Das Sportgespräch: Josef Klaffschenkel, Chef der Sindelfinger Fußball-Ladies, tut sich schwer einen neuen Trainer zu finden und will den erneuten Abstieg unbedingt verhindern
Es läuft alles andere als gut bei den VfL Sindelfingen Ladies. Nach dem Abstieg in die Regionalliga droht dem Gründungsmitglied der Frauen-Bundesliga erstmals der Sturz in die Viertklassigkeit. Wie es im Falle eines neuerlichen Abstiegs mit Frauenfußball in Sindelfingen weitergehen würde, kann auch der Vorsitzende Josef Klaffschenkel noch nicht sagen.
Die SZ/BZ unterhielt sich mit Josef Klaffschenkel, der seit gut anderthalb Jahren den VfL Sindelfingen Ladies vorsteht.
Das Jahr 2018 neigt sich dem Ende entgegen. Ihr sportliches Fazit muss doch verheerend ausfallen?
Josef Klaffschenkel (Bild: Zvizdiç): „Naja, wie man’s nimmt. Dieses Thema müssen wir zweigeteilt sehen. Zunächst gelten die Ladies mal als Ausbildungsverein – dieses Thema pushen die Sindelfinger ja schon jahrelang sehr erfolgreich. Im Jugendspielbetrieb machen die Mannschaften und Trainer einen hervorragenden Job. Unsere B-Juniorinnen spielen in der Bundesliga Süd zurzeit überragend. Der Tabellenplatz vier bestätigt dies. Die zweite B-Juniorinnen-Mannschaft liegt auf Platz eins in der Bezirksstaffel mit deutlichem Vorsprung. Die C-Juniorinnen stehen in der Quali-Staffel auf Platz zwei hinter Böblingen. Den Jugendspielbetrieb können wir abhaken.
Bei den Frauen sieht es natürlich anders aus. Aber auch das hat seine Gründe. Nach der verpassten Qualifikation zur eingleisigen 2. Bundesliga haben uns alleine acht Spielerinnen verlassen, die heute weiterhin in der 2. Liga in ihren neuen Mannschaften dominierende Rollen spielen. Zu diesen Spielerinnen haben uns dann aus Frauen I und II weitere 12 Spielerinnen verlassen, weil sie den Aufwand der langen Fahrten nach Sindelfingen nicht mehr auf sich nehmen wollten und dann lieber in ihrer Heimatregion spielen. So mussten wir dann im Sommer aus den verbliebenen Spielerinnen – die bisher in der Oberliga gespielt haben – und den älteren B-Jugendlichen eine schlagkräftige Mannschaft bilden. In Summe gesehen spielen wir eigentlich meist gut mit, verlieren aber am Ende durch dumme Fehler meist knapp.“
Es ist jetzt 5 vor 12
Nach dem Abstieg aus der 2. Bundesliga belegen die VfL Sindelfingen Ladies den letzten Tabellenplatz in der Regionalliga. Der Abstand auf das rettende Ufer beträgt bereits acht Punkte. Wie kann ein neuerlicher Klassensturz noch abgewendet werden?
Josef Klaffschenkel: „Es ist jetzt 5 vor 12. Wir versuchen, in der Winterpause unsere Mannschaft durch 3 bis 4 erfahrene Spielerinnen zu verstärken. Die Gespräche laufen, Ergebnisse können noch nicht verkündet werden. Dann kommen nach der Winterpause wieder Carina Spengler nach einem Kreuzbandriss und Jasmin Ballach nach einem auswärtigen Studium wieder zur Mannschaft zurück. Bianca Blöchl, die aktuell aufgrund einer Verletzung nicht zur Verfügung steht, dürfte dann auch wieder zur Mannschaft stoßen. Gemeinsam mit einem neuen Trainerteam müssen wir dann ganz schnell die Truppe wieder ins richtige Fahrwasser bringen, um die notwendigen Punkte für den Klassenerhalt zu holen.“
Im Bereich des Frauenfußballs sind Insolvenzen immer wieder an der Tagesordnung. Auch in dieser Saison drohen einigen höherklassigen Vereinen Lizenzentzüge. Hoffen Sie abseits des Sportlichen auch auf diesen Umweg, um den Verbleib in der Regionalliga noch zu sichern?
