Handball: Murkenbachhalle wird zum Tollhaus

Was für ein Finale

Das Verbandsliga-Verfolgerduell zwischen der HSG Böblingen/Sindelfingen und dem TSV Altensteig wird zum Krimi und hat am Ende dann doch keinen Sieger. Mit dem 30:30 können beide Mannschaften leben.

Handball. Für einen kurzen Moment scheint in der Böblinger Murkenbachhalle die Zeit stillzustehen. Sowohl die Protagonisten beider Mannschaften unten auf dem Feld als auch die knapp 600 Zuschauer oben auf den Rängen der Böblinger Murkenbachhalle wissen nicht so recht, was tun. Soeben hatte die Schlusssirene das Verfolgerduell zwischen der HSG Böblingen/Sindelfingen und dem TSV Altensteig beendet, auf der Anzeigetafel prangte ein 30:30-Unentschieden. Mit leichter Verzögerung aber quittieren auch die Handballfans den zuvor 60-minütigen Krimi mit stehenden Ovationen.

Marco Cece hat indes überhaupt keine Zweifel, wie er das Spiel einordnen sollte. „Wenn man zwischenzeitlich mit acht Toren zurückliegt, dann ist das ganz klar ein gewonnener Punkt“, sagt der HSG-Trainer nach der Partie. Auch wenn viele Fans das anders sahen. Auch dafür hat Marco Cece Verständnis. „Klar, wenn man zwei Mal in den letzten anderthalb Minuten die Chance hat, das Spiel sogar noch zu gewinnen, dann kann man auch enttäuscht sein. Das will ich nach diesem tollen Spiel aber nicht sein, immerhin war der Tabellenzweite bei uns zu Gast.“

Ursprünglich war das Ziel der HSG-Truppe sogar die Altensteiger zu besiegen und selbst auf den zweiten Rang hochzuspringen. Allerdings brachten sich die Hausherren mit einer verschlafenen Anfangsphase selbst aus dem Tritt. „Das war nix“, wunderte sich der Bösi-Coach. „Wir waren irgendwie nervös, kamen immer einen Schritt zu spät und haben auch vorne einiges liegen lassen.“ Sinnbildlich für den dürftigen Auftritt zu Beginn waren zwei Fehlwürfe des in der Folge gewohnt treffsicheren Marvin Seeger.

So wuchs der Rückstand gegen eine gute Altensteiger Mannschaft stetig an und betrug zur Pause bei 11:19 bereits acht Tore. „Was nun?“, fragte sich das HSG-Trainergespann Marco Cece und sein Bruder Vito Cece und packte in der Kabine die Peitsche aus – wenn auch nur die verbale. „Wir sind laut geworden, unser italienisches Temperament kam kurz durch“, sagte Co-Trainer Vito Cece. „Wir wollten die Jungs wachrütteln, weil sie bis dahin fast nichts gezeigt hatten.“

Immer noch Hoffnung

Die Hoffnung der HSG-Trainer ruhte auch auf der pickepackevollen Bank. „Wir waren uns sicher, dass wir gegen Ende deutlich frischer sein werden als der Gegner“, so Marco Cece. Während die Gäste nämlich nur mit neun Feldspielern angereist waren, meldeten sich bei den Bösis sogar die angeschlagenen Urs Bonhage und Nicholas Raff einsatzbereit zurück. Und die beiden Routiniers sollten ihren Teil zum Gelingen beitragen. Mit drei schnellen Toren zum 14:19 brachten Urs Bonhage, Marvin Seeger und Nicholas Raff gleich mal die Zuschauer zurück ins Spiel. „Ohne die richtige Stimmung zu erzeugen, hätten wir das heute nicht mehr drehen können“, sagte Marco Cece.

Nach dem guten Start in den zweiten Durchgang setzte der HSG-Trainer weitere Etappenziele an. „Wir wollten als nächstes auf vier Tore verkürzen.“ Die Durchführung dieses Vorhabens ließ aber etwas länger auf sich warten. Zwischenzeitlich waren die Gäste, bei denen vor allem der Rückraum mit Alexander Hils und Jannik Holzäpfel herausstach, wieder auf 22:15 enteilt. In der 49. Minute stellte Marvin Seeger per Siebenmeter aber auf 22:26, eine Minute später Nicholas Raff sogar auf 23:26.

Jetzt wird es richtig heiß

Die Murkenbachhalle verwandelte sich nun in ein Tollhaus. Umso mehr, als Urs Bonhage, der als Rechtsaußen auflief, in der 55. Minute auf 26:28 verkürzen und dabei auch noch eine Rote Karte gegen Lukas Scheu zoge. Der TSV ließ sich davon noch nicht einschüchtern und konterte durch Florian Dannenberg zum 29:26. Danach aber folgten vier HSG-Treffer in Serie und knapp zwei Minuten vor dem Spielende tatsächlich bei 30:29 die erste Führung der Gastgeber.

Zum Sieg sollte es dennoch nicht reichen. Auch wenn die Altensteiger der HSG noch ein weiteres Geschenk reichten. Der Physio der Gäste betrat ohne Rücksprache mit den Unparteiischen das Feld und bekam zwei Minuten aufgebrummt. In Führung liegend, dazu in Überzahl und auch noch Ball in Hand – was sollte jetzt noch schiefgehen? „Leider alles in den letzten anderthalb Minuten“, gab Marco Cece die Antwort. Felix Bormann pflückte zuerst einen Versuch von Frederik Todt weg und zauberte dann einen Traumpass für Florian Dannenberg aus dem Handgelenk, den dieser zum 30:30 zu nutzen wusste. Dann war der TSV-Torwart auch noch bei einem letzten Wurf von Urs Bonhage zur Stelle und rettete seinem Team zumindest einen Zähler. „Ich will nicht meckern“, arrangiert sich Marco Cece schnell mit dem Remis. „Wenn man das gesamte Spiel betrachtet, geht das Ergebnis in Ordnung.“

HSG Böblingen/Sindelfingen: Gsell, Maaß (beide im Tor); Schmitt (2 Tore), Staudenmaier (1), Bonhage (6), Matti Spitzl, Finn Spitzl (1), Tim Frommer (2), Todt (3/davon 1 Siebenmeter), Seeger (8/2), Hablizel, Lapp (1), Dörner (2), Raff (4)

Bild: Die HSG drehte in den Schlussminuten ein unglaublich spannendes Spiel. Urs Bonhage (am Ball) hatte in den letzten Sekunden sogar noch den Sieg in der Hand. Bild: Photostampe

Quelle: SZ/BZ-Online