Leichtathletik: Familie Alder will immer nur laufen

Mutter Janeth Caisalitin Alder startete bei Olympia 1992

Angelina (10 Jahre), Michael (14), Lily (15), Vanessa (18) und Carmen Alder (20) sind dabei, die hiesige Laufszene aufzumischen.

Leichtathletik. Am Samstag gewannen Angelina und Michael Alder die Stadtwerke-Schülerläufe im Rahmen des 35. Böblinger Mercaden-Stadtlaufs, wobei die Zehnjährige nicht nur den Wettbewerb der U12-Klasse gewann, sondern sich auch gegen die Läuferinnen der höheren Altersklasse durchsetzte. Dass das Geschwister-Quintett vom VfL Sindelfingen gut zu Fuß ist, ist kein Wunder, sondern liegt am Training und an den Genen: Janeth Caisalitin Alder stand bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona im Finale des 3000-m-Laufs und wurde Elfte, damals noch als Janeth Caisalitin Tenorio.

Janeth Caisalitin Alder stammt aus Ecuador und war in der zweiten Hälfte der 1980er bis Ende der 1990er Jahre eine der besten Mittelstreckenläuferinnen Mittel- und Südamerikas. Gegen Ende ihrer Karriere mischte die zierliche, 1,60 Meter große Frau dort nicht nur über 800, 1500 und 3000 Meter vorne mit, sondern auch auf den Langstrecken über 5000 Meter und im Crosslauf. Süd- und gesamtamerikanische Titel gewann sie als Jugendliche, bei den Junioren und in der Aktivenklasse. Nach Deutschland kam die Familie im vergangenen Jahr durch ihren Mann und Vater, einen hohen Offizier der US-Army, der in der Böblinger Panzerkaserne stationiert ist.

Seit Herbst trainieren die fünf Geschwister beim VfL Sindelfingen vor allem bei Olaf Labrenz und Philipp Riexinger. „Angie war erst bei den Speedys, aber sie war völlig unterfordert“, sagt Olaf Labrenz. Deswegen trainiert sie inzwischen bei den „Großen“ mit. Was aber nicht heißt, dass das Quintett immer zusammen unterwegs ist. Eher das Gegenteil ist der Fall. Da sie sowohl die amerikanische wie auch die ecuadorische Staatsangehörigkeit besitzen, sind die drei älteren Schwestern auch öfter mal im Auslandseinsatz. So wurde Lily im Winter US-Hallenmeisterin ihrer Altersklasse. Vanessa und Carmen Alder haben sich bereits in die Nachwuchs-Rekordlisten Ecuadors gelaufen, in denen ihre Mutter immer noch einmal an erster Stelle steht.

Trotz Sieg gab es keine Goldmedaille

Ihre beiden Staatsangehörigkeiten sind für das Quintett ein Problem. Bei Deutschen Meisterschaften dürfen die Geschwister nicht starten, bei unterklassigen Titelkämpfen bisher nur außer Konkurrenz, weshalb eine 4×400-Meter-Staffel des VfL Sindelfingen mit Carmen Alder vor einer Woche bei den Süddeutschen Meisterschaft zwar als Erste ins Ziel kam, aber auf die Goldmedaillen verzichten musste.

Roland Weiler, früher Stabhochspringer beim VfL und heute Rechtsanwalt, kümmert sich um den Fall. „Ich verstehe, dass der Deutsche Leichtathletik-Verband verhindern will, dass zahlungskräftige Vereine zu Deutschen Meisterschaften ausländische Stars einfliegen lassen, um die Titel abzusahnen, aber wenn es sich um junge Sportler handelt, die hier leben und trainieren, dann ist das nicht gerecht“, ist Olaf Labrenz mit der derzeitigen Regelung unzufrieden. „Da ist immer von Integration die Rede, aber hier wird sie mit Füßen getreten“, schimpft der Trainer, „schließlich wollen die Alders acht Jahre hierbleiben.“ Dass die Geschwister so lange laufen werden, daran hat er keinen Zweifel: „Sie laufen nicht nur alle in Grund und Boden, sie haben vor allem Spaß beim Laufen.“

Damit es mit der Integration klappt, auch wenn für die Teilnahme an Deutschen Meisterschaften die Hürden bleiben sollten, kümmert sich der VfL. „Wir haben sie bei Behördengängen begleitet, und jetzt geht es darum, dass sie Deutsch lernen“, berichtet Olaf Labrenz.

Bild: Olympiateilnehmerin Janeth Caisalitin Alder und ihr Nesthäkchen Angelina, die beim Böblinger Stadtlauf auch den älteren Konkurrentinnen in den Schülerläufen davonrannte. Bild: Reichert

Quelle: SZ/BZ-Online