Ball noch gerade so an den Pfosten.
In der Pause stellte Maik Schütt um, brachte Armin Zukic für Timo Krauß. Alexander Wetsch übernahm die rechte Außenverteidiger-Position, Zukic dessen Platz im Mittelfeld. Die Umstellung wirkte. Zwar hatte auch Wetsch rechts hinten eine Menge zu tun, wandelte streckenweise an der Schwelle zur Gelb-Roten Karte, Kravoscanec konnte sich aber bei Weitem nicht mehr so frei entfalten.

Colic tankt sich durch

Vor allem aber waren die Sindelfinger nach dem Wechsel allgemein deutlich aggressiver und aufmerksamer. Lars Jäger ist einer der Aktivposten, der es entweder selbst probiert oder mit seinen Flanken Oliver Glotzmann sucht. Zunächst fehlt noch die Genauigkeit, doch der VfL Sindelfingen ist am Drücker, Nagold bleibt aber immer gefährlich. In der 78. Minute fällt der verdiente Ausgleich: Wieder ist es Ivo Colic, der sich durchsetzt, sich auch von einem Foul nicht beeindrucken lässt, trotzdem auf den Beinen bleibt und auch noch den besser postierten Oliver Glotzmann sieht. Der steuert seinen 2. Treffer an diesem Tag bei und im Floschenstadion glaubten jetzt die meisten, dass noch ein Dreier für Sindelfingen drin ist. Der VfL versuchte dranzubleiben – und wurde hinten nachlässig. Der eingewechselte Elias Bürkle wurde nicht konsequent angegriffen, konnte in aller Ruhe für Pascal Reinhardt auflegen und der ließ sich die Chance zu seinem zweiten Treffer nicht nehmen: 3:2 für Nagold in der 80. Minute. Der VfL versuchte es zwar noch mal, doch diesmal kamen die Sindelfinger nicht mehr zurück.
Maik Schütt war nach dem Schlusspfiff sichtlich angefressen: „Die 1. Halbzeit war desolat. Wir haben dann aber Moral gezeigt und schauen jetzt nach vorn.“ Sein Nagolder Gegenüber Armin Redzepagic strahlte über beide Ohren: „Das war ein Auftakt nach Maß. Als Aufsteiger kann man nicht erwarten, dass man hier gleich 3 Punkte mitnimmt.“
VfL Sindelfingen: Bachmann, Klug, Molitor (62. Minute Perez), Feigl, Wetsch, Jäger, Glotzmann, Krauß (46. Minute Zukic), Colic (84. Minute Frick), Mohr, Aleman Solis
VfL Nagold: Sanyang, Özhan, Bühler, Quiskamp, Seil (46. Minute Ormos), Reinhardt, Kravoscanec (73. Minute Bürkle), Pedro, Skoda, Wolfer (75. Minute Silic), Rebmann
SZ/BZ-Redakteur Steffen Müller spielte von der F- bis zur A-Jugend bei der SV Böblingen. Heute ist er noch regelmäßig für die Hobby-Kicker der Böblinger Kanne-Knobler am Ball.
Quelle: SZ-BZ Online