Fitnesstag unter dem Motto „Mach mit, werde fit“
Um 8:30 Uhr ist der Startschuss. Bereits kurz nach 8 Uhr sind die ersten Kinder im Sindelfinger Glaspalast und werden zunehmend ungeduldig.
Fitness. Sie sehen zahlreiche aufgebaute Sportstationen, sie wollen loslegen, sich bewegen. Gemach, zunächst müssen noch einige organisatorische Dinge geklärt werden, dann aber geht es los. Die Bürgerstiftung Sindelfingen hat Sindelfingen wieder in Bewegung gebracht, und zwar im Glaspalast beim Fitnesstag für Kindertagesstätten und Schulen, er stand unter dem Motto „Mach mit, werde fit“.
Die Bürgerstiftung Sindelfingen hat heuer zum 15. Mal diesen Aktionstag veranstaltet. Federführung für das Projekt ist seitens dieser Organisation Vorstand Ulrich Weber zuständig. Alleine wäre die Bürgerstiftung nicht in der Lage, die Veranstaltung zu stemmen. Die AOK unterstützt sie ebenso wie die Sindelfinger Marktbeschicker, die Obst zur Verfügung stellen. Gastrogetränke Schlanderer besorgt die Getränke, Bäcker Sehne spendiert Brezeln. Mit im Boot ist zudem die Stadt Sindelfingen, die den Glaspalast und das Außengelände zur Verfügung stellt. „Wir übernehmen die Transportleistungen für die Busse, eine kleine finanzielle Zuwendung gibt es auch noch“, sagt Sindelfingens Erster Bürgermeister Christian Gangl.
In seinen Bereich fallen auch die Schulen, die Kindertagesstätten und der Sport.Gangl schaut denn auch im Glaspalast vorbei und beobachtet das muntere Treiben. „Das dieser Tag zum 15. Mal stattfindet zeigt, dass er eine Erfolgsgeschichte ist. Er ist ein fester Bestandteil und eine wichtige Säule im Angebot der Stadt, um Kinder in Bewegung zu bringen. Der Aufwand mit über 100 Ehrenamtlichen ist enorm“, sagt Gangl.
Rund 750 Kinder nahmen an dem Fitnesstag teil, sie kamen aus elf verschiedenen Einrichtungen, teilweise fuhren sie mit dem Bus an. „Wir haben ein rollierendes System eingeführt“, erklärt Ulrich Weber, jährlich wechseln die teilnehmenden Kindergärten und Schulen. „Wir hatten früher ein Windhundsystem. Wer sich zuerst gemeldet hat, kam als erstes dran. Das haben wir geändert“, sagt Weber.
Für die Kinder sind 21 Stationen aufgebaut, eingeteilt sind sie in sieben Inseln zu jeweils drei Stationen. An jeder dieser Stationen üben 12 bis 15 der jungen Sportler. „Das hat sich bewährt. So haben die Kinder ausreichend Wiederholungen“, sagt Weber.Michaela Baumgartl und Uwe Geisert sind als Trainer der HSG Böblingen / Sindelfingen beim Fitnesstag dabei. „Das ist alles nicht so einfach“, sagt Baumgartl, sie bezieht diese Aussage auf die motorischen Fähigkeiten der Kinder. Beim Prellen ist für etliche der Athleten der Ball nicht der Freund. Beim Werfen sieht es nicht viel anders aus. Aber, und das stimmt Michaela Baumgartl zuversichtlich: „Im zweiten und dritten Durchgang sieht es schon besser aus. Der Umgang mit einem Ball ist leider nicht mehr selbstverständlich.“
Das bestätigt Andreas Russky, er betreibt die Fußballschule Fairplay. „Einige haben schon Probleme beim Anziehen ihrer Schuhe und der Leibchen“, schildert Russky. Als er eine Gruppe von elf Kindern fragt, wer schon einmal gegen einen Ball getreten habe, melden sich zwei. Was Russky spürt: „Die Kinder waren unheimlich dankbar, dass sie sich bewegen durften, dass sie Sport treiben durften.“ Es sei leider nicht mehr üblich, dass sich der Nachwuchs im Alltag bewegt.Diese Bewegungsarmut der Kinder ist seit vielen Jahren ein Problem, verstärkt wurde es noch durch die Corona-Pandemie. Die körperlichen, kognitiven und motorischen Leistungen gehen zurück. Die Zahl der übergewichtigen Kinder nimmt laut der AOK weiter zu. Grund dafür seien falsche Ernährung und Bewegungsmangel.
Der Fitnesstag der Bürgerstiftung Sindelfingen will dem entgegen wirken, will Kinder zur Bewegung animieren. Die motorischen Defizite der Kinder lassen sich sehr gut auf dem Airtrack feststellen, einer mit Luft gefüllten, mehrere Meter langen Matte. Der Purzelbaum vorwärts klappt teilweise ordentlich, beim Purzelbaum rückwärts sieht es hingegen oft düster aus. Dazu passt die Feststellung von Michaela Baumgartl: „Rückwärtslaufen ist für viele inzwischen ein Problem.“
Überhaupt kein Problem gibt es bei den jungen Sportlern in Sachen Motivation: Sie sind begeistert bei der Sache, auch wenn etwas nicht klappt. Sie wollen sich bewegen, womöglich fehlt ihnen im Alltag aber die Möglichkeit dazu, womöglich dienen die Eltern nicht mehr als Vorbild. Der VfL Sindelfingen versucht diesem Trend mit seiner Kindersportschule (KiSS) so gut wie möglich entgegenzuwirken, sie ist beim Fitnesstag ebenfalls vertreten. „Seitens des VfL Sindelfingen begleiten wir das Konzept der Bürgerstiftung seit 15 Jahren mit verschiedenen Abteilungen“, sagt Harry Kibele, Sportmanager beim VfL
.„Integration ist uns sehr wichtig“, sagt Ulrich Weber. So nehmen an dem Fitnesstag denn auch verschiedene sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren teil, ehedem wurde dazu Sonderschule gesagt. So die Winterhaldenschule, die Bodelschwinghschule und die Martinsschule. Matthias Gerdemann ist Lehrer an der Winterhaldenschule, sie ist mit 28 Schülern vor Ort, mit Fußgängern wie mit Rollstuhlfahrern. „Für uns und die Kinder ist der Fitnesstag eine schöne Abwechslung zum Schulalltag.
Die Begeisterung bei den Kindern ist sehr hoch und die Übungsleiter an den einzelnen Stationen können sehen, dass der Leistungsunterschied zwischen unseren Kindern und den Kindern der anderen Schulen teilweise gar nicht so groß ist“, sagt Gerdemann.„Der Torschuss hat mir sehr gut gefallen“, sagt Luis, der gerötete Wangen hat vor lauter Einsatz. Seinem Klassenkamerad Felix geht es ebenso. „Ich finde die Messung toll.“ Enis hat hingegen viel Spaß beim Kegeln. Es sei toll, wenn die Kugel nach vorne rollt. Alle drei drei haben leuchtende Augen, wenn sie von ihren Sportstationen erzählen. Sie stehen stellvertretend für die anderen etwa 750 Kinder, die ganz offensichtlich sehr viel Freude haben an dem Fitnesstag der Bürgerstiftung. Bleibt zu hoffen, dass die Freude an der Bewegung nachhaltig ist.
Bild: Fahrradfahren auf dem Rücken. Das fröhliche Durcheinander beim Fitnesstag der Sindelfinger Bürgerstiftung im und um den Glaspalast. Bild: Oberdorfer
Quelle: SZ/BZ-Online