Alexander Stepanov.
SZ/BZ-Interview mit Alexander Stepanov, 800-Meter-Läufer des VfL Sindelfingen, vor seinem Start bei den Weltmeisterschaften in Tokio.
Mit den Weltmeisterschaften in Tokio steht der späte Saisonhöhepunkt der Leichtathleten kurz bevor. Ab dem kommenden Samstag messen sich die Besten der Welt in der japanischen Hauptstadt. Noch zu Jahresbeginn hätten es die wenigsten Experten für möglich gehalten, dass der Sindelfinger Alexander Stepanov über die 800 Meter mitmischen wird. Die SZ/BZ hat mit dem 20-Jährigen über die ungeplante WM-Teilnahme, die entsprechend lange Wettkampfsaison und seine Pläne für das kommende Jahr gesprochen.
Seit den Deutschen Meisterschaften Anfang August in Dresden sind Sie nicht mehr in Erscheinung getreten, wie haben Sie die letzten Wochen verbracht?
Alexander Stepanov: „Wir hatten nach den Deutschen Meisterschaften einen Trainingsblock geplant und waren im Trainingslager in Frankreich. Dorthin fahren wir schon seit Jahren und diesmal haben wir den Schwerpunkt wieder mehr auf die Grundlagen gelegt, ein bisschen mehr Umfang trainiert und an meiner Schnelligkeit gearbeitet.“
Sie haben auch kein Rennen mehr bestritten, war das so geplant?
Alexander Stepanov: „Nein, ich wäre gerne Anfang September noch in Peking bei einem Gold gelabelten Meeting gelaufen, den Startplatz hatte ich schon sicher. Leider hat es nicht mit der Reiseplanung vor den Weltmeisterschaften gepasst.“
Ihre aktuelle Form können Sie deswegen wahrscheinlich schwer einschätzen?
Alexander Stepanov: „Ich weiß es wirklich nicht. Es kann sein, dass ich in Tokio schlecht laufe oder, dass ich gut drauf bin. Es kann beides passieren.“
Heute geht es für Sie ab ins Vorbereitungstrainingslager nach Miyazaki im Süden Japans und dann weiter nach Tokio.
Alexander Stepanov: „Ich hoffe, ich kann mich dort an das Klima und die Zeitverschiebung gewöhnen. Und ich freue mich, die Kultur in Japan zu erleben, ich war noch nie im asiatischen Raum. Ich will viele Erfahrungen sammeln, das ist eine tolle Möglichkeit für mich.“
Es sind Ihre ersten Meisterschaften bei den Aktiven und das mit erst 20 Jahren. Am Dienstag den 16. September beginnen um 12.35 Uhr deutscher Zeit die Vorläufe. Was haben Sie sich vorgenommen?
Alexander Stepanov: „Zum Glück konnte ich schon bei den Team-Europameisterschaften internationale Erfahrung bei den Aktiven sammeln. Auch die Erfahrungen bei der U23-Europameisterschaft haben geholfen. Ich will in Tokio mein allerbestes geben, aber in einem 800-Meter-Rennen weiß man nie was passiert. Vielleicht ist mein Vorlauf ein langsames, taktisches Rennen oder ein schnelles. Um das Halbfinale zu erreichen, brauche ich auf jeden Fall gute Beine.“
Am 14. Juni diesen Jahres hat sich Ihre Saisonplanung erheblich geändert. Sie sind in Pfungstadt 1:44,17 Minuten gelaufen und haben plötzlich die Direktnorm für die Weltmeisterschaften in der Tasche. Hätten Sie vor der Saison erwartet, so schnell laufen zu können?
Alexander Stepanov: „Vor zwei Jahren hätten das die meisten nie geglaubt und ich habe mich auch selber überrascht. Der Plan war in diesem Jahr die WM-Bestätigungsnorm zu laufen, aber dann wäre das mit der Teilnahme trotzdem schwer gewesen, weil mir die hochkarätigen Rennen und dadurch die Rankingpunkte fehlen. Ich bin aktuell nur auf Platz 87 und wäre nicht nominiert worden.“
Nach Ihrem Rennen mussten Sie also umplanen?
Alexander Stepanov: „Eigentlich war mein Saisonhöhepunkt die U23-EM Mitte Juli und ich bin seit Ende April im Wettkampfmodus. Mitte September nochmal zu performen bin ich nicht gewohnt, aber die Erfahrung will ich natürlich machen.“
Nach Pfungstadt waren Sie plötzlich ein gefragter Mann, so schnell ist über die 800 Meter viele Jahre kein Deutscher mehr gelaufen. Sie wurden als Shooting-Star bezeichnet. Was ist da seit Juni alles auf Sie eingeprasselt?
Alexander Stepanov: „Es war wirklich viel auf einmal. Ständig kamen Anfragen von Reportern, an einem Tag habe ich vier Interviews hintereinander gegeben. Außerdem konnte ich mich für Nike als Ausrüster entscheiden, da ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Ich würde mich aber noch über mehr Unterstützung von Sponsoren freuen.“
Inzwischen studieren Sie auch nicht mehr BWL, sondern sind bei der Landespolizei, wie kam es dazu?
Alexander Stepanov: „Ich wollte eigentlich schon immer zur Polizei, ich glaube so ein aktiver Beruf liegt mir mehr. Mein Studium dort beginne ich aber erst im kommenden Jahr, in diesem Jahr hätte ich sonst zu viele Fehlzeiten gehabt. Im nächsten Juli starte ich dann und kann damit hoffentlich eine Balance zwischen Ausbildung und Sport finden.“
Bild: Ein gewohntes Bild: Alexander Stepanov führt das Feld an.
Bild: Ralf Görlitz
Quelle: Sindelfinger Zeitung/ Böblinger Zeitung online