Quelle: KRZ-Online
René Schneider – zweistärkster deutscher Judoka in der 66-Kilogramm-Klasse – hat eine schwierige Zeit hinter sich. Ein Formtief im Frühjahr hat den Kämpfer des VfL Sindelfingen im Rennen um die Olympia-Qualifikation gegen Konkurrent Sebastian Seidl zurückgeworfen. Doch der 25-Jährige gibt nicht auf.
VON WILFRIED VILZ
SINDELFINGEN. René Schneider ist ein echtes Eigengewächs der VfL-Judoabteilung. Als Neunjähriger absolvierte er beim damaligen Trainer Jan Steiner die erste Trainingsstunde. Derzeit feilt er täglich zweimal im Sindelfinger Judo-Olympiastützpunkt bei Cheftrainer Wolf-Rüdiger Schulz an seiner Form. Bundestrainer Detlev Ultsch hat ebenfalls ein wachsames Auge auf den Sindelfinger und ihn noch längst nicht abgeschrieben: Der 25-Jährige sitzt derzeit gewissermaßen auf gepackten Koffern, denn bei einer der drei Turnierreisen der deutschen Nationalmannschaft zum Jahresende – entweder nach Japan, Korea oder China – ist er als Teilnehmer fest gebucht.
Nicht nur die VfL-Judoabteilung, auch das Bundesliga-Team des KSV Esslingen weiß die Leistungen von René Schneider zu schätzen. Für den KSV steht er bereits seit fünf Jahren bei den Kämpfen in der 1.Bundesliga auf der Matte. So auch beim Liga-Finale in Esslingen, bei dem er sich mit seinem Nationalmannschaft-Kollegen Igor Wandtke ein packendes Duell lieferte und erst im letzten Moment in einen Konter lief. Die Esslinger verloren am Ende mit 3:10, und René Schneider wurde somit zum fünften Mal mit den Esslingern deutscher Vizemeister.
Doch warum steht der Top-Kämpfer nicht beim Sindelfinger Zweitliga-Team auf der Matte? Der 25-Jährige hört diese Frage häufig und hat eine einleuchtende Antwort parat: „Die VfL-Judoabteilung hat in meiner Gewichtsklasse zahlreiche gute Nachwuchskämpfer am Start. Die Brüder Chris und Yves Behr sowie Marcel Schleer und Alex Frank machen ihre Sache sehr gut und können Erfahrung und Kampfroutine sammeln. Wäre ich mit dabei, würde ich ihnen gewissermaßen die Erfolge klauen. Ich dagegen kann in Esslingen gegen nationale und internationale Top-Kämpfer antreten, was in der zweiten Liga nicht so häufig der Fall ist.“
Das sieht man übrigens auch im Vorstand der Sindelfinger Judoabteilung so. „Trotzdem ist und bleibt der VfL mein Verein, und wann immer es geht, unterstütze ich ihn und gehe für ihn bei großen Turnieren, zuletzt beim Europacup im Juli im Glaspalast, auf die Matte.“ Zuletzt hat Schneider beim vorletzten Kampftag der zweiten Bundesliga vor zwei Wochen für den VfL auf die Pauke gehauen, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: Beim Heimkampf gegen den SV Halle in der Eschenried-Sporthalle stand der 25-Jährige am Mattenrand und gab auf der Pauke den Takt für die Anfeuerungsrufe des Publikums vor.
Bachelorarbeit beenden, sechs Kilo abspecken und dann nach Asien
Vor dem Asienturnier des Deutschen Judobundes zum Jahresende warten auf den Sindelfinger noch einige Anforderungen. Nicht nur, dass er sein normales Trainingsgewicht von 72 bis 73 Kilogramm auf die erforderlichen 66 abtrainieren muss (Schneider: „Das ist inzwischen Routine für mich geworden, und das machen alle Kader-Athleten so.“), in seinem Studium zum Wirtschafts-Ingenieur an der FH Esslingen steht außerdem noch die Bachelor-Arbeit ins Haus. „Mein Engagement für den Leistungssport hat mein Studium nicht immer positiv beeinflusst“, gibt er selbstkritisch zu, ist aber zuversichtlich, den Abschluss mit achtbarem Ergebnis zu schaffen. Eines aber findet er schade: Von der kürzlich zwischen der FH Esslingen und dem Olympia-Stützpunkt Stuttgart, zu dem auch der Judo-Stützpunkt Sindelfingen gehört, getroffenen Vereinbarung, mehr Flexibilität für die Athleten zu schaffen, profitiert er nur noch kurz vor seinem Studienabschluss.