Leichtathletik: Das Sindelfinger Hürden-Ass Carolina Krafzik hat die Spikes an den Nagel gehängt

Grundschullehrerin nach den Ferien.

Die 29-Jährige hat nach den Olympischen Spielen in Paris ihre Karriere beendet.

Carolina Krafzik beendet ihre Karriere. Die derzeit erfolgreichste Sindelfinger Leichtathletin hat direkt nach den Olympischen Spielen von Paris ihre Spikes an den Nagel gehängt und sich aus dem Leistungssport verabschiedet.Für viele Leichtathletikfans kam die Nachricht am Freitag überraschend, schließlich hat die 29-Jährige in ihrer Karriere, die so richtig erst 2018 begann, zwar schon einige Höhepunkte erlebt, weitere Erfolge waren der Sindelfingerin aber durchaus zuzutrauen.

Als 100-Meter-Hürdensprinterin kam Krafzik aus Niefern zum VfL Sindelfingen und schloss sich Trainer Werner Späth an, der damals noch Nadine Hildebrand trainierte. Späth war es, der seiner neuen Athletin nahelegte, es doch einmal über die Langhürden-Distanz zu probieren. Schon im ersten Jahr mit durchschlagendem Erfolg. „Sonst habe ich es gerade mal zu den Deutschen Meisterschaften geschafft, über die 400-Meter-Hürden war ich gleich im ersten Jahr 2018 im Finale und habe die Bronzemedaille gewonnen. Das hätte ich nie erwartet und war mega happy.“

Der vergleichsweise sehr späte Disziplinenwechsel mit dreiundzwanzig Jahren zahlte sich aus und nun nahm die Karriere von Carolina Krafzik erst so richtig ihren Lauf. In 2019 feierte die Sindelfingerin ihren ersten Deutschen Meistertitel und sollte noch zur Serienmeisterin mit fünf Titeln werden. Im selben Jahr ihre erste WM-Teilnahme in Doha, dort lief sie wie vier Jahre später in Budapest gleich ins Halbfinale. Ebenso wie bei den Olympischen Spielen in Tokio (Japan) 2021, wo sie als Gesamt-Zehnte überzeugte. Bei der Heim-EM in München 2022 verpasste Krafzik auf Medaillenkurs liegend nach einem Strauchler die Sensation knapp und wurde Achte. Im Vorlauf stellte sie mit 54,32 Sekunden ihre Bestzeit auf und liegt damit auf Rang neun der ewigen deutschen Bestenliste. „Ich habe so viel erleben dürfen, damit hätte ich nie gerechnet. Durch meinen späten Wechsel konnte ich mich immer wieder selbst überraschen und habe die Freude nie verloren.“

Schon im vergangenen Jahr traf die 29-Jährige mit Trainer Werner Späth die Entscheidung: „Das wird meine letzte Saison, egal wie sie läuft. Ich wollte nochmal alles geben und genießen.“ Das Aufbautraining verlief vielversprechend, die Norm für die Olympischen Spiele hatte Krafzik schon erfüllt, was sollte also schiefgehen?

Bei einer Hürdenläuferin kann das so einiges sein, schließlich stehen in jedem Hürdentraining und bei jedem Wettkampf mindestens zehn Hürden im Weg. An einer solchen blieb Krafzik zum Saisonauftakt hängen und verschob sich den Fuß. Das führte nach einigen Trainingseinheiten zu Achillessehnenproblemen, die die komplette Saison nicht mehr verschwanden. „Ich habe vor den Olympischen Spielen akzeptiert: Das kann ich nicht mehr ändern und habe es wirklich genossen. Ich bin noch nie in so einem vollen Stadion gelaufen, das war der Wahnsinn“, so Krafzik. Am eigenen Leib verspürte sie, wie grausam der Sport sein kann. Mit guten Chancen auf das Halbfinale zeigte sie in der ersten Rennhälfte ihres Vorlaufs eine tolle Leistung, dann knickte sie um, zog sich einen Bänderriss zu und quälte sich ins Ziel.

„Mit meiner Entscheidung bin ich trotz der verkorksten Saison völlig fein. Ich habe tolle Erfolge feiern können und konnte nochmal an Olympischen Spielen teilnehmen“, so Carolina Krafzik. Ob der Fuß inzwischen belastbar ist, weiß die Sindelfingerin aber gar nicht so recht. Nach dem Hoffnungslauf in Paris hat sie keine Trainingseinheit mehr absolviert. „Ich habe nichts Sportliches mehr gemacht und vermisse gar nichts. Aber für diesen Winter freue ich mich besonders aufs Skifahren.“

Auch so bleibt für Carolina Krafzik genug zu tun. Sie setzte nach den ersten Erfolgen nämlich nicht etwa alles auf die Karte Leistungssport. Sie brachte ihr Lehramtsstudium zu Ende, absolvierte ihr Referendariat und unterrichtete anschließend als Grundschullehrerin in Teilzeit. Entsprechend leicht fällt ihr nun der Wechsel zurück ins normale Leben. „Klar, der Leistungssport war lange meine erste Priorität, aber dadurch, dass ich parallel immer gearbeitet habe, muss ich jetzt nicht lange überlegen was ich mache. Ich kann in meiner Schule bleiben und arbeite nach den Sommerferien zu hundert Prozent.“ In ein Loch wird die Sindelfingerin also nicht fallen, im Gegenteil, die Vorfreude auf den neuen Lebensabschnitt ist groß. „Ich genieße es jetzt in den Sommerferien schon sehr, so flexibel zu sein.“ Eines wird Krafzik auf keinen Fall vermissen: „Die Aufbauphase, das ist immer sehr anstrengend. Aber fehlen wird mir sicherlich die Wettkampfstimmung und das Glücksgefühl nach einem guten Lauf.“

Den Sindelfingern wird Krafzik spätestens bei den Deutschen Langstaffelmeisterschaften schmerzlich fehlen. Zumal es noch eine andere Personalie zu vermelden gibt: Gemeinsam mit seinem Schützling beendet auch Trainer Werner Späth seine Tätigkeit. Im Alter von achtzig Jahren und nach sechzig Jahren als Trainer ein nachvollziehbarer Schritt. „Ich habe Werner alles zu verdanken und er hat nochmal bewiesen, dass er mich auf den Punkt fit bekommt.“

Quelle: Sindelfinger Zeitung/ Böblinger Zeitung online