Leichtathletik: Stabhochsprung mit der Bambusstange

Leichathletik: Im August 1920 wurde die Abteilung im VfL Sindelfingen gegründet /SZ/BZ-Serie über die Geschichte der VfL-Lechathleten (Folge 1)

Im Jahr 1920 – der Erste Weltkrieg ist vorbei – erfährt auch der Sport einen Neuanfang. Einige beherzte junge Männer des „Turnvereins“ gründen in Sindelfingen eine Leichtathletik-Abteilung, aus der sich mit den Jahren eine Leichtathletikhochburg in Baden-Württemberg entwickelt.

Nun, hundert Jahre später, feiern die Leichtathleten des VfL Sindelfingen ihr Jubiläum. In der neuen SZ/BZ-Serie geht es in den nächsten Wochen um die bewegte Geschichte der Abteilung und die vielen Athleten, Funktionäre und Helfer, die den Sindelfinger Verein zum Aushängeschild machen.
Ein weiter Weg
Es war ein weiter Weg bis aus der ursprünglichen Leichtathletikabteilung des VfL Sindelfingen eine so schlagkräftige wie heute wurde. Glücklicherweise legte man damals im Jahr 1920 aber die Grundlage für 100 bewegte Jahre. Bereits 1919 wurde auf der Hauptversammlung des Turnvereins die Förderung der Leichtathletik in Sindelfingen beschlossen. Schon davor hatten sich sicher zahlreiche Sportler der Stadt, die entweder im Turnerbund, im Turnverein oder in der freien Turnerschaft aktiv waren in den leichtathletischen Grunddisziplinen, dem Laufen, Werfen und Springen als Ergänzung zum Turnen geübt. Im August 1920 wurde dann die Leichtathletik-Abteilung gegründet und beim deutschen Leichtathletik-Verband angemeldet. Sportwart und Leiter war Wilhelm Bernritter, trainiert wurde im Eichholzer Täle und auf der Steige. Schon 1917 hatte Robert Körner von seiner Wilhelmshavener Marineeinheit kommend eine erste Stabhochsprung-Bambusstange mitgebracht und seine Kameraden fachlich angeleitet.
1922 ging die Reise für die Leichtathleten zum 1. Bundes Turn- und Sportfest in Leipzig, 1925 wurden die Bundesmeisterschaften in Dresden besucht.
Aschenbahn auf der Steige
Auch die Trainingsbedingungen verbesserten sich. Auf der Steige wurde die erste Aschenbahn angelegt. Am erfolgreichsten waren in diesen Jahren Hermann Stolz und Wilhelm Bernritter mit beachtlichen Leistungen. Im Stabhochsprung wurden 3,15 Meter überquert, im Dreisprung 12,95 Meter weit gesprungen. Sie vertraten 1927 auch die deutschen Farben beim Länderkampf gegen Finnland in Stuttgart. Von 1928 bis 1933 war dann Eugen Stolz Abteilungsleiter, der Schwerpunkt lag in diesen Jahren auf den Mannschaftskämpfen und Staffelläufen. 1933 wurde die freie Turnerschaft dann mit der Machtergreifung der Nazis zwangsweise aufgelöst.
Von einer selbstständigen Leichtathletikabteilung des Turnvereins 1862 in Sindelfingen ist erst ab 1931 die Rede, wie berichtet wird, wurde im Gasthaus Zum Löwen die Abteilung gegründet. Der erste Abteilungsleiter wurde Hermann Dipper, gleichzeitig ein starker Weitspringer, der 1934 mit 7,06 Metern zu den besten Springern Württembergs gehörte.
Zahlreiche Clubkämpfe gegen Karlsruhe, Pforzheim, die Stuttgarter Kickers, den MTV Stuttgart und den Polizeisportverein Stuttgart sind überliefert. 1935 standen Olympia-Ausscheidungswettkämpfe an und folgende Sindelfinger Leichtathleten waren zugelassen: Hermann Dipper, Franz Maier, Fritz Hutzel über die 1.500 Meter 4:16 Minuten schnell, Otto Leonard, der die 800-Meter-Strecke in 2:03 Minuten lief, Eugen Kübler und Theo Blömke.
Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs machte dann die hoffnungsvolle Entwicklung der Sindelfinger Leichtathleten erst einmal zunichte. Viele Sportler und auch die Abteilungsleitung wurden eingezogen. Einige junge Sportler erzielten jedoch noch bis zum Tag ihrer Einberufung zur Wehrmacht starke Ergebnisse.
Sprung in die Spitzenklasse
Bei den Reichsjugendwettkämpfen spielte die Leichtathletik eine große Rolle und den Sindelfinger Brüdern Erwin und Lothar Ludwig gelang in Breslau der Sprung in die deutsche Spitzenklasse.
Im Laufe des letzten Kriegsjahres 1944 bis hin zu 1946 erlosch dann jeglicher Sportbetrieb, die Wunden des Krieges, dem auch viele junge Leichtathletik-Talente zum Opfer fielen waren zu schmerzhaft.
Nach dem Zweiten-Weltkrieg im Mai 1945 gab es keine Vereine mehr, sie wurden aufgelöst. Nach Genehmigung der Militärregierung wurde schon am 20. Oktober 1945 die Gründungsversammlung des neuen VfL Sindelfingen im Gasthaus „Zum Schwarzen Adler“ abgehalten.
Bild: Die Sindelfinger 4×100 Meter-Staffel 1938 in der Besetzung: Hermann Firnrohr, Walter Wüst, Lothar Ludwig und Erwin Ludwig (von links)
Quelle: SZ/BZ-Online