Josef Klaffschenkel: „Das würde uns natürlich ganz gut helfen, ja. Aktuell kämpft ja der USV Jena um das Überleben. Ich glaube auch, dass diese erste Saison der eingleisigen 2. Bundesliga weitere Vereine zum Überlegen gebracht hat, ob sie sich dieses Abenteuer nochmals geben werden.“
Was würde es denn für die Ladies bedeuten, sollte es den nächsten Abstieg geben?
Josef Klaffschenkel: „Das wäre sicherlich für unsere Frauenmannschaften eine schwierige Situation und wirft Fragen auf. Werden die aktuellen Spielerinnen weiterhin mitziehen oder den Verein auch verlassen? Wird eine größere Anzahl an Mädels, die am Ende dieser Saison in den Aktiven-Bereich aufrückt, uns dann auch in der Oberliga die Treue halten oder doch vielleicht wechseln? Das ist alles sehr schwer zu beantworten.“
Welche Auswirkungen hätte dieses Szenario auf die B-Juniorinnen?
Josef Klaffschenkel: „Ohne hochklassigen Aktivenbereich würde den auswärtigen Mädels zuerst mal der Antrieb fehlen, in unserer B-Juniorinnen-Bundesligamannschaft zu spielen, weil sie keine sportliche Perspektive hätten. Wir können aber den Jugendspielerinnen im Großraum Stuttgart immerhin noch eine hochklassige Spielmöglichkeit in der Bundesliga, Süd, bieten. Das sollte Anreiz genug sein, den Jugendspielbetrieb bei den Ladies zu durchlaufen. Um das Vereinsziel ‚Ausbildungsverein‘ zu sichern, befinden wir uns hier auf einem guten Wege.“
Ungewöhnlich für die VfL-Fußballerinnen war das Jahr 2018 auch im Hinblick auf die Trainersituation. Vier Coaches oder Trainergespanne kümmerten sich um die sportlichen Belange. Kontinuität sieht anders aus.
Josef Klaffschenkel: „Im Frauenfußball gibt es keine großen Gelder zu verdienen. Die wenigen Chancen, die die Trainer für ihre persönliche Weiterentwicklung bekommen, müssen sie nutzen. So haben uns vor der letzten Saison Saban Uzun und Co-Trainer Anil Yildiz in Richtung Wolfsburg II verlassen. Alexander Schick hat dann in der vergangenen Winterpause aufgrund beruflicher Neuausrichtung die Verantwortung an Nadine Rolser und Eva-Maria Virsinger weitergegeben. Nadine hat dann während der Saison ihr Studium beendet und erhielt beim FC Basel die Chance, als Trainerin einzusteigen. Eva-Maria wechselte in dieser Zeit zum WFV in die Leitung des Spielbetriebs, dadurch war es ihr zeitlich auch nicht mehr möglich, weiterzumachen. Wir haben uns dann mit Muhidin Avdusinovic einen externen Trainer geholt. Eigentlich ein erfahrener Fußball-Lehrer, auch im Frauenfußball. Aber irgendwie hat dann die Chemie zwischen Trainer und Mannschaft nicht so gestimmt. Deshalb haben wir uns Anfang November einvernehmlich von Muhidin getrennt.“
Interimstrainerin Nina Müller hat bereits deutlich gemacht, dass sie nur für einen begrenzten Zeitraum in der Verantwortung stehen will. Gibt es denn schon einen neuen Kandidaten?
Josef Klaffschenkel: „Wir haben in den letzten Wochen einige Gespräche geführt. Klar wirkt unsere sportliche Situation nicht gerade reizvoll auf mögliche Kandidaten. Außerdem sind ja fast alle guten Trainer in ihren Vereinen gebunden. Wir sind noch auf der Suche.“
Übernimmt der neue Trainer denn nicht ein Himmelfahrtskommando bei acht Punkten Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz?
Josef Klaffschenkel: „Klar, die Aufgabe ist sehr schwer. Aber wenn es uns gelingt, die Mannschaft zu verstärken, dann sind wir per se schon mal spielerisch besser und holen diese Punkte. Und wenn dann der neue Trainer neue Begeisterung entfacht, können wir es gemeinsam schaffen, dem drohenden Abstieg doch noch zu entgehen.“
Bild: Ein Bild mit Symbolcharakter: Die VfL Sindelfingen Ladies mit Spielführerin Julia Steger (links) und Neele Beck liegen im Jahr 2018 oft auf dem Boden. Bild: Zvizdiç08
Quelle: SZ/BZ-Online