Handball: Ralf Maurer, Abteilungsleiter bei der HSG Böblingen/Sindelfingen bezieht klar Stellung bei der sportlichen Talfahrt der Männer
Während die Handballerinnen der HSG Böblingen/Sindelfingen in der Landesliga von Sieg zu Sieg und damit der Qualifikation für die Verbandsliga entgegeneilen, sind die Männer in der Württemberg-Liga das große Sorgenkind der Spielgemeinschaft. Ralf Maurer (SV Böblingen), gemeinsam mit Fabian Pirschke (VfL Sindelfingen) einer der beiden HSG-Abteilungsleiter, ist dennoch guter Dinge, dass die Mannschaft von Trainer Harry Sommer die Kurve bekommt.
Der ehemalige Bundesliga-Torwart des VfL Gummersbach bezieht im SZ/BZ-Interview klar Stellung.
Für die erste Männer-Mannschaft der HSG Böblingen/Sindelfingen ging es in den vergangenen Jahren nur steil nach oben, derzeit steckt aber der Wurm drin. Das Team von Harry Sommer ist in der Württemberg-Liga Tabellenletzter. Warum will es in dieser Saison noch nicht so recht klappen?
Ralf Maurer: „Da spielen sicher mehrere Faktoren eine Rolle. Neben unserem Verletzungspech, welches jede Statistik sprengt, ist die Liga sicher nochmal eine Nummer stärker als in der vergangenen Saison. Letztes Jahr hatten wir zudem einen super Start, da gehst du natürlich mit breiter Brust in die Spiele und handelst auch in Stresssituationen abgeklärter. Wenn du nur vier Pluspunkte auf dem Konto hast und es dann in einem Spiel eng wird, flattern sofort die Nerven. Und wenn du dann noch weißt, dass die Mehrzahl deiner Kollegen, die ein Spiel in solchen Situationen aus dem Feuer reißen können, außer Gefecht sind und auf der Tribüne sitzen, ist die Katastrophe perfekt. Da fehlen uns einfach die alten Haudegen, die schon alles mitgemacht haben, was es so gibt.“
Ist denn eine Besserung bezüglich der personellen Situation in Sicht?
Ralf Maurer: „Sicher, sukzessive kommen unsere Spieler zurück. Und allen ist klar, dass wir damit auch ganz schnell den Schalter umlegen können und müssen. Von den vielen Neuzugängen hatte man sich im Vorfeld auch deutlich mehr erwartet. Bis auf den lange verletzten Torwart Edis Camovic hat aber noch keiner der Neuen eingeschlagen. Edis war definitiv unser Wunschspieler – er hat das höchste Potenzial und wird uns noch viel Freude bereiten. Die anderen Neuzugänge sollten uns helfen, uns in der Breite besser aufzustellen. Da ist eben nicht die Zwei-Meter-Rückraum-Wurfmaschine dabei, die den Gegner aus 14 Metern Entfernung erschießt. Uns war klar, dass uns Ausfälle im Rückraum größere Probleme bereiten könnten. Dass es aber so dicke kommt, hätten wir auch nicht gedacht.“
Müssen sich die Verantwortlichen der HSG den Vorwurf gefallen lassen, dass bei der Zusammenstellung der Mannschaft für diese Runde zu viel auf Quantität anstatt auf Qualität gesetzt wurde?
Ralf Maurer: „Schauen wir uns doch den Kader mal genauer an, dann beantwortet sich das von selbst. Mit unserem Torhüter-Quartett sind wir weit überdurchschnittlich aufgestellt. Dann haben wir mit Urs Bonhage, Dominic Horsch, Stefan Trunk, Frederik Todt, Ingo Krämer oder auch Markus Schwab einen absolut Württemberg-Liga-tauglichen Rückraum. Dass dieser phasenweise komplett ausfällt, war nicht vorauszusehen. Außerdem wäre angesichts des krassen Wettrüstens in den Ligen nur das unverantwortliche Wedeln mit dem Scheckheft geblieben, um sich noch einen richtigen Knaller zu angeln. Und das können, wollen und werden wir nicht tun. Da spreche ich natürlich auch im Namen meines Abteilungsleiterkollegen Fabian Pirschke.“
Vier Spiele gilt es in der Vorrunde noch zu absolvieren.
Ralf Maurer: „Vier Spiele, in denen man sich für die Aufholjagd in der Rückserie positionieren kann. Genauso sieht es aus. Jetzt gilt es, nicht noch weiter hinter das Mittelfeld zurück zu fallen. Und dann ist mit komplettem Kader auf jeden Fall eine gute Rückrunde möglich. Das packt die Mannschaft.“
Mit 4:14 Punkten steht die Truppe von Harry Sommer bereits mit dem Rücken zur Wand. Genießt denn der erfahrene Coach noch das Vertrauen der Abteilungsleitung?
Ralf Maurer: „Selbstverständlich. Natürlich stehen wir, dazu gehört auch maßgeblich unser Sportkoordinator Marco Iker, in ständigem Austausch mit Harry und sprechen auch mal Dinge an, die man im Training oder auf der Bank optimieren kann. Aber das macht man auch, wenn’s läuft.
Was ist unter all diesen Umständen in dieser Saison überhaupt noch möglich? Da nehme ich als Beispiel gerne Alfdorf/Lorch in der letzten Saison. Die haben eine unterirdische Vorrunde gespielt und dann noch richtig aufgedreht. Warum sollte uns das in Komplettbesetzung nicht auch gelingen?“
Sind die Träume von der eingleisigen Württemberg-Liga bereits zu den Akten gelegt?
Ralf Maurer: „Nein. Erstmal gilt es aber, sich deutlich vom letzten Platz abzusetzen, der den Gang in die Landesliga bedeuten würde. Das Mittelfeld ist so eng beisammen, dass das Rennen um die begehrten Plätze lange offen bleiben wird. Vielleicht gelingt es uns ja doch noch, da ein Wörtchen mitzureden.“
Ganz anders gestaltet sich die Lage bei den Handballerinnen der HSG, die in der Landesliga von Sieg zu Sieg eilen und ohne Verlustpunkt das Klassement anführen. Spielen die Frauen alsbald schon über den Männern?
Ralf Maurer: „Wir haben vor drei Jahren als Ziel formuliert, dass wir mit beiden Teams mittelfristig in die Württemberg-Liga möchten. Trotz der umstrittenen Spielklassenreform des HVW lasse ich das so stehen und hoffe, dass wir das umsetzen können.“