Genau genommen hat der Sindelfinger Glaspalast seinen 40. Geburtstag schon hinter sich. Am 12. Februar 1977 lieferten sich die Leichtathleten bei den Landesmeisterschaften die ersten heißen Sport-Wettkämpfe. Die Korken knallen aber erst am Sonntag, wobei der Glaspalast-Verein kein großes Fass aufmachen will.
Dabei hätte es der Prachtbau durchaus verdient. Weltstars von Boris Becker bis Ben Johnson, angehende Weltmeister wie Manuel Neuer und Mesut Özil oder amtierende wie der Darts-Champion Michael van Gerwen gaben sich hier die Klinken der Umkleidekabinen in die Hand. Silbermond spielte ein beeindruckendes Konzert zum Stadtjubiläum, die Spielstadt Simsalon ist tief in den Herzen des Sindelfinger Nachwuchses verankert. Der Mercedes-Benz Junior Cup bringt die Arena auf die TV-Geräte und lenkt die Aufmerksamkeit nach Sindelfingen. So, wie es früher das IHS der Leichtathleten getan hat.
Die Geschichten der preisgekrönten Sporthalle des Architekten Günter Behnisch sind endlos, gefärbt vom Lokalkolorit der Jubelfeiern bei der Hallenfußball-Gala oder vom großen Showglanz einer Simple-Minds-World-Tour. Da könnte man durchaus im großen Stil feiern. Claus Regelmann sagt aber: „Das machen wir vielleicht beim 50., aber nicht beim 40. Geburtstag. Es geht ja auch ums Geld. Und damit wollen wir sorgsam umgehen.“
Aus diesem Grund gibt es am Sonntag auch die kleine, aber feine Feier mit geladenen Gästen, Förderern, Sponsoren, Stadträte und Freunden: eine Matinee mit Musik zum Frühschoppen, so, wie es auch schon beim 30. Geburtstag der Arena gute Sitte war. „Das war ein schönes Fest, das hat sich bewährt“, sagt Claus Regelmann. Und dass es eher im Sommer als im Februar schönes Wetter gibt, erklärt die um ein knappes halbes Jahr verspätete Sause.
Am Sonntag gibt es den Rückblick, der nicht nur an die großen Sportstars, sondern auch noch einmal an Oberbürgermeister Arthur Gruber erinnert. Dieser öffnete 1974 mit dem Spatenstich die Großbaustelle. Aufs Tableau kommt auch die Zeit, in der die Sindelfinger nicht mehr wussten, wohin das viele Geld fließen soll. Plötzlich war die Kasse derart klamm, dass das Sport- und Bäderamt den Betrieb an die Sindelfinger-Veranstaltungs-GmbH übergab. Von 1995 bis 1998 zeichnete diese sogenannte SVG verantwortlich. 1999 übernahm der Glaspalast-Verein, der dem Gemeinderat immer wieder positive Zahlen vorlegte.
Heute sind es über 100 sportliche und außersportliche Veranstaltungstage und 120 Trainingstage pro Jahr in der Arena. Mit der zwölf monatelang belegten Aufwärmhalle und dem Judo-Dojo sind es sogar rund 220 Trainingstage. Im Otto-Welker-Saal, also dem ehemaligen Spiegelsaal, gibt es über 150 Trainingseinheiten. Und allein in der Wintersaison hat der Glaspalast über 1500 Trainingsgäste.
Keine Frage, in der Rudolf-Harbig-Straße 10 steht ein Stützpfeiler und Leuchtturm des Sindelfinger Sports, doch das Fundament kam schon ins Wanken. Die Dächer wurden vor ein paar Jahren so löchrig wie der Sindelfinger Haushalt. Es drohte, ungemütlich zu werden, sogar ungewiss – bis die Stadträte ihre Hand hoben und mit dem Sanierungsbeschluss die Bahn für weitere Jahrzehnte hochklassigen Sport in Sindelfingen freimachten. Passend dazu steht der Bau seit 2016 unter Denkmalschutz. Claus Regelmann spricht von „einer Zäsur in der Geschichte des Glaspalastes.“ Sieben Millionen Euro verschlang der erste Bauabschnitt, der bereits Geschichte ist.
Etwa noch mal die gleiche Summe wird es wohl in den Jahren 2020/21 sein, wobei Claus Regelmann meint: „Vielleicht muss man schon früher nachlegen.“ Denn erneut macht ein Teil des Daches sorgen. Nicht das Neue – aber über dem Eingangsbereich, dem Foyer, dem Otto-Welker-Saal oder über der Aufwärm- und Judohalle hängt noch das alte Flachdach aus den 70ern.
Dran sind beim Umbau auf jeden Fall die Fassade und das Innenleben. Raumprogramm sagen Fachleute dazu, was Claus Regelmann so beschreibt: „Wir brauchen mehr Lagerflächen, mehr Büros für Veranstaltungen, bauen bisher an den Großkampftagen wie beim Junior Cup provisorisch einen zweiten Bewirtungsbereich auf.“ Zwangsläufig stellt sich da die Frage, ob ein Umbau am Bestand reicht oder der Wunsch nach einem Anbau laut wird. Claus Regelmann: „Sicher geht es beim Umbau ums Thema Mehrwert. Wir wollen am Sonntag den Blick ja auch nach vorne auf die nächsten 40 Jahre richten.“
Jürgen Wegner ist seit vier Jahrzehnten Stammgast im Sindelfinger Glaspalast – und sah dort unter anderem Boris Becker spielen, als er noch das Bobbele war. Quelle: SZ/BZ-Online