VfL-Hürdenläuferin Carolina Krafzik wird EM-Achte
Carolina Krafzik, 400-Meter-Hürdenläuferin des VfL Sindelfingen, qualifizierte sich bei der Leichtathletik-EM in München für das Finale und wurde Achte
Leichtathletik. Am Ende war es diese eine letzte Hürde, die die Krönung einer herausragenden Europameisterschaft der Sindelfingerin Carolina Krafzik verhinderte. Eine Hürde, die für ihre müden Beine einen Tick zu weit entfernt stand und den ultimativen Triumph verhinderte. Weil aber zu einem Rennen über die 400-Meter-Hürdenstrecke diese letzte, die zehnte Hürde mit dazugehört, wurde Carolina Krafzik am Freitagabend im Münchner Olympiastadion nicht als sensationelle Medaillengewinnerin gefeiert, sondern landete auf dem achten Platz.
Oft entscheiden im Sport Augenblicke, Wimpernschläge, oder ein Gedanke zur falschen Zeit. So war es auch im 400-Meter-Hürden-Finale für das sich die Sindelfingerin mit zwei starken Auftritten in Vorlauf und Halbfinale qualifiziert hatte. Im Vorlauf war sie überragend in die Heim-Europameisterschaften gestartet und hatte mit einem Sturm-Lauf die Herzen der Fans erobert. Um eine halbe Sekunde steigerte sie ihre eigene Bestzeit auf 54,32 Sekunden und jubelte über den souveränen Halbfinaleinzug. Dort hätte ein Strauchler an der siebten Hürde beinahe den Traum vom großen Finale platzen lassen. Doch die 27-Jährige fing sich und stürmte als Zweite ins Ziel und zur sicheren Finalqualifikation.
Begeistertes Heimpublikum
Zum großen Showdown am späten Freitagabend strahlte Carolina Krafzik bis über beide Ohren. Auf Bahn acht ging sie im ersten großen Finale ihrer Karriere an den Start, vor dem begeisterten Heimpublikum. Und getrieben von den lauten Anfeuerungsrufen rannte Krafzik nach dem Startschuss los wie die Feuerwehr. Auf der Gegengerade lief sie vorneweg, bog auf einem Medaillenrang auf die Zielgerade ein. „An der fünften und achten Hürde stoppe ich immer mit, sie war so schnell wie noch nie. Und dann habe ich sie einfach vorneweg marschieren sehen, auf dem Bronzerang“, sagt Trainer Werner Späth, der wie gebannt direkt an der Bahn das Rennen seines Schützlings verfolgte.
Dass sie auf einem Medaillenrang lag, aber von den Gegnerinnen angegriffen wurde, das spürte dann aber auch Carolina Krafzik. Nach vorne gepeitscht von dem Publikum tat sie das einzig logische: Sie gab Vollgas, in der Sindelfingerin steckt schließlich eine Sprinterin. Sie kommt von der 100-Meter-Hürdenstrecke. Die Stadionstrecke mit Hürden ist aber eine komplexe Angelegenheit, um das optimale Ergebnis zu erzielen, ist es wichtig, die ideale Anzahl an Schritten zwischen den Hürden zu machen, sonst kommt es zu einem Verlust an Geschwindigkeit. Deswegen sind lange Schritte so wichtig. „Sie hat alles auf eine Karte gesetzt. Vor der zehnten Hürde hat sie aber vergessen, ihren Schritt zu ziehen. Sie lag auf Platz drei, hat die Leute unglaublich laut gehört und denkt sich, sie muss vorne bleiben. Sie hat in diesem Moment aber nicht gedacht was sie eigentlich denken muss: Lange Schritte machen“, weiß Werner Späth, der den Lauf seiner Athletin lange analysiert hat.
Die Folgen waren deutlich zu sehen: Die zehnte Hürde ist für Krafzik in vollem Lauf zu weit entfernt, sie muss dribbeln, bleibt dadurch beinahe stehen und verliert massiv an Geschwindigkeit. Statt einem herausragenden Platz drei bleibt ihr Platz acht. „Ich bin natürlich enttäuscht“, sagt Krafzik wenig später in der Mixed Zone unter Tränen. „Ich war schneller als sonst, hatte schon die Hand an einer Medaille. Total bitter, dass ich die zehnte Hürde nicht bekommen habe. Vielleicht ist einfach mein Kopf ausgefallen, total schade, dass ich so gedribbelt habe.“
Was aber auch Teil der Geschichte sein muss: Carolina Krafzik hatte eine schwierigen Saisonvorbereitung, nach einer Verletzung fehlten viele wichtige Trainingseinheiten. Gerade die in denen es um die Ausdauer für die letzten Meter geht. Außerdem hatte die Sindelfingerin als einzige aller Finalistinnen schon ihr drittes Rennen bestritten. Die Konkurrentinnen, mit schnelleren Saisonbestzeiten ausgestattet, mussten sich erst im Halbfinale beweisen, während Krafzik schon den Vorlauf in den Beinen hatte. Ihre Steigerung im Vorlauf und das herausragende Finale zeigen aber: Eine Zeit unter 54 Sekunden ist möglich für Krafzik, wäre sogar schon im Finale möglich gewesen. „Es wäre einfach zu schön gewesen, ich hätte es ihr und mir gegönnt“, sagt die Sindelfinger Trainerlegende Werner Späth und vergisst nicht, seinen Trainerkollegen hervorzuheben, der an Krafziks Erfolg maßgeblich beteiligt war: Krafttrainer Helmut Walentin. „Wir haben uns beide so sehr gefreut, dass wir Caro rechtzeitig fit bekommen haben.“
Doch trotz der verpassten Sensation: Carolina Krafzik hat im Münchner Olympiastadion herausragende Leistungen gezeigt. Am Samstagabend absolvierte sie schließlich nach drei nervenaufreibenden Rennen noch ein viertes. Auch auf der Stadionrunde ohne Hürden ist sie die schnellste Deutsche und damit prädestiniert für den Einsatz als Schlussläuferin der deutschen 4×400-Meter-Staffel, die ohne ihre Unterstützung ins Finale eingezogen war. Und Carolina Krafzik machte nicht annährend den Anschein, müde Beine zu haben. Auf Platz sieben übernahm sie das Staffelholz und zeigte eine bestechende Zielgerade auf der sie zwei Nationen bezwang und die deutsche Staffel auf den fünften Rang führte. „Ich wollte das heute mit den Mädels genießen und eine gute Platzierung erzielen“, freut sich Krafzik über ihren letzten Streich.
Bild: k/a
Quelle: SZ/BZ-Online