Leichtathletik: Die Sindelfinger Show in Dresden

Alexander Stepanov spielt förmlich mit der Konkurrenz, die Kugelstoßer Eric Maihöfer und Tizian Lauria holen einen Doppelsieg, Jessica-Bianca Wessolly holt Silber und Kim Bödi wächst über sich hinaus. Und das ist noch lange nicht alles.

133 Deutsche Meisterschaften in 20 Sportarten wurden bei den Finals in Dresden vergeben. Der VfL Sindelfingen bekam dabei in der Leichtathletik ordentlich Rampenlicht ab.

Mit einem starken Team war der VfL Sindelfingen angereist. Schon am Samstag sicherten sich die VfL-Athleten mit dem Doppelsieg im Kugelstoßen zwei Medaillen, am Sonntag setzten Alexander Stepanov und Jessica-Bianca Wessolly noch eins drauf.

Das Kugelstoßen der Männer ist schon seit vielen Jahren Medaillengarant für die Sindelfinger Leichtathletik. Bei drei Startern waren es am Samstag gleich zwei Mal Edelmetall für die Blau-Weißen. Eigentlich war ein Dreikampf zwischen Silas Ristl, Eric Maihöfer und Tizian Lauria erwartet worden. Doch Ristl tat sich in Dresden ungewohnt schwer und so duellierten sich Maihöfer und Lauria um den Deutschen Meistertitel.

Mit seinen ersten beiden Stößen, beide knapp an die 20-Meter-Marke, schien Tizian Lauria den besten Tag erwischt zu haben. Er ging gleich in Durchgang eins mit 19,95 Meter in Führung und vorerst schien ihm diese niemand streitig machen zu wollen. Eric Maihöfer startete zwar solide in den Wettkampf, den ganz weiten Stoß packte er aber erst im fünften Versuch aus. Der VfL-Athlet wuchtete seine Kugel auf 20,10 Meter und übertraf seinen Trainingskollegen. Es sollte der einzige 20-Meter-Stoß der Konkurrenz bleiben. Denn obwohl Tizian Lauria nochmal alles in seinen letzten Versuch setzte, kam er nicht mehr über die 20 Meter.

„Ich bin happy“

Der alte und neue Deutsche Meister heißt also Eric Maihöfer. „Über die Titelverteidigung bin ich sehr happy. Der Wettkampf war aber sehr durchwachsen, ich habe schwer reingefunden und den ganzen Wettkampf mit mir gehadert“, so Maihöfer. „Aber am Ende zählt bei Deutschen Meisterschaften das Ergebnis und dass ich die 20 Meter übertroffen habe, bedeutet mir sehr viel.“

Auch Tizian Lauria kann zufrieden sein. „Ich bin heute super reingekommen mit den 19,95 Metern im ersten Versuch. Deswegen dachte ich, dass ich da heute noch angreifen kann und Bestleistung stoßen kann. Daraus wurde leider nichts, ab dem dritten Versuch war ein bisschen die Luft raus“, so der U23-Europameister.

Die Atmosphäre in Dresden konnte er dennoch genießen. „Die Stimmung war einzigartig und auch der Ring war super. Ich hätte aber gern noch die 20 Meter gestoßen. Das ist dann drin, wenn ich die Kugel treffen würde“, sagt der neue Deutsche Vizemeister. Mit Rang vier und 19,04 Metern ging Silas Ristl hingegen leer aus, im Vorjahr war er noch Zweiter geworden.

Eigentlich war das 800-Meter-Finale eine klare Sache. Alexander Stepanov ging als Favorit ins Rennen, nicht zuletzt nach seiner souveränen Vorstellung im Vorlauf. Im Finale ging er dann sein Rennen gewohnt passiv an und ließ die Konkurrenz für das Tempo sorgen. Nach der ersten Runde lief der Sindelfinger in eine gute Position und zog das Tempo rund dreihundert Meter vor Schluss merklich an. Die Konkurrenz ließ er mit seinem eleganten Antritt alt aussehen, auf die Zielgerade lief er mit deutlichem Vorsprung. Doch die anderen Athleten, allen voran Tim Holzapfel, gaben nicht auf und setzten zur Verfolgung an.

Früh gefreut – aber nicht zu früh

Weil Alexander Stepanov auf den letzten Metern sein Tempo drosselte und die herannahende Konkurrenz nicht kommen sah, kam es beinah zum Drama. Mit minimalem Vorsprung erreichte der 20-Jährige das Ziel und reckte die Hand schon jubelnd in den Himmel, einen Meter weiter und er hätte das Nachsehen gehabt. So darf sich Alexander Stepanov aber über seinen ersten Deutschen Meistertitel unter freiem Himmel freuen. Seine Zeit von 1:48,69 Minuten ist in einem taktischen Meisterschaftsrennen nebensächlich, sein WM-Ticket hat Stepanov nun sicher und fährt im September zu den Weltmeisterschaften in Tokio.

