Yannick Wolf ist der Neffe von Birgit Hamann
Der Dauerregen und die frischen Temperaturen im Maichinger Allmendstadion tangieren die etwa 40 Kinder der Sindelfinger Speedy-Leichtathletikschule relativ wenig.
Leichtathletik. Schließlich steht ihnen auf der Tartanbahn mit Yannick Wolf Deutschlands derzeit schnellster Mann gegenüber. Der Neffe von Birgit Hamann, Leiterin der Leichtathletikschule, nutzt seinen ohnehin geplanten Besuch in Sindelfingen zu einer willkommenen Stippvisite bei den Leichtathletik-Kids.
Auch wenn das Allmendstadion an diesem Abend eher zum Schwimm- als zum Sprinttraining taugt, lassen es sich die jungen Talente aus fünf verschiedenen Trainingsgruppen von Birgit Hamann nicht nehmen, sich vom aktuellen deutschen 100 Meter-Meister ein paar Tipps für einen effektiven Sprint geben zu lassen. Und gemeinsam mit dem Spitzensportler auch mal zügig die Sprintstrecke abzulaufen. Zudem wird den Jugendlichen mit dem Zollstock mit abgemessenen 7,64 Metern die Weitsprung-Bestweite von Yannick Wolf anschaulich gemacht. „Unser Treffen mit Yannick hat sich relativ kurzfristig ergeben“, sagte Birgit Hamann, „er hat im Glaspalast Krafttraining gemacht und außerdem seinen Individualtrainer Sebastian Hess besucht, der hier ganz in der Nähe wohnt.“
Selfies unter dem Tribünendach
Unterm Tribünendach und im Anschluss bei der Selfie- und Autogrammstunde, in der der Stapel mitgebrachter Autogrammkarten in Nullkommanix unter die Youngsters gebracht wird, steht der 23-jährige Topathlet Rede und Antwort. Was denn seine Bestzeit über 50 Meter war, als er zehn Jahre alt war, will einer wissen. „Ich glaube, das waren damals 7,33 Sekunden“, erinnerte sich Yannick Wolf vage. Ob er es neben Weitsprung auch mal mit Hochsprung probiert hat? „Ja, ich sprang immerhin über meine Körpergröße von 1,75 Metern“, meinte der ehemalige Allroundsportler, der früher auch Tennis und Fußball spielte, außerdem dem Skifahren und Windsurfen nicht abgeneigt war. Und ob er gut in der Schule war, fragt ein Knirps. „Ansichtssache, es hat jedenfalls gereicht.“
Im Alter von 15 Jahren nahm Yannick Wolf erstmals an einer Deutschen Meisterschaft teil, spätestens von da an wusste er, dass er es in der Leichtathletik zu mehr bringen könnte. Und die Erfolge blieben für den Sprinter der LG Stadtwerke München nicht aus: Im Jahr 2017 wurde er deutscher U 18-Meister im Weitsprung und mit der 4 x 100 Meter-Staffel, weitere Titel und Rekorde feierte er mit der U 20- und der U 23-Staffel. Seine eigentliche Lieblingsdisziplin, den Weitsprung, hatte er spätestens seit diesem Jahr hinten angestellt, wo ihm – für manche überraschend – in Kassel mit dem Gewinn des deutschen Meistertitels im 100-Meter-Sprint der nächste große Karriereschritt gelang.
Aktuell absolviert Yannick Wolf bei der bayerischen Polizei seine Ausbildung zum Polizeimeister, kann unter der Spitzensportförderung Beruf und Sport gut miteinander verbinden. „Wenn da mal ein Ganove vor Yannick davonrennt, wird dieser wohl nicht weit kommen“, meinte Birgit Hamann und erntete ein Lachen von den Kindern. Und als Yannick Wolf erzählt, dass er im kommenden Jahr zu Trainingslagern nach Teneriffa und Florida aufbrechen werde, sagte die Trainerin: „Also Kinder, es lohnt sich zu trainieren.“
Überhaupt liegt vor dem 100-Meter-Läufer, dessen Bestzeit aktuell bei 10,16 Sekunden liegt und der sich derzeit im Aufbautraining befindet, ein Jahr voller sportlicher Höhepunkte. Bei den Staffel-Weltmeisterschaften auf den Bahamas gilt es mit dem deutschen Quartett unter die ersten 16 zu kommen, um das Olympia-Ticket für Paris zu lösen. Zuletzt bei den Weltmeisterschaften in Budapest stand Yannick Wolf zwar beim Vorlauf auf der Tartanbahn, musste aber als Schlussläufer des deutschen Teams tatenlos zusehen, wie seine Kameraden bei der Staffelübergabe patzten. Anfang Juni stehen dann die Europameisterschaften im Terminkalender, Ende Juni die Deutschen Meisterschaften, ehe dann die Teilnahme bei Olympia winkt. „Hoffentlich auch im Einzelsprint“, sagte Yannick Wolf, der sich über die Punktewertung und die Bestätigungsnorm qualifizieren möchte.
Ob er einmal in der Lage sein wird, den deutschen Rekord zu knacken und erstmals unter den zehn Sekunden zu bleiben? „Das ist theoretisch schon machbar“, sagt der Modellathlet, „Tagesform, Windverhältnisse, die Laufanlage, die Reaktion, jeder Schritt muss passen.“ In Paris wolle er dann seine Bestleistung abrufen und so nah wie möglich an die magische Marke herankommen. „Ins Halbfinale kommen und dort eine 9,99 laufen, das wär’s“, kommt er ins Schwärmen.
Bild: Gruppenbild mit Sprinter Jannick Wolf (Mitte) und den Speedys der Sindelfinger Leichathletik-Schule von Birgit Hamann. Bild: photostampe
Quelle: SZ/BZ-Online