Der 49-Jährige ist seit 1994 dabei
Es waren zuletzt nervenaufreibende Zeiten, die Oliver Appelt, der Trainer der Sindelfinger Tischtennisfrauen, erlebte. Die sportlichen Herausforderungen in der Dritten Bundesliga und der Regionalliga waren das eine, aber zugleich galt es in Pandemiezeiten viel organisatorische Zusatzarbeit zu verrichten.
Tischtennis. Und nicht zuletzt auch die Personalplanung in einer Sindelfinger Phase des Umbruchs voranzutreiben. Die SZ/BZ nutzte in der wettkampffreien Osterzeit die Gelegenheit, mit dem langjährigen VfL-Coach ein Gespräch zu führen.
Lasses Sie uns zuerst einen Blick in die Historie werfen. Was waren Ihre größten Erfolge als Spieler beim VfL Sindelfingen?
Oliver Appelt: „Meine ersten Jugendjahre verbrachte ich beim TSV Merklingen, bevor ich dann 1987 zum VfL wechselte. Im Einzel nahm ich an der Verbandsrangliste der Schüler teil, mit der Jungen-Mannschaft des VfL erreichte ich 1989 Platz drei bei den Deutschen Mannschaftsmeisterschaften. Lange Jahre spielte ich bei den Männern in der VfL-Ersten, bis hoch zur Verbandsklasse. Als der Verein nach dem Weggang des Tschechen Radomir Revai eine Klasse tiefer antrat und ich zudem immer mehr Zeit mit der Trainerarbeit verbrachte, hörte ich mit dem aktiven Sport auf.“
Wie kam es, dass Sie mehr und mehr auf die Trainerkarte gesetzt haben?
Oliver Appelt: „Ich war damals mit Sandra Ulmer liiert, die Jugendtraining gegeben hat. Der damalige Abteilungsleiter Bernd Kaltenbach fragte mich, ob ich nicht auch in der Jugendarbeit einsteigen wolle, da ich sowieso öfter zuschaute. Anfänglich war ich davon nicht so überzeugt, aber ich durfte dann gleich zusammen mit Willi Schwab eine Trainingsgruppe leiten, in der beispielsweise auch Jasmin Lorenz als ganz junge Spielerin dabei war. Schnell habe ich gemerkt, dass die Talente mit gezieltem Balleimertraining schnell besser werden. Bis heute ist das Balleimertraining mein Steckenpferd.“
Was waren Ihre Trainerstationen bisher?
Oliver Appelt: „Als Trainer habe ich 1994 in Sindelfingen angefangen und bin seitdem dort auch ununterbrochen tätig. Von 2002 bis 2010 arbeitete ich parallel beim TV Rechberghausen im Bezirk Staufen. Seit 2002 trainiere ich beim VfL die erste und zweite Damen-Mannschaft.“
Bei solch einer langen Trainerlaufbahn sinddie Erfolge nicht ausgeblieben.
Oliver Appelt: „Fünf Jahre in Serie gehörte das Sindelfinger Mädchenteam zu den besten Vier in Deutschland. Höhepunkt war der Deutsche Mannschaftsmeistertitel 2002 mit Patricia Hauser, Sarah Zeitter, Melanie Strese und Julia Gutekunst. Ein unvergessliches Erlebnis, vor allem nachdem Julia Gutekunst den zum DM-Titel notwendigen Satz gegen das Team von Pommerland Demmin eingefahren hatte. Auch der zweimalige DM-Titel mit den Ü 40-Seniorinnen des VfL mit Maria Schuller, Elke Philipp und Elke Bacher gehört zu den Highlights. Mit unseren Damen sind wir mittlerweile drei Mal in die dritte Bundesliga aufgestiegen.
Was hat sich in den letzten Jahren am Trainerjob und am Drumherum geändert?
Oliver Appelt: „Das Traineramt selbst hat sich im letzten Jahr nicht allzu sehr verändert. Leider hat Corona in den letzten zwei Jahren den ganzen Spielbetrieb durcheinandergewürfelt. Dies wirkte sich auch negativ auf die Dichte im weiblichen Tischtennissport aus. Es auch immer weniger Ehrenamtliche, die sich in den Vereinen engagieren. Was mich betrifft: Das Traineramt macht mir immer noch genauso viel Spaß wie vor ein oder zwei Jahrzehnten.“
Wie sieht die Zusammenarbeit mit der Abteilungsleitung aus?
Oliver Appelt: „Die Zusammenarbeit mit dem Vorstand, insbesondere mit Carsten Seeger und Werner Bacher, funktioniert sehr gut. Ich habe viele Freiheiten, da der Vorstand weiß, dass er sich auf mich verlassen kann. Zu unterschiedlichen Ansichten kommt es eher selten.“
Wie sehen die sportlichen Ziele aus?
Oliver Appelt: Kurzfristig wollen wir uns in der Dritten Bundesliga etwas weiter nach oben orientieren. Wir haben eine gute Mixtur aus jungen Talenten und erfahrenen Spielerinnen wie Anastassiya Lavrova und Jasmin Lorenz-Kovacs. Für die zweite Mannschaft, die nun in der Oberliga spielt, hoffe ich, dass sich enorm junge Talente wie Leonie Müller, Laura Orda und Gracia Rentschler noch weiter steigern können.“
Wie gelingt es, immer mal wieder gute Spielerinnen nach Sindelfingen zu lotsen?
Oliver Appelt: „Ich würde mich schon als gut vernetzt bezeichnen, im süddeutschen Raum kenne ich doch sehr viele Spielerinnen und auch die Vereinsverantwortlichen. Natürlich spielt immer mit rein, dass man in Sindelfingen die Möglichkeit hat, hochklassig zu spielen. Weiter ist bekannt, dass ich jungen Spielerinnen immer eine Chance gebe und sich diese auf meine Einsatzversprechungen immer verlassen können. Organisatorisch müssen sich die Spielerinnen um nichts kümmern.“
Warum kommen aktuell aus der eigenen Jugend nicht allzu viele Talente nach?
Oliver Appelt: „Die Fülle an jungen, eigenen Spielerinnen ist nicht mehr so groß wie früher. Viele betreiben heute vermehrt andere Sportarten oder betätigen sich gar nicht sportlich. Die Vermittlung von Spaß und die Schaffung eines Zusammengehörigkeitsgefühls sind enorm wichtige Faktoren. Um wieder mehr Jugendliche in den Verein zu bringen, müsste man vermehrt die Schul-AG’s vorantreiben. Dafür fehlen die Trainer. Unsere Jugendleiterin Mareike Spiess macht fraglos einen Super-Job, aber sie ist halt oft allein auf weiter Flur.“