Nachdem Jessica-Bianca Wessolly im Halbfinale eine souveräne Vorstellung gezeigt hatte, trat sie als Mitfavoritin im 200-Meter-Finale an. Und nur eine Athletin war schneller: Wessolly lieferte sich mit Sophia Junk ein packendes Rennen. Wäre das Ziel nur wenige Meter später gekommen, die Sindelfingerin wäre nun Deutsche Meisterin. So aber kam Wessolly nicht mehr ganz an Sophia Junk heran und musste sich als Vorjahressiegerin mit Silber und dem Vizemeistertitel begnügen. Mit ihren 22,93 Sekunden dürfte sie aber hochzufrieden sein, wenngleich wenige Hundertstel zur WM-Bestätigungsnorm fehlen.

Kim Bödi mit Löwenherz

Über die 3000 Meter Hindernis zeigte Kim Bödi ein Rennen nach Maß und knackte endlich ihre persönliche Schallmauer. Die Sindelfingerin lief stets in der erst sieben-, dann fünf Athletinnen großen Führungsgruppe mit. Einzig bei der Medaillenvergabe konnte Bödi nicht mitreden. Dahinter zeigte sie aber ihr großes Kämpferherz und lief am Ende ungefährdet auf Rang vier. Noch viel wichtiger: Mit 9:55,36 Minuten unterbot sie die Zehn-Minuten-Marke erstmals und das deutlich.

Ein packendes Duell über die 3000 Meter Hindernis kündigte sich zwischen Karl Bebendorf und Frederik Ruppert an. Doch ein Sindelfinger gestaltete den größten Teil des Rennens. Nachwuchsmann Kurt Lauer sorgte im Hindernisfinale für das Tempo und zwar von Anfang an. Kurz nach dem Startschuss setzte er sich an die Spitze des Feldes und sorgte dafür, dass die Konkurrenz nicht zu langsam unterwegs war. Schließlich wollte er in Dresden unbedingt eine neue Bestzeit erzielen. Erst drei Runden vor Schluss wurde er abgelöst und gleich mehrere Athleten begannen den Kampf um die Medaillen.

Zuerst konnte Kurt Lauer noch mithalten, musste dann aber abreißen lassen und konnte von hinten nur noch zuschauen, wie Karl Bebendorf die Leichtathletikfans mit seinem neuerlichen deutschen Meistertitel begeisterte. Doch der Sindelfinger hielt sein Tempo hoch und erreichte sein großes Ziel der Meisterschaften: eine Top-Fünf-Platzierung. Auch zu einer neuen Bestzeit fehlte nicht viel, allerdings musste sich Lauer mit 8:44,17 Minuten begnügen, die rundenlange Führungsarbeit hatte einfach zu viel Kraft gekostet. Sein fünfter Platz ist aber ein großer Erfolg für den U23-Mann.

Nur sieben Zentimeter fehlen

Zum ersten Mal bei Deutschen Meisterschaften der Aktiven durfte Hammerwerferin Luise Herrmann starten. Der Wettkampf in Dresden war für die U20-Athletin der wohlverdiente Saisonabschluss mit einem kleinen Schönheitsfehler. In dieser Saison hatte sie schon mehrfach über die 60-Meter-Marke geworfen, ausgerechnet am Samstag gelang ihr das nicht. Mit 59,14 Metern wurde sie Neunte, nur sieben Zentimeter fehlten zu Rang acht und weiteren drei Versuchen im Endkampf.

Teuer verkaufte sich Melanie Böhm über die 400 Meter. Die Sindelfingerin ist eigentlich 400-Meter-Hürden-Spezialistin, nach langwieriger Verletzung sind für sie in dieser Saison die Hürden aber noch gestrichen. Entsprechend setzte sich die ehrgeizige Athletin neue Ziele. Eines davon: eine neue 400-Meter-Bestzeit, am liebsten bei den Deutschen Meisterschaften. Und Böhm lieferte wie angekündigt ab. In ihrem Halbfinale unterbot sie ihre Bestmarke deutlich und stürmte nach 53,73 Sekunden ins Ziel. Nur zu einem Platz im Finale reichte das nicht ganz.

Ins Finale wäre auch 400-Meter-Hürdenläuferin Lotta Mage gerne gekommen. Im schnellen ersten Zeitlauf konnte die Sindelfingerin aber nicht mithalten. In 58,52 Sekunden wurde sie Vierte ihres Rennens.

 

Bild: Alexander Stepanov läuft den Titel nach Hause.

Bild: Bild: Görlitz

Quelle: Sindelfinger Zeitung/ Böblinger Zeitung online